Mordwoche (German Edition)
der Leitung hatte den Hinweis verstanden. Sie musste ihrem Kollegen Zeit lassen. Er war ihrem Tempo nicht gewachsen. Vielleicht sollte sie es ihm überlassen, den nächsten Schritt zu machen? Sie bereute es nicht, Georg Haller angerufen zu haben. Sie mochte ihn und das durfte er ruhig wissen. „Schon in Ordnung, Schorsch. Ich bin eigentlich auch zu müde. Also, wo war ich stehengeblieben?“ „Die Frau Merz ist in ihrem Wagen gestorben, an einer Kohlenmonoxyd-Vergiftung. Das war keine große Überraschung. Schließlich hat das CO-Warngerät heute Morgen ganz schön Alarm geschlagen.“ „Willst du’s jetzt wissen oder nicht?“ „Ich bin schon ruhig.“ „Die Kollegen von der KTU meinten, dass der Käfer für sein Alter top gepflegt sei. Als sie das gute Stück allerdings genauer unter die Lupe genommen haben, haben sie bemerkt, dass das alte Schätzchen doch nicht mehr so taufrisch war. Der Blick unter das Auto hat ergeben, dass der Wärmetauscher und auch der Auspuff schon stark verrostet waren. Das ist bei VW-Käfern wohl eine Schwachstelle. Immerhin hat das gute Stück auch schon einige Jahre auf der Motorhaube.“ „Und was hat das mit dem Tod der Autohaus-Chefin zu tun?“ „Da der Käfer wohl nicht mehr regelmäßig gefahren wurde, hatte sicher niemand die langsam vor sich hin rostenden Teile bemerkt. Fahrtüchtig war das Auto aber trotz Rostschäden auf alle Fälle noch. Erinnerst du dich an die Stelle, wo der VW-Käfer stand und wo man Elfi Merz tot aufgefunden hat?“ „Was soll diese Frage denn jetzt? Klar kann ich mich erinnern. Auf dem Parkplatz vor dem Salon König, schließlich war ich deswegen heute schon zweimal dort.“ „Das stimmt, ist aber nur die halbe Wahrheit. Elfi Merz stand auf dem Parkplatz, der dick eingeschneit war. Frau König hatte zwar den Schnee schon weggeräumt, als sie die Tote gefunden hat, aber der Käfer war auf den Parkplatz gefahren, als dort bereits eine hohe Schneeschicht lag. Das Auto stand also richtig tief im Schnee.“
„Lisa, die Frau Merz ist aber erstickt und nicht erfroren. Was hat denn der Schnee mit ihrem Tod zu tun?“ „Schorsch, ich dachte, du willst es genau wissen. Jetzt hör einfach mal zu, ich bin gleich fertig. Also, die Frau Merz ist gestern Abend ins Auto gestiegen, weil sie zu dem Date mit ihrem Ex-Lover wollte. Das erklärt auch ihre Aufmachung. Elfi Merz hat sich extra in Schale geworfen. Sie hat nicht direkt am Hotel geparkt, weil sie Peter Fuchs das erste Mal nach so langer Zeit lieber draußen ohne viele Zeugen treffen wollte. Das hat ihre Tochter bei der Vernehmung bestätigt. Der weitere Verlauf des Abends könnte so gewesen sein: Als Elfi im Auto fuhr ging es ihr noch gut. Von einer Vergiftung gab es keine Spur. Höchstwahrscheinlich war sie in ihrer Aufregung und Vorfreude viel zu früh losgefahren und wollte die Zeit bis zu ihrer Verabredung nicht im Kalten warten. Sie fuhr also auf den Parkplatz ihres Friseurs. Hier war sie weit genug vom Hotel entfernt und außerdem konnte sie sich die Parkgebühr sparen. Weil ihr beim Warten im Wagen kalt war, ließ sie den Motor laufen und drehte die Heizung voll auf.“
Georg Haller wurde langsam ungeduldig. Konnte seine Kollegin nicht einfach schnell auf den Punkt kommen und ihn dann in Ruhe lassen? „Warum musste Elfi Merz denn jetzt sterben? Mach’s doch nicht so spannend! An einer bis zum Anschlag aufgedrehten Heizung ist nämlich meines Wissens nach noch niemand gestorben.“ „Ha ha, sehr komisch, Schorsch. Jetzt kommt der wichtige Teil, pass auf. Weil Frau Merz mitten auf den zugeschneiten Parkplatz gefahren war, der Käfer also tief im Schnee steckte und weil Wärmetauscher und Auspuff stark verrostet waren, wurden die Abgase direkt von der Heizung ins Innere des Wagens gesogen.“
Georg Haller musste schnell seine Gedanken sortieren. Hatte er das richtig verstanden, Elfi Merz war das Opfer eines Unfalls geworden? „Das heißt, dass die Frau Merz sich weder selbst umgebracht hat noch dass ihr ein unbekannter Mörder auf den Fersen war?“ „Richtig, Sherlock. Die Bodenplatte, meinte noch der KTU-Kollege, sei die größte Schwachstelle in der Käfer-Konstruktion.“ „Wäre es möglich gewesen, den Käfer zu manipulieren? Immerhin gäbe es in einem Autohaus genügend Leute, die was von Autos verstehen.“ „Nein, das können die Kollegen ausschließen. Bei den Lackkratzern an der Fahrertür konnten sie uns allerdings nicht weiterhelfen. Deren Herkunft und Ursache konnten sie
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