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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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Die kleinen Fahnen flatterten leicht in der Brise, und ich wechselte das Thema. »Sagen Sie mir jetzt, was eigentlich los ist?« Das Tonic Water schäumte, als ich es in den Wodka goss.
    »Entschuldigung«, sagte er und lockerte seine Krawatte. »Also ehrlich, manchmal tut es so richtig gut, sie abzunehmen. Vor allem, wenn es so verdammt heiß ist.« Er warf sie achtlos auf den Stuhl neben sich. »Diese Leuchtturmgeschichte. Ich wollte gestern Abend noch hinausfahren, doch anscheinend rechnet man mit rauer See, weshalb die Küstenwache es nicht erlauben wird. Wir müssen bis morgen warten.«
    »Was für eine Leuchtturmgeschichte? Warum wollen Sie dorthin?«
    »Was Sie mir am Strand erzählt haben, hat mich nachdenklich gemacht. Das mit dem wandernden Licht. Erinnern Sie sich, dass auf dem Video das Licht so seltsam flackerte?«
    Ich rief mir das geisterhafte Licht wieder ins Gedächtnis und nickte.
    »Wir konnten uns darauf keinen Reim machen. Die Spurensicherung hat immer wieder versucht, dahinterzukommen. Wir dachten, es seien vielleicht die Lichter eines Nachtclubs, die an- oder ausgehen und durch ein Fenster in den Raum fallen. So wie im Verlies des Generals. Aber da stimmen die Farben nicht. Sie haben das Band mehrfach ablaufen lassen und festgestellt, dass das Flackern exakt alle zwei Minuten auftritt. Wie bei einem Leuchtturmstrahl eben.« Er sah mich triumphierend an und prostete mir zu. »Und, wie Sie selbst so treffend bemerkt haben, steht der nächste funktionsfähige Leuchtturm in Beachy Head.«
    »Sie meinen also …«, sagte ich und starrte dabei in mein Glas, als wäre es eine Kristallkugel, die mir ein klares Bild von alldem geben würde. Das Eis schmolz bereits in der schwülen Sommerhitze. »Sie glauben, Louis könnte im Leuchtturm sein?«
    »Jess, ich habe Ihnen bereits gesagt, dass wir so weit nicht gehen können. Möglicherweise habe ich Ihnen schon zu viel verraten. Ich möchte nicht, dass Sie sich zu sehr aufregen. Aber natürlich besteht eine gewisse Möglichkeit, Kindchen.«
    Ich knallte mein Glas auf den Tisch. »Warum zum Teufel sitzen wir dann noch hier herum? Warum sind wir nicht längst draußen und suchen nach ihm?«
    »Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass im Moment die Strömungsverhältnisse zu gefährlich sind. Wir können aber nur in einem sehr kleinen Boot hinausfahren. Im Moment wäre das zu riskant.« Er streckte die Hand nach mir aus. »Setzen Sie sich, bitte. Ehrlich gesagt bin ich im Moment genauso frustriert wie Sie.«
    »Das bezweifle ich, Silver«, schnappte ich. »Was soll denn der ganze Quatsch: Wenn ich so mein Baby zurückbekomme, schwimme ich dort raus. Zum Henker mit der blöden Strömung. Los, kommen Sie.«
    Er stand nun auch auf und trat auf mich zu. Die Sterne hinter ihm füllten den Himmel, der sich über der melasseschwarzen See wölbte. Die Nacht schien ewig zu dauern.
    »Gleich morgen früh brechen wir auf, versprochen. Im Morgengrauen. Es ist alles arrangiert. Sie müssen nicht mehr lange warten. Bitte, Jessica, versuchen Sie, noch ein wenig Geduld aufzubringen.«
    »Wie denn? Wo zur Hölle soll ich denn noch einen Funken Geduld finden?« Ich nahm einen Schluck von dem Wodka und ging zum Rasen hinüber, dann zurück. Die Rasenfläche fühlte sich unter meinen nackten Füßen fest und kitzlig an. »Ich habe das Warten allmählich satt, Silver. Eine Woche lang habe ich nur abgewartet. Ich fühle mich so … so nutzlos. So absolut überflüssig. Ich bin eine Mutter, die ihr Kind hätte beschützen sollen und das nicht getan hat. Stattdessen habe ich zugelassen, dass jemand anderer ihn mit sich nimmt, und jetzt, jetzt …
    Sehen Sie mal, ich sitze hier und trinke Wodka mit einem … einem albernen Fatzke von Polizisten.«
    »Vielen Dank.« Er schien nicht besonders erschüttert. »Gehen Sie nicht so hart mit sich ins Gericht.«
    »Was erwarten Sie denn? Wie soll ich mich denn Ihrer Auffassung nach verhalten? Wie würden Sie reagieren? Können Sie sich auch nur annähernd vorstellen, wie es wäre, wenn eins Ihrer eigenen Kinder betroffen wäre?« Jetzt warf ich ihm den Fehdehandschuh zu. »Sie würden wohl kaum nur so herumsitzen, oder?«
    Langsam schüttelte er den Kopf. »Nein, wohl nicht. Ich stelle es mir schlimmer als die Hölle vor. Meine Kinder fehlen mir unglaublich, aber ich weiß wenigstens, wo sie sind.« Er fasste mich sanft an den Schultern. Sein Gesicht lag im Schatten, aber ich spürte seinen Blick voller Mitleid auf mir ruhen. »Sehen Sie mal,

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