Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel
umstellt ist… nun, damit befassen wir uns, wenn es dazu kommen sollte.«
Wieder nickte sie, offenbar am Ende ihrer Kraft – sie waren wirklich ein trauriges Trio, Morgaine, der Junge und ein Krieger, dermaßen geplagt von Prellungen und Wunden, daß sie kaum die Außentreppe bewältigten.
Andere Gäste gab es nicht, das registrierte Vanye dankbar. Er half Morgaine zu der ersten von mehreren Liegen und kehrte wieder nach draußen zurück, um die Pferde zu versorgen und Morgaines Sachen hineinzuschaffen: das vor allem machte ihm Sorge, und sie warf ihm einen dankbaren Blick zu, ehe sie das fürchterliche Schwert in die Arme nahm und sich auf die nackte Matratze sinken ließ.
Ryn half ihm bei den Pferden und trug das übrige Gepäck und die Sättel ins Gästehaus; später kam der Jüngling in den Stall und schaute besorgt zu, während Vanye die Wunde des Schwarzbraunen mit ein wenig Kochöl behandelte.
»Lahmen wird er nicht«, vermutete Vanye. »Der Pfeil hatte keinen Schwung mehr, außerdem ist dies nicht die Jahreszeit, da sich Wunden infizieren. Das Öl lindert den Schmerz, aber es dürfte eine Narbe geben.«
Ryn kehrte mit ihm ins Gästehaus zurück, ein kurzer Weg zwischen hohen Pinien und Hecken. Die Glocke schwieg wieder, die Mönche gingen zum Gebet.
Ryn hatte sich verändert. Vanye wußte zuerst nicht, worin der Unterschied lag – ein junger Mann hatte sich die Harfe auf den Rücken geschwungen und war Morgaine aus Ra-morij gefolgt; nun schritt ein müder, erschöpfter, älter gewordener Jüngling neben ihm her und musterte schweigend seine Umgebung. Ryns Haltung hatte sich verändert. Er schien in diesen piniengesäumten Alleen so wenig zu Hause zu sein wie Vanye. Sie waren aus Baien-ei entkommen, und er hatte die Nachhut gebildet; in seinem Blick lag eine neue Härte, ein Blick, der nun eher taxierte als staunte.
Vanye registrierte die neue Gelassenheit in dem anderen, schätzte sie ein und legte ihm eine müde Hand auf die Schulter, als sie das Haus schließlich erreichten. Morgaine schien zu schlafen; deshalb senkte er die Stimme.
»Meine Wache«, sagte Vanye. »Aber lange halte ich das nicht durch; du kommst als nächster. Dann Morgaine.«
Der ganz junge Ryn hätte vielleicht dumme Einwände gemacht; auf die Befehle seines Vaters hatte er stets mürrisch reagiert. Jetzt bedachte er die vernünftige Einteilung mit einem Nicken und suchte sich eine leere Liege aus, während Vanye sein Schwert nahm und sich auf die Vordertreppe des Gästehauses setzte. Die Spitze der Klinge ruhte zwischen seinen Füßen, die Hände umfaßten den Fingerschutz, der Kopf lehnte am Griff. In dieser Haltung konnte er eine Weile wach bleiben, das hatte er unterwegs so manche Nacht erprobt.
Er sah sich selbst hier auf den Stufen sitzen und überlegte ironisch, daß er eine ähnliche Belegung von Morijas kleinem Gästehaus nur selten erlebt hatte, etwa wenn ein nur leidlich ehrenvoller Hügelklan durchreiste und das Straßenrecht forderte. Ein Banditenchef im Gasthaus, seine Männer trinkend und die Möbel beschädigend, während man zum Schutz einen Mann vor die Tür setzte, der noch wilder aussah als die Fremden, das Schwert in den Armen und einen mürrischen Ausdruck auf dem Gesicht, die Kinder verscheuchend, die sich die Besucher ansehen wollten.
Gleichzeitig war der Mann das Signal für andere Möchtegern-Gäste, daß hier Schurken sämtliche Betten belegten, und zwar bis zum Morgen, sollten die Lords der Burg nicht noch zu den Waffen greifen und sie verscheuchen.
So fanden ihn die Mönche.
Als die ersten Schritte auf dem gepflasterten Weg zu hören waren, erwachte er voll und saß mit dem Schwert zwischen den Knien da, während sich die graugekleideten Mönche vorsichtig den Stufen näherten. In den Armen hielten sie irdene Krüge mit Speisen.
Sie verbeugten sich, die Hände in die Kutten gesteckt. Vanye erkannte diese Geste als unschuldige Höflichkeit, als das, was sie war, und verbeugte sich seinerseits so tief, wie es im Sitzen nur möglich war.
»Dürfen wir fragen?« Das war die traditionelle Eröffnung, die er auch verneinen konnte. Vanye verbeugte sich erneut – diesen ehrlichen Brüdern wollte er offen begegnen.
»Wir sind Geächtete«, sagte er. »Ich habe außerdem gestohlen, und wir haben etliche Männer getötet in der Gegend, aus der wir kommen: nicht aber in Baien. Wir vergehen uns nicht an euren Herden oder Feldern, ebensowenig tun wir Angehörigen eures Hauses ein Leid. Wir erbitten
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