Mordwoche (German Edition)
durchgehen lassen sollen! Hätte er sie doch nur rechtzeitig in ihre Schranken gewiesen! Aber es war sinnlos, sich jetzt Vorwürfe zu machen. Was geschehen war, war geschehen und nicht mehr rückgängig zu machen. Jetzt musste Elfi die Konsequenzen tragen. Einmal in ihrem verdammt rücksichtslosen Leben sollte diese Frau spüren, dass alles seinen Preis hatte, beschloss Karl Merz. Sie sollte ihre Rechnung bekommen und er würde sie ausstellen.
Entschlossen steckte der Senior-Chef den Schlüssel in die Zündung und drehte ihn um. Der Wagen sprang sofort an und der Motor gab das gewohnt rasselnde Geräusch von sich. Frank war für die Wartung der Oldtimer zuständig und es gab nichts auszusetzen. Die Anzeige, bei diesem Modell noch recht übersichtlich, gab keinen Grund zur Beanstandung. Karl Merz drückte das Gaspedal durch und schaltete den Motor danach aus. Elfi war seine große Liebe gewesen und der Wagen ihr ganzer Stolz. Konnte er so ein Trottel gewesen sein? Er hätte doch irgendetwas bemerken müssen. Wie blind musste er gewesen sein! Wahrscheinlich war seine Frau auch noch in diesem Wagen zu ihren heimlichen Treffen gefahren! Welche Rolle der Käfer dabei noch gespielt haben könnte, wollte Karl Merz sich lieber nicht vorstellen. Und bevor er weiter darüber nachdenken würde, stieg er lieber aus. Um die Vorstellung eines Rendezvous im Käfer loszuwerden, schlug er die Fahrertür kräftig zu und verpasste ihr noch einen kräftigen Tritt mit dem Fuß. Das tat gut! Allerdings reute ihn sein Gefühlsüberschwang sofort, als er die Delle und die Lackkratzer sah, die sein Wutausbruch zur Folge hatte.
Als Karl zurück in die Verkaufshalle kam, um den Schlüssel wieder im Büro zu deponieren, hielt er erschrocken inne. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Da war doch jemand oben im Büro! War ihm etwa jemand gefolgt? Hatte er vielleicht vergessen, die Tür hinter sich zu schließen? Alle Mitarbeiter hatten an diesem Tag frei. Wer also konnte das sein? Und was wollte diese Person hier? Karl Merz griff sofort in seine Manteltasche und das Gefühl des kalten Metalls gab ihm ein wenig Sicherheit. Zum Glück hatte er die Pistole aus seinem Schreibtisch mitgenommen. Er hatte sie vor ein paar Jahren von Adriano Felice bekommen. Damals hatten die beiden mit ihren Geschäften begonnen und der Italiener kam eines Tages zu seinem Freund Karl und schob ihm die Waffe über den Schreibtisch. Er solle sie als Leihgabe betrachten, schließlich könne man nie wissen. Sicher sei sicher. Karl Merz war es zwar ein wenig unangenehm, eine Waffe im Haus zu haben, aber er wollte vor Adriano nicht als Weichei dastehen. Deshalb hatte keine Fragen gestellt, die Pistole mitgenommen und sie in seinem Arbeitszimmer versteckt. Selbst Elfi wusste nicht, dass er einen Revolver im Haus hatte. Jetzt war es an der Zeit, dass Adriano sein Eigentum zurückbekam. Aber vielleicht würde er die Waffe jetzt doch noch brauchen. Karl war sich gar nicht sicher, ob er, wenn es darauf ankäme, überhaupt auf einen Menschen schießen konnte. Er nahm die Waffe aus der Manteltasche und entsicherte sie, so wie Adriano es ihm damals gezeigt hatte und hielt die Pistole fest in der Hand. Die Person oben im Büro ging auf und ab. Sie schien etwas zu suchen. Mehr konnte Karl nicht erkennen, weil die Fenster zum Verkaufsraum mit Papier-Jalousien bedeckt waren. Es wussten eigentlich nur die Familienmitglieder darüber Bescheid, dass in dem Safe eine größere Summe Bargeld gelagert war. Wer also hielt sich dort oben auf?
Langsam stieg Karl Merz die Stufen in den ersten Stock hoch. Sein Atem ging schwer, jeder Schritt war eine Anstrengung für ihn. Vielleicht sollte er lieber die Polizei rufen? Niemand verlangte von ihm, dass er hier den Helden spielte. Karl Merz verwarf diesen Gedanken sofort wieder, ein Polizeieinsatz käme ihm heute mehr als ungelegen. Diese Angelegenheit musste er selbst in die Hand nehmen. Der Senior-Chef war oben angekommen. Er näherte sich langsam der angelehnten Tür. Durch den Spalt konnte er nichts erkennen. Der Eindringling musste sich in dem kleinen Nebenraum mit dem Safe befinden. Karl Merz wusste, dass es für ihn jetzt kein Zurück mehr gab. Es blieb ihm nur noch die Flucht nach vorne. Beherzt stieß er die Tür auf. Wenigstens das Überraschungsmoment wollte er auf seiner Seite haben und nutzen. Vielleicht hatte er so eine Chance gegen den Einbrecher. „Kommen Sie sofort raus! Hände hoch, ich habe eine Waffe! Keine
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