Morenga
was man an der Fähigkeit der Buren, mit den Eingeborenen umzugehen, rühmen muß. Es ist wie in der Erziehung von Kindern, mit denen nicht ganz zu Unrecht die naiven, störrischen und zuweilen vorlauten Eingeborenen verglichen werden. Nicht die Züchtigung ist verwerflich, sondern die Inkonsequenz, wenn man schlägt und danach sogleich die Schläge vor dem Kinde bedauert.
Eine solche Einheitlichkeit in der Behandlung der Eingeborenen muß das spontane Resultat sein aus der Übereinstimmung des allgemeinen Charakters der Eingeborenenrasse und der besonderen Situation. In ungezählten Fällen habe ich die Erfahrung gemacht, daß ein Hottentotte die Strafe, die er seiner eigenen Überzeugung nach verdient, auch erwartet. So vermißte eines Tages der Stabsarzt Dr. Schöpwinkel seinen Tabak. Er rief seinen Bambusen, einen Hottentottenjungen, und befragte ihn nach dem Verbleib seines Tabaks. Darauf drückte ihm der Hottentottenjunge, ein gläubiger Christ, ohne jeden Kommentar stillschweigend den Schambock in die Hand. Er hat geklaut, er ist aber auch sofort bereit, die verdiente Strafe hinzunehmen. Es ist in den Augen des Hottentotten ein Zeichen von Schwäche oder Beschränktheit, wenn ihm die Strafe dann geschenkt oder irgendwie umzuckert verabreicht wird. Er mag sich für glimpfliche Absolution noch so gerührt bedanken und, wenn er Christ ist, den Lohn des »Herre Jesus« herabwünschen – wer hinter die Kulissen sieht, weiß, daß er sich über diese Art der Behandlung nur lustig macht. Er will streng angefaßt sein. Die Forderung nach Gerechtigkeit ist schon im Interesse der Autorität zu erheben, auch da, wo es sich nicht um empfindliche Strafen handelt.
Auch der Mann, der kein öffentliches Amt bekleidet, sollte sich ständig bewußt sein, daß sein privater Verkehr mit den Eingeborenen in diesem nur halbzivilisierten Lande keine reine Privatsache ist. Jeder einzelne trägt unmittelbar einen Teil der Verantwortung für die guten oder schlechten Beziehungen der beiden Rassen. Das Ergebnis dieser direkt verantwortlichen Konfrontation ist die schärfste Probe auf die Reife eines Volkes im Völkerverkehr. Hier zeigen wir uns deutlich als Anfänger. Wir schwanken innerhalb zu weiter Grenzen zwischen autoritätsloser Fraternisiererei und amtlich posierendem Herrentum. Der Mittelweg: Verständnis der fremden Eigenart bei ruhiger, fester Wahrung der eigenen Überlegenheit, liegt uns noch nicht. Der Vetter jenseits des Kanals ist in der Beziehung weltmännischer.
Einstweilen müssen wir also offen bekennen, daß der Hottentotte uns besser kennt als wir ihn. Schon im Bewußtsein seiner Schwäche verliert er niemals das Interesse am Studium des weißen Eindringlings. Seit Generationen und von Jugend auf geschult, mit List zu Werke zu gehen, läßt er den Weißen nur in den seltensten Fällen in die Ergebnisse seiner eigenen Menschenbeobachtung blicken.
So habe ich es angetroffen, daß ein und derselbe Hottentotte, einmal als Diakon beim Missionar arbeitend, mit segnenden Gebärden von der Nächstenliebe sprach und davon, daß man die Händler aus dem Tempel treiben müsse, und nach wenigen Wochen bei einem Viehhändler das Hauptbuch führte und wiederum vier Monate später bei einem Oberleutnant als Bambuse diente und seinen Esel anschnarrte, daß man glaubte, auf einem Berliner Kasernenhof eines Garderegiments zu sein. In allen drei Rollen stimmte die Gestik, die Mimik, sogar der Tonfall beim Sprechen verblüffend mit dem seiner Herren überein, aber in allen drei Fällen etwas überzogen und fast karikierend, so daß man nie wußte, ob sich der Hottentotte nicht insgeheim über alle drei lustig machte.
Aber wir wollen hier nicht weiter exemplifizieren. Es wird sich ohnedies die Überzeugung Bahn brechen, daß die Unterschätzung des Hottentotten in den kleinen Fragen des täglichen Lebens, wie in solchen, die seinen Lebensnerv berühren, ein Grundfehler in unserem Verkehr mit den Eingeborenen war. Wir haben diesen Fehler mit so viel teurem Blute bezahlen müssen, daß es die Pflicht jedes Zeugen ist, auf ihn zu weisen, damit er in Zukunft vermieden werde.
Hintermänner
Bericht aus der ›Deutschen Zeitung‹ vom 1. 8. 1906
Von einem alten Afrikaner gehen uns interessante Nachrichten über den unseren Interessen gefährlichsten englischen Parteigänger in Südafrika zu, die auch auf die geheimen englischen Kraftquellen der südwestafrikanischen Rebellen neues Licht werfen.
An den Grenzen unseres
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