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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Gewißheit.«
    »Aber wenn es für die wenigsten eine Hoffnung gibt...« Morgaine legte sich
Wechselbalg über
die Knie. Die Drachenaugen des Griffs schimmerten golden im Feuerschein, und sie fuhr mit den Fingerspitzen über die Schuppen. »Wo warst du vor zwei Monaten, Vanye?«
    Er blinzelte, schickte die Gedanken durch Tore zurück und über Berge: eine Straße nach Arnor, ein Wintersturm. »Ich war ein Geächteter«, sagte er, unsicher, warum er sich erinnern sollte, »und die Myya waren mir dicht auf den Fersen.«
    »Und vor vier Monaten?«
    »Dasselbe.« Er lachte unbehaglich. »Damals war mein Leben ohne große Veränderungen.«
    »Ich war in Koris«, sagte sie. »Denk daran.«
    Das Lachen erstarb in ihm, in einer schwindelerregenden Lücke von hundert Jahren. Irien: das Massaker — seine Vorfahren hatten Morgaine in Koris gedient, und sie waren zu Staub geworden. »Trotzdem
waren
es hundert Jahre«, sagte er. »Du hast geschlafen; egal, wie du dich daran erinnerst, es sind hundert Jahre vergangen, daran können deine Erinnerungen nichts ändern.«
    »Nein. Die Tore stehen außerhalb der Zeit. In ihnen ist nichts festgelegt. Du reitest hindurch, und ein Hufschlag sind hundert Jahre. In diesem Land wurde ein einzigesmal ein stillgelegtes Tor weit geöffnet, ohne Kontrolle, und ließ Männer in ein Land strömen, das nicht ihnen gehörte. Das nicht ihnen gehörte, Vanye. Und sie nahmen dieses Land in Besitz, brandschatzten es, mordeten, vergewaltigten. Männer, die eine Sprache sprechen, wie sie auch in Andur-Kursh bekannt ist; die sich an
mich
erinnern.«
    Er saß reglos da, das Blut rauschte ihm in den Ohren, bis er kaum noch etwas anderes wahrnahm. »Ich wußte, daß das wohl möglich war«, sagte er, »daß Jhirun und ihre Sippe Myya sind.«
    »Das hast du mir nicht gesagt.«
    »Ich ahnte nicht, wie das möglich sein sollte. Ich wußte nicht, wie ich die Dinge zusammenfügen sollte; ich stellte mir vor, daß irgendwelche Wesen hilflos das Tor auf Andur-Kursh richteten, — um dort zu sterben; und hatten daraufhin die Menschen nicht...«
    »Die sich an
mich
erinnern, Vanye!«
    Er konnte nichts antworten. Er sah, wie sie mit verschränkten Händen die Arme um die Knie legte, wie sie den Kopf neigte, und er hörte sie etwas in der ihr eigenen Sprache murmeln, wobei sie verzweifelt den Kopf schüttelte.
    »Es war tausend Jahre her«, wandte er ein.
    »Zwischen den Toren gibt es keine Zeit«, antwortete sie mit zornigem Stirnrunzeln; dann sah sie seine Verwirrung, sein Kopfschütteln und zeigte sich großzügig. »Es macht keinen Unterschied. Ihre Zeit ist vorbei — die Zeit aller, die in diesem Land geboren wurden, wie auch der Eindringlinge. Es ist aus! Für alle!«
    Vanye runzelte die Stirn, entdeckte einen Stock in seinen Händen und zerbrach ihn einmal, zweimal, ein drittesmal, mit sorgfältig bemessenen Bewegungen. Die Stücke warf er ins Feuer. »Ehe sie ertrinken, werden sie verhungern. Die Berge bieten Platz für ihre Füße, doch die Steine ernähren die Menschen nicht. Wäre es falsch,
liyo,
wäre es falsch, ihnen wenigstens einmal zu helfen?«
    »Wie es hier schon einmal geschah? Wessen Land soll ich ihnen geben, Vanye? Damit sie darüber herfallen wie verhungerte Tiere.«
    Darauf wußte er keine Antwort. Er atmete den Geruch des verrottenden Landes ein. Unten im Lager hielt der Streit an. Plötzlich erhob sich schrilles Geschrei über die dumpferen Laute, schien der Lärm näher zu kommen.
    Morgaine blickte in die Richtung und runzelte die Stirn. »Jhirun ist schon ziemlich lange fort.«
    Vanyes Gedanken sprangen in dieselbe Richtung. »So unvernünftig ist sie bestimmt nicht gewesen«, sagte er und stand auf; doch zugleich dachte er an die niedergeschlagene Stimmung des Mädchens, an Morgaines Äußerungen zu dem Mädchen, an seine Abweisung. Die Pferde grasten, unter ihnen auch die braune Stute, noch immer gesattelt, allerdings mit gelockerten Gurten.
    Morgaine stand auf und berührte ihn am Arm. »Bleib hier! Wenn sie fort ist, gut. Sie versteht sich zu sehr aufs Überleben, als daß du befürchten müßtest, sie wäre in die Richtung gewandert.«
    Das Gebrüll kam näher. Nun war auch Hufschlag auf der Straße zu hören, überlagert von ungezügelt rufenden Stimmen. Vanye fluchte und ging mit schnellen Schritten auf die eigenen Pferde zu. Sie durften keine Zeit mehr verlieren: Angreifer kamen den Hügel herauf; die Pferde mühten sich bereits am nassen Hang.
    Im nächsten Augenblick hastete

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