Mordwoche (German Edition)
Valentina Felice wie selbstverständlich auch mit einem Pelz-Mantel, der starke Ähnlichkeit mit Elfis Nobel-Cape hatte. Da stand sie dann mit ihrer Kopie am Straßenrand vor dem Venezia und schlürfte mit den Bärlinger Gattinnen Sekt auf Kosten des Hauses. Karl musste seiner Frau gut zureden, sonst hätte diese ihren Mantel sofort in die Mottenkiste verbannt.
Elfi kam in ein leeres und dunkles Haus zurück. Ihre Familie saß bei Katrin und sie war nicht dabei. Ausgeladen! Von der eigenen Tochter! Elfi fühlte sich verstoßen und verletzt. Nur Pluto lag in seinem Hundekorb in der Diele. Dass sein Frauchen heimkam, kümmerte den alten Hund aber nicht sonderlich. Wäre es Karl gewesen, der den Schlüssel im Schloss umgedreht und die Tür geöffnet hätte, hätte es sich der vierbeinige Mitbewohner nicht nehmen lassen, ihn persönlich zu begrüßen. Mit den Jahren war dieses Willkommen zwar immer weniger stürmisch ausgefallen und seit einiger Zeit hatte sich Pluto auch darauf verlegt, Karl lediglich mit der Schnauze an den Oberschenkeln zu knuffen. Er war auch in die Jahre gekommen. Herr und Hund glichen sich immer mehr an. Auch Karl hätte jetzt die Kraft gefehlt, einer lebhaften Begrüßung genügend Standkraft entgegenzusetzen.
Für Elfi aber stand Pluto nicht auf. Er hob nur kurz den Kopf an, um anschließend weiter zu dösen. Etwas später würde er noch seine Runde im Garten der Villa machen dürfen . In der Dunkelheit vermied es Elfi, allein Gassi zu gehen. „Na, Pluto. Was gibt’s Neues? Machen wir zwei uns jetzt einen schönen Abend, wenn die anderen sich zusammen vergnügen?“ Keine Reaktion. Der Hund träumte bereits wieder von ganz großen Knochen und seiner aktiven Zeit als Hasenschreck. Nicht mal der eigene Hund hat Lust, mir Gesellschaft zu leisten, dachte sich Elfi und ging ins Wohnzimmer.
Vielleicht hätte sie die Wahrheit gestern für sich behalten sollen. Was hatte sie nun davon, dass Karl Bescheid wusste? Gestern hatte es ihr gut getan, in sein entsetztes Gesicht zu blicken. Sie hatte so lange geschwiegen. Er war im Laufe der Jahre immer wortkarger geworden und hatte sie kaum mehr beachtet. Aber Elfis Genugtuung war schnell verflogen. Als sie allein zurückblieb merkte sie, dass sie vor dem Scherbenhaufen ihrer Familie stand. Alle waren gegen sie, selbst Susanne hatte sich heute noch nicht bei ihr gemeldet. Und das alles nur wegen Karl!
Hätten sie eine glücklichere Ehe gehabt, dann wäre sie bestimmt nicht auf die Idee gekommen, alles mit so einem unnötigen Geständnis zu ruinieren. Aber Karl lebte nur noch für seine Krankheit. Alles drehte sich um ihn. Wie es ihr ging, hatte er nie gefragt. Sie hatte genug von diesem Leben am Krankenbett. Sie war gesund und sie wollte leben! Elfi griff nach ihrem Cognac-Glas, das immer noch auf dem Sofatisch stand und goss sich einen doppelten Cognac aus der schweren Kristall-Karaffe ein.
Ihre Einsamkeit machte Elfi wütend. So weit würde es noch kommen, dass Karl ihre Töchter gegen sie aufhetzte! Sie war fest davon überzeugt, dass er heute Nachmittag nichts anderes versuchen würde. Ohne sie! Das würde sie nicht zulassen! Elfi nahm noch einen Schluck und stand auf. Sie war unruhig. Wo Karl nur so lange blieb? Der erste Weihnachtsfeiertag bei Katrin endete eigentlich immer nach dem Kaffee. Sie würde mit dem Abendessen jedenfalls nicht auf ihn warten. Die Zeiten waren vorbei!
Als Elfi in die Küche gehen wollte, um sich eine Kleinigkeit zu Essen zu machen, fiel ihr Blick auf die Wohnzimmerschrankwand. Das war mal wieder typisch! Dass Karl auch immer sein Zeug hier verteilen musste! Sie nahm das kleine Kästchen an sich. Erst als sie es in den Händen hielt, wurde ihr bewusst, was sich in der kleinen Schatulle verbarg.
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Georg Haller hatte zwar versprochen, sich darum zu kümmern, aber Gerda König wollte lieber auf Nummer sicher gehen. Der Pistolero, dessen Waffe ihr Mann zufällig entdeckt hatte, ließ ihr keine Ruhe. Aus dem Goldenen Hirsch, wo der Fremde ein Zimmer bezogen hatte, gab es immer noch keine Neuigkeiten. Die Chefin des Salons hatte mit ihrer Schwägerin vereinbart, dass diese ihr sofort Bescheid gibt, sobald der Italiener das Hotel verlässt. Gerda hatte ihren Mann davon überzeugt, dass es nur einen Weg geben konnte, um sich Klarheit über die Absichten des gutaussehenden Fremden zu verschaffen. Sie mussten sich in dem Zimmer des Italieners umsehen. Dort würden sie gewiss weitere Hinweise darauf finden, wenn
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