Morenga
Regierung für Südwest durch die Sozialdemokraten und das Zentrum zu Fall gebracht. Das gab dem Reichskanzler v. Bülow die Gelegenheit, Neuwahlen auszuschreiben, die sogenannten Hottentottenwahlen. 1911 war Berthold von Deimling, den der Kaiser 1905 in den erblichen Adelsstand erhoben hatte, als Kommandierender General in Straßburg maßgeblich an der Zabernaffäre beteiligt. Nach dem Ersten Weltkrieg machte Deimling eine ungewöhnliche Schwenkung, um es mit einem militärtaktischen Begriff auszudrücken: Er übernahm zeitweise das Kommando über den sozialdemokratischen Reichsbanner.
Eine undatierte Fotografie zeigt ihn – wahrscheinlich unmittelbar nach der Niederschlagung des Aufstandes in der Uniform eines Generalmajors. Kragenspiegel und Ärmelaufschläge sind mit goldenem Eichenlaub bestickt, sehr dick aufgetragen, und sogar einige Eicheln kann man darin erkennen. Das Bild hat etwas merkwürdig Obszönes. Möglicherweise liegt es an dem Degen, den v. Deimling, auf einem Hocker sitzend, zwischen den Beinen hält. Vielleicht sind es aber auch diese zur Schau gestellten Orden, die Medaillen und Kreuze, die teilweise übereinander hängen, mit Adlern, Kronen und Schwertern darauf. Den Blick leicht nach oben gerichtet, an der Kamera vorbei, sitzt er wie auf dem Sprung. Sein schnurrbärtiges Gesicht, besonders der aufmerksame, wachsame Blick, hat tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Vorstehhund.
General Trotha verbot Deimling jede größere Operation gegen Morenga und befahl mehrmals und ausdrücklich, zuerst Hendrik Witbooi anzugreifen und zu vernichten. Dieser Befehl wurde am 17. Februar 1905 Deimling nochmals schriftlich übermittelt. Zu der Zeit war Oberst Deimling (Oberst Vorwärts) schon mit der Vorbereitung der Operation Morenga beschäftigt. Deimling hoffte, durch einen Sieg diesen Befehl widerlegen zu können. (Natürlich spielten auch persönliche Rivalitäten zwischen Deimling und v. Trotha eine Rolle.) »Die Verpflegungslage«, schrieb Deimling später in seiner Rechtfertigung, »war meines Erachtens so, daß sie mich sehr wohl zum Angriff befähigte, zumal man mit Sicherheit auf zahlreiches Beutevieh in den Karrasbergen rechnen konnte. Somit waren Ende Februar nach meinem pflichtmäßigen Krmessen als Führer an Ort und Stelle alle Bedingungen zu einem raschen, entscheidenden Schlage gegeben.«
Deimling bestimmte, daß vier Abteilungen aus vier verschiedenen Richtungen gegen die Narudasschlucht vorrücken sollten, jene Schlucht, in der Morenga mit seinen Leuten das Lager aufgeschlagen hatte. Die Angriffskolonnen (über tausend Mann mit vierzehn Geschützen) sollten ihren Vormarsch vom 1. bis 3. März antreten und die Gegend von Narudas am 11. März erreichen. Eine konzentrische Operation nach dem Prinzip des getrennt Marschierens und vereint Schlagens.
Morenga war sofort von dem Vormarsch der vier Abteilungen durch seine Späher informiert worden, wahrscheinlich waren ihm sogar schon die Vorbereitungen gemeldet worden, da viele der afrikanischen Treiber, Tauführer und Wagenfahrer, auch wenn sie selbst keine Nama waren, mit den Aufständischen sympathisierten. Morenga ließ durch Kundschafter die Stärke der einzelnen Kolonnen ausspähen und entwickelte, nachdem er die genauen Marschrichtungen in Erfahrung gebracht hatte, einen Angriffsplan. Ein Plan, der aus dem Großen Generalstabe in Berlin hätte stammen können, witzelten später einige Stabsoffiziere, so gut war er, genaugenommen noch etwas besser.
Morenga teilte seine Truppe, die zu der Zeit weniger als dreihundert Mann stark gewesen sein muß, in drei Gruppen. Morris sollte mit einer Abteilung von hundert Mann im Süden die anmarschierende Abteilung Koppy bei Garup in ein Gefecht verwickeln und dadurch ihren Vormarsch verzögern.
Der Bondelzwart Großmann Stürmann (nicht der Prophet) sollte mit fünfzig Mann die Krai-Kluft besetzen. Durch diese Schlucht mußte die Hauptabteilung Kamptz in das Karrasgebirge marschieren, da es der einzig begehbare Zugang in der Ost-West-Achse des Gebirgssockels war. Stürmann sollte die Schlucht so lange wie irgend möglich verteidigen und sich dann zur Narudasschlucht am Westausgang des Gebirges zurückziehen.
Morenga selbst wollte sich mit der stärksten Gruppe, die ungefähr hundertzehn Mann betragen haben mag, der schwächsten deutschen Abteilung entgegenwerfen, der Abteilung Kirchner, die von Norden heranrückte. An einer Stelle bei Aob, durch welche die Abteilung marschieren mußte, wo
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