Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
seinen Blick, als er sich wieder aufgerichtet hatte, und sah irgendwie demaskiert aus, die Wahrheit mit ihrem Blick zurückwerfend, wenn er sie nur zu lesen verstünde.
    Fragen kamen ihm in den Sinn. Er fand keine, die er auszusprechen wagte, von der er nicht annahm, daß sie ihm eine kühle Abfuhr einhandeln würde oder – was wahrscheinlicher war - Schweigen.
    »Leg dich schlafen«, sagte sie endlich.
    Er senkte den Kopf, suchte seinen Platz auf und legte sich hin, bis zu seiner Wache.
    Am nächsten Morgen war ihre Stimmung verflogen. Sie lächelte befreit, sprach während des Frühstücks über ihre alten Freunde: von König Tiffwy, von seinem Sohn, von der Dame, die seine Frau gewesen war. Solche Worte mochte man von alten Leuten zu hören bekommen, Geschichten über längst gestorbene Menschen, für die die Jugend nichts mehr empfand – schlimmer war, daß sie das zu erkennen schien: in ihre grauen Augen schlich sich ein sehnsüchtiger Ausdruck, und sie suchte seinen Blick, suchte Verständnis in ihm, ein kleines Eingehen auf die einzigen Dinge, die sie ihm richtig zu schildern wußte.
    »Tiffwy«, sagte er, »muß ein großer Mann gewesen sein. Ich hätte ihn gern gekannt.«
    »Die Unsterblichkeit«, sagte sie, »wäre nur unter Unsterblichen erträglich.« Und sie lächelte, aber er durchschaute sie.
    Danach schwieg sie und wirkte niedergeschlagen, auch als sie dann wieder im Sattel saßen. Sie hing ihren Gedanken nach. Er wußte noch immer nicht, wie er sich auf ihre Stimmungen einstellen sollte. Sie war im Gefängnis ihrer selbst eingeschlossen.
    Es war, als habe der Satz
Ich hätte ihn gern gekannt
das dünne Band durchtrennt, das vielleicht zwischen ihnen bestanden hatte. Sie hatte den Fallstrick erkannt.
Das
wollte sie nicht von ihm.
    Gegen Abend waren die Berge zu sehen, während der Wald allmählich in Weideland überging. Im Westen stieg die Masse der Alis Kaje auf, deren Gipfel schneeweiß schimmerten: Alis Kaje war die Barriere, hinter der Morija lag. Vanye genoß den Anblick aus unbekannter Perspektive: von dieser Seite kannte er die Berge nicht und fand die Szene fremd, mit Ausnahme des großen Proeth-Berges. Trotzdem war es ein Blick auf die Heimat.
    Später öffnete sich das Land noch mehr nach Norden, und sie zügelten die Tiere au einem Hang, von dem sie die großen nördlichen Weiten überschauen konnten.
    Ivrel.
    Der Berg war nicht so groß wie Proeth, doch er erfreute das Auge: er war vollkommen geformt, ein spitz zulaufender Kegel, links und rechts von gleicher Schräge. Dahinter ragten andere Berge auf, die Kath Vrej und Kath Svejur, in der Ferne verschwimmend, Wehrmauern des frostigen Hjemur. Ivrel jedoch war einzigartig unter den Bergen. Das bißchen Schnee, das sich im Augenblick dort befand, bedeckte lediglich den Gipfel; der größte Teil der Hänge war dunkel oder grün von Wäldern.
    Und ihm zu Füßen, unsichtbar in der Entfernung, die den Eindruck erzeugte, als schwebe Ivrel am Rand des Himmels, lag Irien.
    Morgaine spornte Siptah energisch an; zusammenfahrend setzte sich das Tier in Bewegung, und sie ritten weiter, hangabwärts, dann wieder hinauf, und sie sagte die ganze Zeit kein Wort.
    Sie schien keine Rast einlegen zu wollen, auch als die Sterne am Himmel aufflammten und der Mond aufstieg.
    Ivrel ragte noch mächtiger empor. Der weiße Kegel schimmerte im Mondlicht wie ein Traumbild.
    »Lady.« Vanye lehnte sich endlich aus dem Sattel, fiel dem Grauen in die Zügel.
»Liyo,
verzeih. Irien ist kein Ort, den man bei Nacht durchreiten sollte. Wir wollen rasten.«
    Sie gab ihm nach – und das überraschte ihn. Sie erwählte eine Stelle, stieg ab und nahm Siptah das Geschirr ab. Dann ließ sie sich zu Boden sinken, wickelte sich in ihren Mantel und kümmerte sich um nichts weiter. Vanye ging hastig daran, ein einigermaßen gemütliches Lager für sie herzurichten. Darauf legte er Wert: ihre Niedergeschlagenheit bedrückte ihn, und er konnte sich in ihrer Gegenwart nicht entspannen.
    Doch es nützte nichts. Sie wärmte sich am Feuer und starrte in die Glut, brachte aber keinen Appetit für das Fleisch auf, das er briet; gehorsam kaute sie darauf herum und schluckte lustlos.
    Er blickte zu dem Berg empor, der über ihnen aufragte, und spürte die Drohung, die davon ausging. Sie befanden sich auf verwunschenem Boden. Kein vernünftiger Mensch aus Andur-Kursh würde an dieser Stelle lagern, so nahe bei Irien und Ivrel. »Vanye«, sagte sie plötzlich, »hast du Angst vor diesem

Weitere Kostenlose Bücher