Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan
Entdeckung aufmerksam zu machen. Sie starrte über seinen Kopf in die Richtung, in die er wies; ihr Gesicht schimmerte bleich im Schein der Blitze, und ihre Augen lagen tief in den Höhlen.
»Was ist das für ein Ort?« rief er. »Was kann das sein?«
»Aren«, antwortete sie mit gebrochener Stimme. »Sieht aus wie Aren.«
Aber Morgaine hatte nicht gewartet. Vanye wandte den Kopf und sah, daß sie sich bereits in die Richtung gewandt hatte, die Geräusche wurden vom Lärmen des Wassers überdeckt — sie watete los und führte Siptah in die Flut hinein. Er wischte sich die Augen und versuchte sie einzuholen, jetzt ohne Angst vor uralten Ruinen oder Teufeln oder den unbekannten Sumpfbewohnern. Er fürchtete das Wasser, das an seinem Körper zerrte und gegen seine Knie drückte. Es stieg weiter an, erzeugte Blasen auf der Seite, die der Strömung abgewandt war, hüfttief, brusttief. Er sah den Weg, den Morgaine erstrebte, indirekt von einer hohen Stelle zur anderen, wo jeweils die Bäume standen; er kam auf gleiche Höhe mit ihr, schüttelte die blind machenden Tropfen aus den Augen und versuchte Morgaine den Zügel aus der Hand zu nehmen.
»Geh weiter!« rief er ihr zu, überwältigt vor Angst um sie. Ihr geringeres Gewicht war in der Strömung gefährdeter, ihr Körper ungemein belastet durch die Rüstung, die sie trug. Aber sie weigerte sich energisch, und er erkannte, daß er etwas Unmögliches von ihr verlangte; sie war zu leicht, um loszulassen. Auf der anderen Seite klammerte sie sich am Sattel fest, während sich Siptah ebenfalls gegen die reißende Strömung stemmte. Vanye stand plötzlich schultertief im anstürmenden Wasser, und die Pferde begannen zu schwimmen, gewaltige, verzweifelte Bewegungen der erschöpften Körper.
»Herr!« schrie Jhirun.
Er drehte den Kopf, um sie anzusehen, wandte sich dann in die Richtung ihres Blickes und sah eine gewaltige Masse durch das von den Blitzen erhellte Wasser auf sie zukommen, ein entwurzelter Baum, der von der Strömung mitgerissen wurde.
»Liyo!«
rief er warnend.
Der Baumstamm prallte gegen die Flanke des Wallachs, drückte gegen Vanyes Rüstung, trennte ihn von den Zügeln und trieb ihn gegen den Grauen. Siptah schwang unter dem Aufprall herum, drückte ihn unter Wasser, bedrohte ihn mit wirbelnden Hufen. Wurzeln piekten ihn, hakten sich in seiner Rüstung fest. Vanye kämpfte sich gegen diese Kräfte nach oben, klammerte sich an die unregelmäßige Masse. Sie rollte mit ihm herum und drückte ihn wieder unter Wasser, zog ihn mit sich hinab.
Einen Augenblick der Kälte, der Dunkelheit, dann ein Aufprall.
Er umarmte das Hindernis, während ihm der Baum mit der Gewalt der Strömung gegen den Rücken drückte, wobei die eine oder andere Wurzel abbrach. Er spürte Gestein am Gesicht. Er konnte einen Augenblick lang atmen und inhalierte Luft und schäumendes Wasser. Dann schob sich der Baum zupfend vorbei, und er glitt ab, von der Kraft der Strömung an den Felsen gedrückt, und atmete hustend den Schaum, der um seinen Kopf brodelte. Wieder faßten seine Finger Gestein, und er zerrte sich schmerzhaft ein Stück hoch, atmete einen Mundvoll Luft ein und sah im Halbdunkel andere Steine, das nahe Ufer, das ihm Rettung verhieß.
Verzweifelt ließ er los, der sowieso kein guter Schwimmer war, und kämpfte sich ungeschickt und von der Rüstung und seiner Müdigkeit behindert weiter hoch. Sofort wußte er, daß er falsch gehandelt hatte. Er schaffte es nicht gegen die Strömung. Das reißende Wasser zerrte ihn mit und wirbelte ihn wie ein Blatt um die Biegung — mit dem Bauch nach unten über Gestein, atemlos, den Schädel gegen einen anderen Stein prallend, die gefühllosen Beine angezogen, wobei er matt registrierte, daß er sie eingeknickt hatte, weil es hier ganz flach war. Schwer von Wasser und ohne Kraft in den Gliedern bewegte er sich, fuhr von neuem durch flaches Wasser und Schilfgewirr am Ufer und kroch schließlich zwischen den Steinen an Land. Einen Augenblick lang war er total erschöpft, und der Regen rauschte ihm schmerzhaft auf den Rücken, obwohl er noch die Rüstung trug.
Eine Zeitlang herrschte Dunkelheit, dann schien der Regen in seiner Gewalt nachzulassen. Vanye rührte sich, rollte auf den Rücken und starrte in plötzlicher Angst empor, als er im Licht der Blitze die verfluchten Steine entdeckte, Stehende Steine,
qujalin
-Ruinen, die seinen Körper gebremst und ihm das Leben gerettet hatten. Die Monolithen lehnten wie eine Versammlung von
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