Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
seine Hiua-Gefolgsleute sind eine kleine Gruppe, so hart sie sich auch geben, und er weiß, wenn er sich eine Blöße gibt, werden ihm die Sumpfbewohner das Gesicht in den Schmutz pressen. Fwar liebt die Macht. Er muß sie haben, so zahlreich seine Feinde auch geworden sind. Er schloß sich Morgaine an, als er dachte, sie könne ihm zur Macht verhelfen, als es so aussah, als könne er ihr Helfer bleiben und in eroberten Gebieten den großen Mann markieren. Er lief zu mir über, als er erkennen mußte, daß er mit den
khal
nicht fertigwurde und daß ich in diesem Lager ebenfalls einen Machtfaktor darstelle. Fwar hält die Sumpfbewohner im Zaum, und das empfinde ich als nützlich. Ich brauche ihn, um hier zu überleben; ohne mich ist er aber auch ein Niemand, und das weiß er – doch solange ich ihn in meinen Diensten habe, herrschen die
khal
nicht über die Hiua oder die Sumpfbewohner in diesem Lager. Und so arrogant die
khal
auch sind, sie wissen, daß sie in der Minderzahl sind, und daß die Menschen, die ihnen noch dienen, dem Vieh gleichzustellen sind, wie sie es selbst immer getan haben.
Kein Shiua-Mensch kommt gegen Sumpfbewohner oder Hiua an, und natürlich lieben nicht alle Menschen, die unter der Macht der
khal
gelebt haben, ihre Herren aus vollem Herzen, nicht einmal die Menschen, die die Brandzeichen im Gesicht tragen. Im Grunde haben die
khal
große Angst vor ihren eigenen Dienstboten, und so geben sie sich größte Mühe, sie grausam zu behandeln, um die Angst der anderen am Leben zu erhalten – aber das darf man nicht offen aussprechen. Zum einen wäre es keine gute Sache, wenn die Menschen dahinterkämen, meinst du nicht auch? – Noch ein Stück Brot?«
»Ich bekomme nichts mehr hinein.«
»Seit Hetharu an die Macht gekommen ist, haben sich die Dinge im
khal-
Lager verändert«, fuhr Roh mit einem Kopfschütteln fort. »In einigen Angehörigen dieser Rasse bestand durchaus der Hang zur Anständigkeit. Doch mit der Zeit konnten nur die Stärksten überleben; sie waren im Grunde aber nicht die Lebenstüchtigsten.«
»Du hast dir Hetharu als Verbündeten ausgesucht – zu einem Zeitpunkt, da dir andere Möglichkeiten offenstanden.«
»Richtig.« Roh füllte beide Becher nach. »Es wird mich ewig bekümmern, daß ich mich für ihn entschied. In der Wahl meiner Verbündeten habe ich noch nie viel Glück gehabt. Cousin – was meinst du, wo
ist
Morgaine?«
Vanye verschluckte sich beinahe, so trocken wurde sein Mund.
Er griff nach dem Becher, trank einen großen Schluck und ignorierte die Frage.
»Ihr Ziel, das sie drüben am Fluß suchte«, fuhr Roh fort, »ist bestimmt die Kontrollstation – ich bin davon überzeugt; Hetharu ebenfalls. Hetharus Patrouillen werden die Gegend durchkämmen – haben das sicher schon auf der Suche nach ihr getan. Hetharu möchte die Hiua hinter ihr herschicken. Mir behagt es nicht, Fwar fortzuschicken, aus Gründen, die auf der Hand liegen; Fwar hat auch keine große Lust, nur weiß sogar er, wie gefährlich es ist, wenn Morgaines Waffe Hetharus Leuten in die Hände fiele. Hetharu lebt zweifellos in großer Angst vor Leuten wie Shien – er möchte nicht, daß selbst seine eigenen Artgenossen Hand an das Schwert legen. Ich muß gestehen, daß mir der Gedanke nicht behagt, daß Fwar es schwingen könnte. Natürlich hätte Fwar dich unter dem Pferd liegen lassen und sie weiter verfolgen sollen; bei nüchterner Überlegung sieht er das auch ein, aber – er hat Angst vor ihr: nicht nur er hat schon ihren Waffen gegenübergestanden, und so war seine Vernunft von Angst überschattet – von Angst und seinem besessenen Haß auf dich. Er riskierte einen Pfeil gegen sie auf große Entfernung, doch in unmittelbarer Nähe
Wechselbalgs...
nun, das ist doch eine ganz andere Sache, zumindest in seiner Einschätzung jenes Augenblicks. Fwar braucht manchmal ein wenig Zeit, um zu erkennen, wo sein Vorteil wirklich liegt; sein Überlebensinstinkt im Augenblick echter Gefahr ist zuweilen stärker als sein Sinn für langfristige Erwägungen. Heute bedauert er seine Entscheidung; aber der Augenblick ist verstrichen – es sei denn, du hilfst uns.«
»Dann ist der Augenblick unwiderruflich vorbei«, sagte Vanye und erstickte beinahe an den Worten. »Ich werde euch nicht helfen.«
»Frieden, Frieden! Ich rate dir, von Angriffen gegen mich abzusehen. Und schlag dir
khalur
-Taktiken aus dem Kopf; ich hätte gestern abend ebenso handeln können wie sie, wäre ich dazu aufgelegt gewesen.
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