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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Er stellte sich vor, wie sie eine oder zwei Tränen vergoß — dieser Gedanke tat ihm gut — und wie sie, als der Morgen kam und von ihm keine Spur zu finden war, ihren Weg wieder aufnahm und dem Ziel folgte, das sie anlockte.
    Und das würde sie nach Norden führen, auf das Haupttor zu, den Abschied von dieser traurigen, ertrinkenden Welt.
    Plötzlich erkannte er, daß sie sich darauf verlassen hatte, er würde ihre Pflicht erkennen und auch, daß sie das Vernünftige, das Notwendige tun würde — indem sie schnellstens auf die eine Landmarke zuhielt, die es in diesem unsicheren Sumpf gab, den Ort, an dem sich alle Reisenden trafen.
    Die
qujalin-
Straße
.
Sie würde dort sein, überzeugt, daß sich ihr
ilin
dort finden werde, sie würde dem Weg folgen, wenn sie konnte, in dem Bewußtsein, was sie selbst tun würde.
    Er verwünschte sich selbst: plötzlich erfüllte ihn die Angst, daß sie die Straße vor ihm finden würde, daß sie bei Nacht und Unwetter weitergeritten war, daß sie vielleicht eines der Pferde gerettet hatte, während er zu Fuß gehen mußte, unfähig, einen Reitenden einzuholen.
    Er schätzte an der Strömungsrichtung ab, auf welcher Seite die Straße liegen mußte, und wanderte los, wobei er sich durch das Unterholz drängte auf einem Weg, der so gerade war, wie es seine Körperkräfte zuließen.
    Die ersten Steine erreichte er zur Mitte des Vormittags, und alles lag blank wie eine unbeschriebene Seite vor ihm, keine Spuren auf der neuen Schlammschicht, die die Flut hinterlassen hatte, nur der gekrümmte Pfad einer Schlange und die Fährte einer Echse.
    Er setzte sein ganzes Können ein und versuchte winzige Überreste von Abdrücken zu finden, die bei ablaufendem Wasser entstanden sein mochten, fand aber nichts. Erschöpft lehnte er an einem niedrigen Ast, wischte sich die schlammbeschmutzten Hände an den feuchten Hosen ab und versuchte logisch zu denken. Ihn erfüllte eine solche Verzweiflung ob seiner enttäuschten einzigen Hoffnung, daß er dem Wald am liebsten seinen Zorn und Kummer zugebrüllt hätte. Aber da er es inzwischen für unwahrscheinlich hielt, daß sie überhaupt in der Nähe war, brachte er nicht einmal den Mut auf, ihren Namen laut zu rufen in der Erkenntnis, daß ihm nur Schweigen antworten würde.
    Sie war irgendwo vor ihm, sie würde weiter vorn auf die Straße stoßen oder würde noch kommen. Die andere Möglichkeit überkam ihn diesmal mit erschreckender Gewalt. Hastig schlug er sie sich aus dem Kopf.
    Seine einzige Hoffnung, die Antwort auf jede Möglichkeit war es, an dem Ort zu sein, den sie erstrebte; nach Abarais vorzustoßen, so schnell ihm das menschliche Kräfte ermöglichten, und dort zu beten — wenn Gebete in dieser Hölle überhaupt erhört wurden, noch dazu Gebete für Morgaine —, daß sie entweder auf ihn warten oder ihn einholen würde. Wenn er Abarais erreichte, würde er warten und das Tor für sie verteidigen, gegen Menschen, gegen Roh, gegen alle anderen unbekannten Gefahren, bis sie kam oder er starb.
    Er raffte sich auf, bekämpfte ein Schwindelgefühl wie bei jeder plötzlichen Bewegung, hustete und spürte einen grellen Schmerz in der Brust. Sein Hals fühlte sich wund an. Fieber brannte in ihm. Nicht zum erstenmal erkrankte er auf der Flucht; damals verfolgt von seiner Sippe, hatte er das Fieber ausschwitzen und währenddessen in Bewegung bleiben können, wobei er sich auf die Kräfte des Pferdes verließ.
    Diesmal war er auf die eigenen protestierenden Gliedmaßen angewiesen, und das Wasser und seine Bewohner warteten auf seinen Sturz unter die dunkle Oberfläche.
    Auf taumeligem Weg wanderte er die Straße entlang und suchte dabei ein Zeichen auf dem Boden — und dann erkannte er, daß er ja wohl ein eigenes Signal setzen mußte, damit sie seine Spuren nicht für die von Roh hielt und den Abstand wahrte. Er riß einen Ast vom Baum, brach ihn durch und stieß die beiden Enden in den Schlamm, ein schräges Zeichen, das jeder, der Andur-Kursh durchstreift hatte, als geschriebenes Wort ansehen würde:
Folge nach!
Und daneben schrieb er in den Dreck die Namens-Glyphe des Nhi-Klans.
    Dieses Zeichen würde sich halten, bis das Wasser wieder anstieg, was in diesem verfluchten Land wirklich nicht lange ausbleiben würde; aus dieser Überlegung heraus nahm er einen Stein vom Pflaster der verdeckten Straße und ritzte hier und dort Zeichen in die Bäume am Wegrand.
    Die Vorsicht, die er in zwei Jahren Existenz als Geächteter gelernt hatte, da er vor

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