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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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irgend etwas war in ihrem Sinne geregelt worden. Zumindest war er froh darüber. Er stand auf und ging zum Kamin — er hörte sie ebenfalls aufstehen und wußte, daß sie in seiner Nähe stand, als er niederkniete und den Mantel öffnete, der seine wiedergefundenen Sachen umhüllte.
    Die Rüstung, der vertraute Helm, auf den sie aufgepaßt hatte: er war überrascht und erfreut, daß sie ihn noch hatte, als sei sie von einem Gefühl geleitet worden, als habe sie gehofft, ihn wiederzufinden. Dann sein Kettenhemd, gereinigt und vor dem Rosten bewahrt, das Leder stellenweise erneuert; er empfing diese Dinge mit großer Erleichterung, waren dies doch seine einzigen Besitztümer auf der Welt bis auf das schwarze Pferd und den Sattel. Er kannte das Gewicht dieser Dinge so wie er die Schwere des eigenen Körpers kannte.
    Aus dem Bündel fiel plötzlich ein Dolch mit Knochengriff: Rohs Ehrenklinge — ein böser Traum, der sich plötzlich wieder bemerkbar machte. Die Waffe lag anklagend auf den Fliesen. Einen schrecklichen Moment lang fragte er sich, wieviel Morgaine wirklich von den Ereignissen wußte.
    »Nächstesmal«, sagte sie hinter ihm, »mußt du entschlossen sein, ihn zu gebrauchen.«
    Er fuhr sich mit der Hand an die Stirn, um sich bestürzt zu bekreuzigen; er zögerte, vollendete die Geste dann unsicher und war hinterher noch mehr beunruhigt. Er raffte das Bündel mitsamt dem Dolch zusammen und trug alles in das andere Zimmer, wo er vielleicht allein war, wo er in Frieden atmen und sich anziehen konnte.
    Er würde in diesem verfluchten Land auf der anderen Seite der Tore sterben, sagte er sich, während er mit zitternden Fingern an den Bändern der Kleidung zog; soviel war von Anfang an klar gewesen — aber das wirkte nun weniger schrecklich als die anderen Dinge, die sich vor ihm auftaten, die Aussicht, daß er sich Stück um Stück verlieren würde, daß sie alles in Besitz nehmen würde. Ein Mord hatte ihn an ihre Seite gebracht, ein Brudermord; der
ilin
-Dienst war eine gerechte Strafe. Aber er sah klar vor sich, was er gewesen war und was er geworden war; und der Mann, den er heute sah, war des Verbrechens von damals nicht mehr fähig. Was ihn erwartete, war nicht mehr gerecht.
    Er legte die Rüstung an, Leder und Metallglieder, in der er den größten Teil seiner Jugend zugebracht hatte; und obwohl alles frisch angepaßt und der größte Teil des Leders erneuert war, schmiegte sich die Rüstung wie eine zweite Haut an seinen Körper, eine Last, die ihn mit Sicherheit umgab, mit Gewohnheiten, die ihn in Situationen am Leben erhalten hatten, da der Tod wahrscheinlicher gewesen wäre. Plötzlich aber schien ihm die Rüstung keinen Schutz mehr zu bieten.
    Bis Ihr keine andere Wahl mehr habt,
hatte Morgaine ihm warnend gesagt,
so wie ich keine mehr habe.
    Er schob Rohs Dolch in die Scheide an seinem Gürtel, ein Gewicht, das sich in gleichem Maße auf sein Herz legte: diesmal in der vollen Absicht, ihn zu gebrauchen.
    Ein Schatten fiel in den Türeingang. Er hob den Kopf. Morgaine brachte ihm noch ein anderes Geschenk, ein Langschwert in der Scheide.
    Er drehte sich um und nahm es aus den anbietenden Händen; er verneigte sich, hob die Waffe kurz an die Stirn, wie es üblich war, wenn ein Mann von seiner Herrin ein solches Geschenk empfing. Das Schwert war
qujalin,
daran zweifelte er nicht, noch mehr
qujalin
als
Wechselbalg
selbst, das wenigstens von Menschen gefertigt worden war. Doch mit dieser Waffe in den Händen spürte er zum erstenmal auf der Reise durch dieses Land einen Anflug von Stolz, das Gefühl, daß er Fähigkeiten besaß, die ihr wenigstens in geringem Ausmaß wertvoll waren. Er zog die Klinge halb aus der Scheide und sah, daß es sich um eine gute doppelseitige Klinge ohne
qujalin-
Runen handelte. Sie war ein wenig länger als ein Kurshin-Langschwert, und die Klinge war ein wenig dünner, doch mit solcher Waffe verstand er umzugehen.
    »Ich danke dir«, sagte er.
    »Geh niemals ohne Waffe. Ich möchte nicht erleben, daß sich von diesen Leuten jemand auf deinen ungeschützten Rücken stürzt; und sie würden von hinten angreifen. Es sind Wölfe, Verbündete des Zufalls und des gegenseitigen Profits.«
    Er befestigte die Waffe an seinem Gürtel, zog den Ring auf seinen Schultergurt und machte ihn dort fest, brachte das Schwert in eine bequemere Position an seiner Schulter. Ihre Worte hatten etwas in ihm angesprochen, eine plötzliche unerträgliche Vorahnung, die sich um die Tatsache drehte, daß

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