Morenga
zurück?
Er hoffte, daß die anderen Abteilungen das Geschützfeuer hören würden. Andererseits mußte er sich sagen, daß die anderen Abteilungen noch nicht einmal Gochas erreicht haben konnten. Außerdem, und das war entscheidend, hatte Major Meister den Befehl von Deimling erhalten, energisch alles anzugreifen, was sich ihm in den Weg stellte. Die Abteilung mußte durch, wenigstens die Stellung halten. Zurück, das wäre das Ende der Karriere gewesen.
Gegen Einbruch der Dunkelheit wird das Feuer schwächer und flackert nur auf, wenn auf einer der gegnerischen Seiten Bewegungen zu sehen sind. Von den Aufständischen ist aber nicht viel zu bemerken.
Gegen 10 Uhr nachts kommen am westlichen Himmel plötzlich schwere dunkle Wolken hoch. Es scheint ein Gewitter zu geben. Sofort werden Zeltplanen aufgespannt, um das Regenwasser aufzufangen. Der Leutnant Frhr. v. Seu. kniet vor seiner Schützenlinie nieder und betet, daß es regnen möge.
Wenig später zerstreut ein aufkommender sturmartiger Wind die Wolken.
Etwas Brot wird in die Linien durchgereicht, aber niemand kann es essen, die Zunge schwillt sofort an.
Nachts ist lediglich das Schreien und Stöhnen der Verwundeten zu hören. Die Hänge, in denen sich die Aufständischen verschanzt haben, sind ruhig. Nur einmal poltert ein Stein herunter. Sofort setzt auf deutscher Seite ein wildes Feuer ein. Major Meister befiehlt, Munition zu sparen.
Das Gewehr im Arm verbringt die Truppe die Nacht in der Linie. Nur jeder zweite Mann darf schlafen.
Der Gefreite Sa. trinkt heimlich aus der Feldflasche seines schlafenden Kameraden den letzten Schluck Wasser. Er wird dabei beobachtet und gemeldet. Meister läßt ihn wegen Kameradendiebstahls an ein Wagenrad ketten. Auf Vorstellungen des Kompaniechefs Oberleutnant Grü. daß er jetzt jeden Mann brauche, antwortet Meister, nein, einen ehrlosen nicht.
3. Januar
Abteilung Lengerke marschiert weiter Richtung Gochas. Keine Feindberührung. Gegen 2 Uhr nachmittags wird die Abteilung in ein Gefecht verwickelt.
Die kleine Vorausabteilung, bei der sich auch Deimling mit seinem Stab befindet, wird eingekreist, ebenso der Zug des Leutnants Müller v. Berneck. Deimling übernimmt persönlich die Führung. Die Lage ist prekär. Er befiehlt, eine kleine Sanddüne zu stürmen, von der aus die Aufständischen die Abteilung unter Feuer nehmen. Ordonnanzoffizier Kirsten und Deimlings Adjutant Ahrens versuchen, mit einigen Leuten aus dem Stab an den Hügel heranzukommen. Oberleutnant Ahrens fällt, ein Mann wird verwundet, die übrigen müssen zurückgehen. Die Situation ist jetzt sehr kompliziert. Deimling bleibt ruhig. Gerade in konfusen Lagen muß der Führer absolute Ruhe ausstrahlen, das überträgt sich auf die Offiziere, dann auf die Unterführer, schließlich auch auf die Musketiere. Keinen albernen Optimismus, sondern ernste, gefaßte Ruhe, nur so kommen Befehle durch. Jemand muß die Artillerie, die zurückhängt, heranholen. Oberst Deimling sucht nicht nach Freiwilligen, sondern befiehlt einfach dem Unteroffizier der Feldsignalabteilung Brehm, durch die Reihen der Hottentotten zu reiten und der Batterie Stuhlmann den Befehl zu bringen, sofort hier einzugreifen. Brehm reitet direkt ins Feuer. Er galoppiert durch das niedrige Gebüsch. Brehm schafft es. Als er die Batterie erreicht, bricht sein Pferd unter ihm zusammen. Man zählt sieben Einschüsse. Brehm setzt sich hin und weint. Er hat das Pferd seit Ausbruch des Aufstandes geritten. Die Batterie schießt die Vorausabteilung der Abteilung Ritter mit ihrem Kommandeur Oberst Deimling frei. Deimling zeigt sich vom Tod seines Adjutanten insofern betroffen, als er den restlichen Tag kein überflüssiges Wort an seine Umgebung richtet. Die Ordonnanz sagt: Der Kommandeur ist getroffen.
Im Talkessel von Groß-Nabas steigen die Temperaturen in der Mittagszeit auf über 40 0 . Die Luft zeigt nur 15% Feuchtigkeit. Schon am Morgen kommt es zu Ohnmachtsanfällen und Hitzeschlägen. Die Soldaten sind völlig apathisch. Einige beginnen zu delirieren.
Leutnant v. Kleist erhält einen Schuß ins Knie. Er wird später das Bein nicht wieder durchbiegen können und den Dienst quittieren. Ein Reiter, der sich, Unzusammenhängendes redend, aufrichtet, greift sich plötzlich theatralisch an die Kehle. Als der Wachtmeister nachsieht, entdeckt er, daß dem Mann durch einen Schuß die Kehle weggerissen wurde.
Zwei Pferdewächter erschießen ein Pferd und trinken das Blut.
Viele Reiter trinken seit
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