Morenga
Greifswald an sein Institut zu schicken.
Professor Brunkhorst wollte in Greifswald eine völkerkundliche Sammlung mit dem Schwergewicht auf der Nama- und Buschmannkultur aufbauen. Er sammelte darüber hinaus besonders interessante Exemplare von Hottentottenschädeln. Patrouillen, die ausritten, bat er, nach gefallenen Aufständischen Ausschau zu halten. Die Schädel der Gefallenen wurden meist schnell von Geiern und Schakalen skelettiert, dann von Termiten saubergefressen und von der Sonne wunderschön ausgebleicht. Bedauerlicherweise ließen die Aufständischen nur in äußerster Not einen Gefallenen liegen. Meist schleppten sie ihn trotz heftigen Feuers mit, um ihn dann irgendwo zu bestatten. So gab es zwar genug Schädel von an Hunger oder Typhus verstorbenen Hottentotten, meist Frauen und Kindern, aber nur wenige von gefallenen Aufständischen. Gerade die aber interessierten den Professor
Brunkhorst als Phrenologen. Wölbte sich die Stirn dort, wo der Wille zu lokalisieren war, besonders hervor?
Sehen Sie, sagte Brunkhorst einmal zu Gottschalk, einen Schädel in der Hand, gut erhalten, die Zähne vollständig in den Kiefern, lediglich in der Stirn war ein kleines rundes Loch, sehen Sie, solch unschöne Defekte müßten nicht sein, wenn man sich endlich zu einer vernünftigen Kolonialpolitik entschließen würde. Eine freundliche Behandlung, eine an der Arbeit Interesse weckende Menschenführung und weniger Gewehrkolben oder Saufkumpanei, so würde man aus diesen Menschen nützliche Mitglieder der Gesellschaft gewinnen. Es wäre sogar zu erwägen, ob man nicht auf das Wort Kolonie, das ja etwas negativ belastet ist, ganz verzichtet. Schutzgebiet ist da schon wesentlich besser, obwohl sich jetzt immer mehr Kolonie durchsetzt. Man muß gerade bei dieser zivilisatorischen Arbeit unsere Vettern jenseits des Kanals im Auge behalten, von denen wir viel lernen können. Oder aber die hochinteressanten Ergebnisse der Nordamerikaner, die ihre Neger im Süden von der Sklaverei befreit haben. Aus der persönlichen Fürsorge der Sklavenhalter entlassen, sind die Neger. in die Freiheit und damit als Arbeiter in eine rege Konkurrenz untereinander eingetreten. Das Ergebnis ist eine offene, dynamische Gesellschaft.
Tagebucheintragung Gottschalks vom 23. 8. 05
(Keetmannshoop)
Für B. ist alles perfekt, sogar die Zukunft. Als ich ihn fragte, ob er Angst vor dem Tode habe, sah er mich mißtrauisch forschend an und hatte dann – wieder einmal – die passende Antwort zur Hand: Vor dem Tod nicht, aber vor dem Sterben. Aber das Sterben ist nichts gegenüber dem Tod. – B. forscht zwar nach Todesmythen und hantiert mit Totenschädeln, die er, um ihr Volumen zu errechnen, mit Senfkörnern füllt. Der Tod läßt sich nicht mit Senfkörnern messen.
Tagebucheintragung Gottschalks vom 24. 8. 05
Der Wind treibt Quellwolken über die Kalahari. Bald wird es regnen. Grau stehen die Büsche und verbrannt. In zwei Tagen werde ich K. verlassen. Nebenan schnarcht der Freiherr von Gaisberg.
Am frühen Morgen des 26. August sollte der Transport von acht Ochsenwagen nach Ukamas aufbrechen. Diesem Transport hatte Gottschalk sich anzuschließen.
Auch Zeisse hatte einen Marschbefehl nach Ukamas bekommen. Man wollte ihn mit Gottschalk abschieben. Er galt inzwischen als von dem renitenten Veterinär infiziert. So hatte sich einmal ein Unteroffizier beschwert, daß Zeisse gegenüber anderen Reitern die Gefangenenbehandlung als unmenschlich bezeichnet habe. Sogar der Name Bebel sei gefallen.
Der Kompaniechef verhinderte daraufhin die von Zeisse so dringlich erwartete Beförderung zum Gefreiten.
Gottschalk arbeitete in den wenigen ihm noch verbleibenden Tagen in Keetmannshoop an den Gutachten über die Verwendung von Kamelen als Transportmittel in Südwestafrika. Am 25. August konnte er die Arbeit abschließen.
In die deutsche Militärgeschichte ging der Hauptmann von Erckert als Schöpfer der Kamelreitertruppe ein.
Aus Namaland und Kalahari
Bericht an die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften über eine Forschungsreise von
Dr. Leonhardt Brunkhorst, a. o. Professor an der
Universität Greifswald in den Jahren von 1903 bis 1905
Das Verhältnis der Hottentotten
zu fremden Menschenrassen.
Wir wollen im folgenden keine Geschichte der Hottentottenkämpfe geben; wer sie schreiben wollte, müßte im einzelnen verfolgen, wie aus einem kleinen Gemüsegarten der holländischen Indiengesellschaft die Kapkolonie wurde. Uns kommt es
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