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Mordsviecher

Mordsviecher

Titel: Mordsviecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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wie es weiland zu Zeiten der Postkutsche gewesen sein musste. Wahrscheinlich war die aber schneller gewesen.
    An einer überdimensionalen Tankstelle im Nirgendwo aßen sie Debreziner, die es fertigbrachten, fettig und geschmacklos zugleich zu sein. Dafür war das Brot von vorgestern und der Senf ranzig. Irmi war erst etwas versöhnt, als sie auf dem Stadtplatz von Mühldorf einfuhr. Eine hübsche Stadt war das. Und dass der Kollege Sepp Walch erst mal eine Einladung zum Lunch im Alten Wasserschlössl aussprach, stimmte sie ebenfalls versöhnlich.
    Sie saßen auf der Terrasse, aßen vorzüglich, geradezu wie Urlaub. Der Kollege stammte ursprünglich aus Lenggries und sah sich wohl in der Pflicht, den Werdenfelser Berggewächsen die Schönheit seiner neuen Heimat nahezubringen. Auf dem Weg zum Sockenstrobl erfuhren sie, dass der Mühldorfer Maibaum rot-weiß geringelt war statt blau-weiß.
    »Nicht, dass die Mühldorfer farbenblind wären, nein, das sind die Farben Salzburgs, denn Mühldorf am Inn war salzburgerisch, umgeben von den feindlichen Bayern. Im Nagelschmiedturm saßen dann eben auch die Schmiede, weil das kräftige Burschen waren, die sich im Verteidigungsfall durchsetzen konnten. Und dumm waren sie nicht, diese Mühldorfer. Sie verstanden es sehr gut, den Salzburger Bischof zu erpressen, nach dem Motto: Wir kriegen Privilegien, dafür halten wir den Kopf gegen die Bayern hin. Und so wurde Mühldorf eine große Handelsstadt«, erzählte der Mann fast ohne Punkt und Komma.
    Sollte die Polizei ihn nicht mehr benötigen, würde er sicher im Tourismusbüro unterkommen, dachte Irmi.
    »Die Häuser haben alle die typischen Grabendächer, wobei das dritte Geschoss stets blind ist«, fuhr er fort. »Was elegant aussieht, hat einen handfesten Grund. Ohne überspringende Vordächer kam man im Falle einer Feuersbrunst leichter aufs Dach. Der Nachteil: Es gab keinen trockenen Stauraum, weswegen der Inn-Salzach-Stil stattdessen auf Arkadengänge setzte. Drum haben wir hier eine überdachte Fußgängerzone, wo man immer flanieren kann. Wenn’s bei euch in den Bergen schüttet, bleibt ihr mal besser zu Hause, wir gehen shoppen.«
    Nun, Irmi befürchtete, dass Flanieren und Shoppen auch in Zukunft nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zählen würde. Weder in Garmisch noch in Mühldorf.
    Die Sockenfabrik lag direkt am Inn, und es war ein Factory Outlet angegliedert, der auch Marken anderer Hersteller feilbot. Ob die Preise wirklich so günstig waren, vermochte Irmi nicht zu sagen. Kathi hingegen zog Hotpants von irgendeinem Jeans-Label, das Irmi gar nichts sagte, vom Bügel und musste sie unbedingt anprobieren. Als sie wieder herauskam mit ihrer makellosen Figur und den makellosen Beinen, sog der Kollege hörbar Luft ein. Wenig später hatte Kathi wieder ihre normale Jeans in einer etwas sittlicheren Länge an. Ihre Haare waren nun zum Pferdeschwanz gebunden. Kathi machte jetzt ganz eindeutig auf seriöse Polizistin.
    Sie wurden in einen lieblos eingerichteten Raum geführt, wo es Mineralwasser und Kaffee gab. Irmi schaute sich um. In den aufgestellten Vitrinen lagerten Socken. Nun ja, Socken waren vielleicht nicht so sexy, aber Irmi war sich sicher, dass Babsi Hundegger auch aus einer Socke das »sexiest product alive« gemacht hätte, erst recht, wenn der Gatte es getragen hätte. Fraglich allerdings, ob die Damen dem Veit Hundegger auf die Füße gesehen hätten.
    Sepp Walch stellte dem Sockenfabrikanten die beiden Kommissarinnen vor: »Meine Kolleginnen Frau Mangold und Frau Reindl aus Garmisch. Ferdl, die Damen hätten ein Anliegen.«
    Herr Strobl schickte ein polterndes »Grüß Gott« zurück und wirkte etwas genervt. Wahrscheinlich hatte er Besseres vor.
    »Wie geht’s den Schlangen, Herr Strobl?«, fragte Irmi.
    Strobl, der gerade an seinem Mineralwasser genippt hatte, verschluckte sich.
    »Haben Sie auch Pfeilgiftfrösche? Skorpione? Oder eine Coloradoschildkröte?«
    Strobl war mit Sicherheit ein Mann, der von Haus aus schwitzte. Er war stark übergewichtig, und was er da vor sich hertrug, war schon kein Hendlfriedhof mehr, sondern wirkte eher so, als hätte eine Elefantenkuh massiv übertragen. Er trug Trachtenhemd und Janker und eine Leinenhose, alles war mit Sicherheit extra für dieses Mammut angefertigt worden. Strobl war jetzt schon ungut rot im Gesicht und wischte sich ein paar Schweißperlen von der Stirn.
    »Was soll das? Sind Sie vom Zoo?«
    »Lieber Herr Strobl, wir könnten statt vom Zoo vom Zoll

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