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Morenga

Morenga

Titel: Morenga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Timm
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Ton erzeugte, als schnippte man mit Daumen und Mittelfinger, oder aber er legte die Vorderhälfte der Zunge flach, so daß die Zungenränder die Zähne beider Seiten berührten, hob dann den hinteren Teil der Zunge, preßte ihn an den Gaumen und zog ihn langsam wieder ab, wobei ein Laut entstand, der sein Pferd immer wieder in einen scharfen Trab fallen ließ.
    Sagen Sie, hat Ihr Pferd Hummeln im Arsch, fragte Tresckow, Sie bringen ja die ganze Kolonne durcheinander.

    Gottschalk machte mit seinem Wortschatz nur sehr langsam Fortschritte, perfektionierte dafür aber seine Aussprache. Er suchte sich Wörter und Sätze aus, die reich an Lautmodulationen waren und in denen die verschiedenen Schnalzlaute wie kleine Hürden hintereinander aufgebaut waren, Sätze, mit denen aber kaum eine Konversation zu führen war, wie: Die Mitternachtsmaus fliegt durch den Steppenwald der Teerosen. Wenstrups Bemühen war indessen ganz auf die praktische Seite des Sprachunterrichts ausgerichtet, sich nämlich so schnell wie möglich verständlich machen zu können. Entsprechend waren seine Fortschritte. So konnte er bald einige einfache Fragen und Gegenfragen stellen, wenn auch genuschelt und in holprig fremden Kehllauten: Wohin führt dieser Weg? Wo liegt die nächste Wasserstelle? Wo finde ich etwas zu essen?
    Der mecklenburgische Unteroffizier sah seine bislang unangefochtene Stellung als Dolmetscher gefährdet und verfolgte mit Mißtrauen den Sprachunterricht der beiden Veterinäre. Er gab auch keinerlei Ratschläge und versuchte nie, eine der komplizierten Fragen zu beantworten, deren richtige Antwort die beiden Veterinäre mit Handzeichen und umständlichen Zeichnungen im Sand herauszufinden suchten. Dabei zeigte sich, daß der Hottentottenjunge schneller deutsch lernte als die Veterinäre Nama. Es muß allerdings auch gesagt werden, daß weder Gottschalk noch Wenstrup, obwohl es darüber zwischen ihnen keine Absprache gab, den Unteroffizier jemals um Hilfe baten.
    Nach fünf Tagen sollte sich aber zeigen, daß die Interessen der beiden Schüler, obwohl sie zusammen ritten, doch so weit auseinandergingen, daß der Junge zwischen den Pferden hin und her laufen mußte und, sich an dem jeweiligen Steigbügel festhaltend, die verlangten Wörter oder Sätze vorsprach oder die Aussprache korrigierte. (Oberleutnant Ahrens gab dann extra einen Befehl, den sogenannten Jakobus-Befehl, der ausdrücklich verbot, daß ein Bambuse irgendein Transportmittel der Truppe benutzen dürfe. Ahrens hatte nämlich eines Nachmittags fassungslos – ich glaube, mich tritt mein Pferd – den Hottentottenbengel hinter Wenstrup auf dem Pferd sitzend angetroffen.)
    So kam es, daß Gottschalk auf dem Ritt nach Gibeon, eingehüllt in den Staub der marschierenden Kolonnen, immer wieder ein Erdferkel zusammen mit einem Geier Eselsmilch schlürfen ließ, derweilen Wenstrup den richtigen Zungenschlag für die Frage suchte: Wo ist die nächste deutsche Militärstation?

    Was sagten die Offiziere zu den Sprachexerzitien der beiden Veterinäre, die ja schon wegen des zwischen den Pferden hin und her laufenden Namalehrers nicht verborgen bleiben konnten?
    Unsere beiden Roßschamanen, hatten sie die Offiziere getauft, und die Landser: die Klippkaffernschüler. Aber es wurde berichtet, der Oberst habe die Bemühungen der beiden Veterinäre als beispielhaft hingestellt. Die Schutztruppe würde in Zukunft wesentlich mehr Dolmetscher benötigen, habe er gesagt. Tresckow ließ sich sogar die Bedeutung einiger Namawörter erklären und auch die Klicklaute vormachen, und zwar von Wenstrup, dem er dann sagte, er habe ihm diese Energie und den Ehrgeiz, eine derart komplizierte Sprache zu erlernen, mit der man in ein paar Jahren ja auch nichts mehr anfangen könne, gar nicht zugetraut. Es sei aber doch ein gutes Ding, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun.
    Am siebten Tag der Abgängigkeit Wenstrups, wie es in den Akten heißt, wurde eine Patrouille unter einem ortskundigen Wachtmeister zusammengestellt, die den Unterveterinär suchen sollte. Große Hoffnung, Wenstrup lebend zu finden, hatte zu diesem Zeitpunkt niemand mehr. In Gottschalks Tagebuch findet sich eine Eintragung vom 10. 1. 1905: Man reißt Witze über Wenstrup: Der Unterveterinär Wenstrup trifft in der Steppe ein Erdferkel und fragt es nach dem Weg usw.
    Gottschalk befragte vorsichtig einige langgediente Schutztruppler, ob es schon Fälle von Fahnenflucht gegeben habe. Das wurde bestätigt. Hin und wieder und nur

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