Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordsviecher

Mordsviecher

Titel: Mordsviecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
Vom Netzwerk:
sein und Sie wegen illegaler Einfuhr von geschützten Tieren belangen, das machen später sicher noch andere. Nein, wir sind von der Mordkommission und wollen Ihnen erst mal herzliches Beileid zum Tod Ihres Freundes Kilian Stowasser aussprechen.«
    Der Sockenfabrikant war sicher niemand, der leicht ins Wanken geriet, aber Irmi hatte ihn wirklich auf dem falschen Fuß erwischt. Ein Fuß, der übrigens viel zu klein war für die Wuchtbrumme. Die Trachtensocken, die er trug, stammten sicher aus Eigenproduktion.
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Erstens: Erzählen Sie uns etwas von den tschechischen Tierchen, die Sie über Stowasser bezogen haben. Zweitens: Wo sind Ihre Viecher, wir würden sie gerne sehen. Drittens: Haben Sie eine Mamba? Viertens: Warum haben Sie Ihren Spezl umgebracht?«
    Irmis Rede zeigte Wirkung. Der Lenggrieser Sepp stieß einen merkwürdigen Laut aus, Ferdl Strobl haute sein Glas so auf den Tisch, dass das Wasser überschwappte und eine Sockenbroschüre überflutete.
    »Muss ich mir das bieten lassen?«
    »Herr Strobl, wir warten gern auf Ihren Anwalt, sollten Sie diesen konsultieren wollen«, sagte Irmi.
    Strobl hatte sich gefasst. Er erhob sich und brüllte zur Tür, dass seine Sekretärin bittschön den Rechtsverdreher anrufen solle. Dann sagte er nur: »Kommen S’ mit!«
    Kathi wollte schon aufbegehren, aber Irmi schüttelte unmerklich den Kopf. Strobl ging zu den Aufzügen, von denen einer augenscheinlich nur mit Schlüssel funktionierte. Sie fuhren in die Tiefe und gelangten in einen Keller. Ohne den Kollegen wäre es Irmi unwohl geworden, aber so folgten sie alle dem Mammut, dessen Schritte im Gang dröhnten. Er tippte schnell ein paar Zahlen in ein Türsystem, und Sesam öffnete sich.
    Gleißendes Licht umfing sie. Warm war es auch. Sie fanden sich inmitten tropischer Landschaften wieder, in Wüsten und Halbwüsten – alles hinter Glasscheiben. Das waren Terrarien, die eine Reise durch die Klimazonen der Erde ermöglichten.
    »Wahnsinn«, sagte Sepp Walch.
    »Imposant«, meinte Irmi nach einer Weile.
    »Also, Ladys, ich red ungern zu viel. Das hier ist mein Hobby. Den Tieren geht’s hier besser als in jeder professionellen Anlage im Reptilienzoo. Ich überschreite alle Empfehlungen, was den Platzbedarf betrifft, um Längen. Die haben hier ein Leben wie Gott in Frankreich. Meine Fütterung ist auf dem aktuellen Stand, die Tiere leben alle artgerecht mit den erforderlichen Temperaturschwankungen, mit Wärmeplätzen, mit Verstecken, absolut naturnah, allerdings ohne den Stress, ihre Nahrung jagen zu müssen. Da können Sie mit Sicherheit den internationalen Herpetologen-Kongress einladen, und der wird Ihnen sagen, dass meine Viecher perfekt untergebracht sind.«
    »Die bei Stowasser waren das aber nicht«, bemerkte Irmi spitz.
    »Ich hab dem Kilian immer gesagt, dass er die Gitterkäfige endlich mal gegen Terrarien tauschen soll. Er hatte da auch schon einen Plan. Hat er mir gezeigt. Aber wissen Sie, da herrscht auch viel Fehlinformation. Die meisten unserer Freunde hier sind Lauerjäger und haben auch in der Natur ein sehr kleines Revier. Für ein wechselwarmes Tier ist es fatal, sich zu weit von seinem kühlen Unterschlupf zu entfernen, zudem erhöht zu viel Bewegung die Gefahr, selbst zur Beute zu werden. Wer sich an die Empfehlungen hält, ermöglicht Schlangen und Echsen ein großzügiges Platzangebot. So hat ein zwei Meter langes Krokodil vierzig Quadratmeter zu Verfügung, ein deutsches Kind sollte ein Zimmer von zwölf Quadratmetern besitzen, ein Stallhase hat gar keine Rechte, und einem Huhn muss ein DIN-A 4-Blatt reichen … Da hat man als Schlange ein weitaus besseres Los gezogen. Und wie gesagt: Kilian wollte einiges verbessern.« Er atmete schwer. »War eben alles etwas hektisch in seinem Leben. Erst stirbt die Frau, dann dieser Zinnober wegen der Daunen. Schließlich die Wahl zum Unternehmer des Jahres. Der Kilian war keinen Deut besser oder schlechter als jeder andere.«
    »Jeder andere von euch honorigen bayerischen bauernschlauen Unternehmern«, provozierte Kathi ihn.
    »Junge Frau, mit Schmusekurs und Samthandschuhen erhalten Sie keine Arbeitsplätze in Deutschland. Sie bezahlt der Staat, egal, ob Sie Ihre Mörder fangen oder nicht. Ich muss meine fünfunddreißig Leute jeden Monat aus meinem Geldtopf zahlen.«
    »Und wie Sie den füllen, ist egal?«, mischte sich Irmi ein.
    »Egal, was heißt schon egal? Mit Romantisiererei und Gesellschaftsutopien kommen wir nicht weiter,

Weitere Kostenlose Bücher