Morenga
Strecke von sechzig Kilometern, was später von den deutschen Militärs als eine hervorragende Leistung gelobt wird.
Morris hatte am Vortag, wie vereinbart, in einer geländemäßig günstigen Position bei Garup Stellung bezogen.
Am 10. März erhielt die Avantgarde der Abteilung Koppy bei Garup Feuer. Hauptmann Koppy, ein langgedienter Schutztruppenoffizier, befahl, da er die Erstürmung der Felsschanze für unmöglich hielt, mit einer weitumfassenden Bewegung die Stellung der Aufständischen von Westen her zu umgehen und sie von rückwärts aufzurollen. Als Morris das Umfassungsmanöver bemerkte, brach er das Gefecht ab und zog sich in die vorbereitete Stellung an der Narudasschlucht zurück. Hätte Morris die Stellung eine Stunde länger gehalten, wäre Morengas Plan wahrscheinlich gelungen. So aber erreichte die Abteilung Koppy rechtzeitig die Wasserstelle, an der sie nachts gefechtsbereit biwakierte, und marschierte am nächsten Morgen ungehindert in Richtung der Narudasschlucht weiter. Der Südeingang der Schlucht war schon fast erreicht, als man im Norden eine Reiterkolonne entdeckte, die im schnellen Trab ebenfalls der Schlucht zustrebte. Man vermutete, daß es die Abteilung Kirchner sei.
Leutnant v. Gersdorff wurde ausgesandt, um mit Hauptmann Kirchner Kontakt aufzunehmen. Durch die Ferngläser konnte man beobachten, wie sich auch drüben bei der anderen Abteilung ein Reiter absonderte und Gersdorff entgegenritt. Aber noch bevor beide zusammentrafen, sah man Gersdorff und den anderen Reiter fast gleichzeitig die Pferde herumwerfen und zu ihren Abteilungen zurückgaloppieren.
Was war passiert?
Gersdorff brachte die Meldung, daß dort drüben nicht Hauptmann Kirchner, sondern Morenga mit seinen Leuten käme. Morenga selbst sei ihm entgegengeritten, auf hundert Meter, da hätte er ihn erkannt, in seinem blauen Rock, eine weiße Binde um den Arm und einen Schutztruppenhut auf dem Kopf.
Auch Morenga wird zunächst geglaubt haben, Morris mit seinen Leuten vor sich zu haben, die sich allerdings gerade in die Stellung an der Narudasschlucht zurückzogen. Schon auf Rufweite mußte er erkannt haben, daß es nicht ein Aufständischer in deutscher Uniform, sondern tatsächlich ein deutscher Offizier war, der ihm entgegenritt. Jetzt begann ein Wettlauf, welche der beiden Abteilungen zuerst den Eingang der Schlucht erreichen würde, einen Steilhang, der, ausreichend besetzt, einer Bastion gleich uneinnehmbar war. Die Deutschen hatten einen leichten Vorsprung und konnten einen vorgelagerten Hügel besetzen, an dem die Aufständischen vorbeireiten mußten, wollten sie die Schlucht erreichen. Im prasselnden Schnellfeuer der deutschen Kompanie stürzten die Pferde der Aufständischen. Morenga sprang vom Pferd und versuchte nun, zu Fuß und sprungweise, Deckung hinter Klippen und Felsbrocken suchend, mit seinen Leuten die Schlucht zu erreichen, deren linke Seite schon von Morris besetzt worden war. Zehn oder zwanzig Minuten entschieden dieses Gefecht, die Schlacht, möglicherweise auch die Zukunft des Schutzgebietes. Noch gab Morenga das Gefecht nicht verloren. Er bezog mit seinen Leuten an einem sanften Hang Stellung, der allerdings nur wenig Deckung bot. Hauptmann Koppy setzte dann auch sogleich die Artillerie ein und ließ den linken Flügel der Aufständischen beschießen. Gegen Mittag ließ er die Infanterie vorgehen. An der Flanke verließen daraufhin im konzentrischen Feuer von Artillerie und Infanteriegeschossen die ersten Hottentotten ihre Stellung. Morenga selbst muß daraufhin immer wieder versucht haben, seine zurückweichenden Leute zum Stehen zu bringen und nach vorn zu führen. Die Offiziere konnten durch die Gläser beobachten, wie er inmitten von aufwuchtenden Einschlägen, in einem Regen von Granat- und Steinsplittern, herunterprasselnden Erdklumpen nach vorn ging, erkennbar an seinem blauen Rock. Sein Mut, seine persönliche Tapferkeit werden ausdrücklich im deutschen Generalstabs-Werk hervorgehoben.
Möglicherweise wäre es Morenga doch noch gelungen, weiter hinten, in einem günstigeren Gelände, eine zweite Stellung aufzubauen und, gemeinsam mit den Morris-Leuten, die Schlucht und die Wasserstelle abzuriegeln. Jedoch am frühen Nachmittag war plötzlich Geschützdonner auch im Rücken zu hören, und fliehende Hottentotten berichteten, daß sich das Gros der deutschen Truppen nähere, die Spitze hätte schon fast das Lager und die Herden erreicht. Stürmann hatte, aus welchen Gründen ist nicht
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