Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
könnte es. Ich kenne nur
sie,
und zwar besser, als Roh es ahnt – und sie will euch nicht schaden. Das will sie nicht.«
»Das ist die Wahrheit«, urteilte Merir. »Wenigstens – glaubst
du,
daß es so ist.«
»Ich habe dich nicht angelogen. Und sie auch nicht.« Vanye versuchte aufzustehen; aber die
arrhendim
leisteten Widerstand und drückten ihn mit den Händen nieder, doch Merir gab ihnen ein Zeichen, ihn loszulassen. Er stand auf und blickte auf den zarten Lord hinab. Übelkeit hatte ihn befallen, und er fühlte sich schwindlig. »Es war Morgaine, die die Shiua von deinem Land fernhalten wollte. Gib mir, gib Roh die Schuld, daß sie dann doch gekommen sind;
sie
hat das vorausgesehen und hat versucht, es zu verhindern. Und dies weiß ich, Lord, daß etwas Böses in der Macht liegt, die du einsetzt und daß dieses Böse dich früher oder später selbst verschlingen wird, so wie es die Shiua überwältigt hat – das Ding, das du da in der Hand hältst. Es zu berühren, schmerzt – das weiß ich, und sie weiß es am besten von allen. Sie haßt das Ding, das sie bei sich führt, haßt vor allem das Böse, das es anrichtet.«
Merirs Augen erforschten ihn, und das opalisierende Licht warf einen unheimlichen Glanz auf sein Gesicht. Dann schloß er den kleinen Kasten, und das Licht verblaßte, ließ sein Fleisch einen Augenblick lang rot erscheinen, ehe es erlosch. »Und jemand, der das trägt, was Roh beschrieben hat, würde es am meisten spüren. Es würde sich dem Träger in die Knochen fressen. Das Feuer, mit dem wir hier umgehen, ist sanfter; das ihre verzehrt. Es gehört nicht hierher. Ich wünschte, sie wäre nie gekommen.«
»Was sie gebracht hat,
ist
hier, Lord. Wenn es schon in anderen Händen als den ihren ruhen muß – sollte sie untergegangen sein – dann möchte ich es lieber in deiner Hand sehen als in denen der Shiua.«
»Und in deiner eher als in der meinen?«
Vanye antwortete nicht.
»Es ist das Schwert – nicht wahr? Die Waffe, die sie nicht aus der Hand geben wollte. Es ist die einzige Sache von dieser Größe, die sie bei sich hatte.«
Widerstrebend nickte er.
»Ich will dir eins sagen, Nhi Vanye, Diener Morgaines: gestern nacht wurde jene Macht entblößt, und ich habe das gespürt wie nie zuvor seit dem Augenblick, da ihr in Shathan auftauchtet. Was, meinst du, ist da geschehen?«
»Das Schwert wurde blank gezogen«, sagte er, und Hoffnung und Angst wogten in ihm empor – die Hoffnung, daß sie vielleicht noch am Leben war, Qual bei dem Gedanken, daß sie bedrängt genug gewesen war, um die Waffe zu erheben.
»Ja, das meine ich auch. Ich werde dich an jenen Ort führen. Du hättest kaum eine Chance, allein dorthin vorzudringen. Du solltest also nicht vergessen,
khemeis,
daß du noch unter meinem Kommando reitest. Mach dich selbständig, wenn du willst, nimm dir gegen meinen Willen Shathan zum Ziel. Oder bleib und akzeptiere die Situation.«
»Ich bleibe«, sagte Vanye.
»Laßt ihn frei!« sagte Merir zu den
arrhendim,
und sie gehorchten, wenn sie auch auf dem Weg zum Feuer dicht hinter ihm blieben.
Roh saß unter Bewachung der Bogenschützen an den Flammen; die
arrhendim
gaben ein Signal, und die Pfeile wurden wieder in die Köcher gesteckt.
Vanye ging zu Roh, und der Zorn ließ sein Blickfeld verschwommen erscheinen: allein Roh, auf den sich sein Gefühl konzentrierte, war klar zu sehen. »Steh auf!« sagte er, und als Roh nicht gehorchte, griff er zu und holte aus. Roh wehrte den Hieb mit dem Arm ab und schlug zurück, doch Vanye nahm den Hieb hin und schlug erneut zu. Roh taumelte und fiel sodann seitlich zu Boden.
Die
arrhendim
warfen sich mit gezogenen Schwertern dazwischen; ein Hieb schnitt eine blutige Wunde, und Vanye zuckte angesichts dieser Warnung zurück. Die Vernunft gewann die Oberhand. Roh versuchte den Angriff zu erwidern, aber die
arrhendim
wußten das zu verhindern.
Roh streckte sich und stand langsam auf. Mit einem düsteren Blick auf Vanye wischte er sich das Blut vom Mund. Er spuckte Blut und fuhr sich ein zweitesmal über die Lippen.
»Ab sofort«, sagte Vanye auf Andurin, »behalte ich meinen Rücken allein im Auge. Und du achtest auf den deinen, Klan-Lord, Cousin. Ich bin
ilin,
nicht dein Diener, welchen Namen du auch tragen magst. Alle Vereinbarungen sind beendet. Ich möchte meine Feinde vor mir sehen.«
Wieder spuckte Roh aus, und der Zorn loderte in seinen Augen. »Ich habe ihnen
nichts
gesagt, Cousin. Aber du legst das wieder mal aus, wie du
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