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Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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mir, ehe er in Irien starb. Ich gehe nie ohne die Klinge und denke stets freundlich von meinen Freunden in Leth, wenn ich darüber nachsinne, wie sie gemacht wurde.«
    »Wir wollen sie sehen«, sagte er.
    »Sie führt zur Katastrophe, wo immer sie gezogen wird«, sagte Morgaine. »Ich ziehe sie nicht.«
    »Wir
bitten
darum.«
    »Ich möchte es nicht riskieren…« – das starre Lächeln wurde erneuert –, »daß das Haus Leth von einem Unglück befallen wird. Glaube mir!«
    Wieder zog Kasedre einen Schmollmund, seine schweißfeuchten Wangen waren hektisch gerötet. Sein Atem ging schnell, und es war plötzlich still im Saal.
    »Wir
bitten
darum!« wiederholte er.
    »Nein«, sagte Morgaine. »Ich tue es nicht.«
    Er griff danach, und als sie seiner zustoßenden Hand auswich, packte er statt dessen trotzig das Buch, sprang auf und schleuderte es in den Kamin. Ascheflocken und Holzstücke wirbelten empor.
    Der alte Schriftgelehrte huschte wie ein Insekt schluchzend hinter dem Buch her und vergoß dabei Tinte, die seine Robe befleckte. Er rettete den Schatz und wischte vorsichtig die kleinen glimmenden Stellen vom Einband. Seine alten Lippen bewegten sich, als spräche er mit dem alten Buch, wie um ein Kind zu beruhigen.
    Kasedre begann zu kreischen. Er verwünschte seine Gäste, bis sich Schaum an seinen Mundwinkeln bildete und er besorgniserregend blau anlief. Er warf den Besuchern im wesentlichen Undankbarkeit vor und weinte und fluchte.
    »
Qujalin
-Hexe!« rief er. »Hexe! Hexe! Hexe!«
    Vanye war aufgesprungen; er hatte noch nicht gezogen, war aber sicher, daß es gleich dazu kommen mußte.
    Morgaine trank einen letzten Schluck Wein und stand ebenfalls auf. Kasedre brüllte immer noch. Er hob die Hand über ihr, zitternd, als habe er doch nicht den Mut zuzuschlagen. Morgaine zuckte nicht zurück, und Vanye begann langsam die Klinge aus der Scheide zu ziehen.
    Im Saal war ein neuer Tumult ausgebrochen; der Lärm erstarb urplötzlich, an der Tür beginnend. Ein großer, hagerer Mann von würdevoller Statur war dort erschienen; er war vierzig bis fünfzig Jahre alt. Die Stille breitete sich aus. Kasedre begann zu wimmern, begann seine Anschuldigungen flüsternd und mürrisch herauszustoßen. Die Erscheinung, die neue Macht im Saal trat vor, kniete erstaunlicherweise nieder und erwies Kasedre die höchste Ehrerbietung.
    »Liell«, sagte Kasedre mit zitternder Stimme.
    »Räumt die Halle«, sagte Liell. Seine Stimme war gelassen, leise und schrecklich.
    Es war kein Laut mehr zu hören, nicht einmal von den Banditen im Hintergrund; die
uyin
begannen sich abzusetzen. Kasedre tat einen Augenblick lang so, als wolle er aufbegehren. Liell starrte ihn an. Da machte auch Kasedre kehrt, ergriff die Flucht und verschwand in den Schatten hinter den Vorhängen.
    Liell verneigte sich mit zurückhaltender Höflichkeit vor den beiden Besuchern.
    »Die bekannte Morgaine der Chya«, sagte er leise. Aus seiner Stimme sprach die Vernunft. Vanye stieß ein leises Seufzen der Erleichterung aus und ließ das Schwert zurückgleiten. »Du bist nicht die liebste Besucherin, die je in dieser Burg empfangen wurde«, fuhr Liell fort, »aber ich möchte dich trotzdem warnen, Morgaine: was immer dich hierhergeführt hat, wird dich wieder vertreiben, wenn du Kasedre zu necken versuchst. Er ist ein Kind, aber er hat Macht über andere.«
    »Ich glaube, wir teilen den Klan«, sagte sie in kühler Ablehnung seiner barschen Worte. »Ich bin adoptiert, kri Chya;
    aber wir sind eines Klans, du und ich.«
    Er verneigte sich erneut und schien damit nun wirklichen Respekt zum Ausdruck zu bringen. »Verzeihung. Du überraschst mich. Als mich das Gerücht erreichte, wollte ich es nicht glauben.
    Ich nahm an, daß es sich um einen Scharlatan handelte, der bestimmte Absichten verfolgte. Aber du bist echt, das sehe ich jetzt. Und wer ist dieser Bursche hier?«
    »Gehört zur Familie«, sagte Vanye mit einem Hauch von Unverschämtheit, weil Liell Morgaine nicht mit der gebührenden Höflichkeit behandelt hatte. »Von der Seite meiner Mutter bin ich ebenfalls Chya.«
    Liell verneigte sich vor ihm. Einen Augenblick lang ruhte der seltsam offene Blick auf ihm, entzog ihm den Zorn. »Dein Name, Herr?«
    »Vanye«, sagte er, erschüttert von der plötzlichen Aufmerksamkeit.
    »Vanye«, sagte Liell leise. »Vanye. Aye, das ist ein Chya-Name. Aber ich habe hier wenig mit dem Chya-Klan zu tun. Ich habe andere Arbeit… Lady Morgaine, ich möchte dich auf dein Zimmer

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