Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel
alter Freund Edjnel«, sagte sie leise. »Hier ist sein Tod verzeichnet – was, er wurde ermordet?« Kasedre verdrehte den Hals, um das Wort mitzulesen. »Und seine Tochter – ja, die kleine Linna – am Seeufer ertrunken. Traurige Nachrichten. Aber gewißlich hat doch Tohme geherrscht…«
»Mein Vater«, warf Kasedre ein, »war Tohmes Sohn.« Sein Blick suchte immer wieder besorgt ihr Gesicht, als habe er Angst vor einem niederschmetternden Urteil.
»Ich erinnere mich an Tohme«, sagte sie, »da spielte er noch auf dem Schoß seiner Mutter, der Lady Aromwel, einer lieblichen Person. Sie war eine Chya. Eines Abends ritt ich zu dieser Burg…« Sie glättete die dünnen Seiten. »Ja, hier steht es:
…
kam sie sogar in die Burg, traurige Nachrichten von unterwegs bringend. Lord Arald –
der Bruder Edjnels und meines Freundes Lrie, der mich nach Irien begleitete und dort starb –
Lord Arald war seinem Unglück begegnet auf dem Marsch mit ihr im Bemühen um die Rettung Leths vor der Düsternis, die aus dem…
Ach ja, das war eine andere traurige Geschichte, der Tod Lord Aralds. Ein guter Mann. Hatte Pech. Ein Pfeil aus dem Wald traf ihn, und da waren mir die Wölfe schon auf der Spur…
darin fürchtete sie die Grenze verloren, es werde niemand zur Rettung der Mittelländer antreten, mit Ausnahme der Chya und Leth, die sowieso schon keine Kämpfer mehr hatten und nur noch darbten. So sagte sie Leth Lebewohl und verließ die Burg, vielbetrauert…
Nun, das ist nicht von Belang. Es rührt mich zu wissen, daß man mich wenigstens in Leth betrauert.« Ihr Finger suchte andere Seiten. »Ah, hier gibt es etwas Neues. Mein alter Freund Zri – er war ein Berater Tiffwys, weißt du. Oder weißt du es nicht? Nun…
Chya Zri ist nach Leth gekommen, als Freund der Könige von Kons.«
Ein wildes Lächeln, als amüsierte sie diese Eintragung sehr.
»Freund…« -sie lachte leise- »aye, ein Freund von Tiffwys Frau war er, eine wirklich hübsche Geschichte!«
Kasedre zupfte mit beiden Händen an seinem Ärmel herum, die fiebrigen Augen zuckten nervös von ihr zum Buch und zurück. »Zri stand hier in hohem Ansehen«, sagte er. »Aber dann starb er.«
»Zri war ein Fuchs«, sagte Morgaine. »Ja, der Mann war schlau. Typisch für ihn, dann doch
nicht
in Irien dabeizusein, obwohl er mit uns losritt. Zri hatte ständig ein Ohr am Boden: er ahnte jede Katastrophe voraus, so sagte Tiffwy immer. Und Edjnel hat ihm nie getraut. Leider aber Tiffwy. So erstaunt es mich wirklich, daß Edjnel ihn aufnahm, als er vor den Toren von Leth erschien… er
ehrte uns mit seiner Gegenwart, Lehrer des jungen Prinzen Leth Tohme… auf den Gebieten der Staats- und Volksführung, zugleich auch Erzieher der Lady Chya Aromwel und ihrer Tochter Linna, nach dem betrauerten Tode von Leth Edjnel…«
»Zri unterrichtete meinen Großvater«, sagte Kasedre, als Morgaine gedankenverloren schwieg. »Und dann auch meinen Vater. Er war alt, aber er hatte viele Kinder.«
Einer der
uyin
kicherte hinter vorgehaltener Hand – ein unkluges Verhalten. Leth Kasedre wandte sich um und starrte den Übeltäter an, der sich tief verbeugte und Verzeihung erbat mit der hastigen Bemerkung, ein Vorgang hinten im Saal habe seine Belustigung ausgelöst.
»Was für ein Mann war Tohme?« fragte Morgaine.
»Ich weiß es nicht«, entgegnete Kasedre. »Er ertrank. Wie Tante Linna.«
»Wer war dein Vater?«
»Leth Hes.« Kasedre richtete sich stolz auf und bestand darauf, die großen Seiten selbst umzudrehen, um ihr die Eintragung zu zeigen. »Er war ein großer Lord.«
»Unterrichtet von Zri.«
»Und er besaß viel Gold.« Kasedre ließ sich nicht ablenken.
Aber dann wurde er ernst. »Ich habe ihn nie zu Gesicht bekommen. Er starb. Er ertrank ebenfalls.«
»Das ist sehr bedauerlich. An deiner Stelle würde ich dem Wasser fernbleiben, mein Lord Leth. Wo geschah es? Am See?«
»Es wird angenommen…« – Kasedre senkte die Stimme -»daß mein Vater Selbstmord beging. Er war immer sehr niedergeschlagen. Er trieb sich geistesabwesend am See herum, besonders nachdem Zri fort war. Zri…«
»… ertrank?«
»Nein. Er ritt fort und kehrte nie zurück. Es war ein schlimmer Abend. Er war ja ohnehin schon sehr alt.« Kasedre setzte sein Schmollgesicht auf. »Nun habe ich alle deine Fragen beantwortet, dabei hast du mir eine Antwort versprochen und diese Antwort noch nicht gegeben. Wo warst du die ganzen Jahre? Wenn du nicht gestorben bist, was hast du dann gemacht?«
»Wenn
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