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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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das Mikro,»… ich persönlich glaube nicht, dass er etwas damit zu tun hat.«
    Dann ins Telefon: »Kelly. Ich will noch einmal mit Gorek Patuk sprechen. Finden Sie ihn.« Unglücklich bemerkte ich, dass sie sich im Kreis drehten. Wie ich es eben auf der Heide getan hatte. Ich musste etwas tun, weil ich einfach genug hatte. Ich würde meinen Sohn selbst finden.
    Ich wachte viel zu früh auf. Es war so stickig in meinem Zimmer, dass ich nicht mehr einschlafen konnte. Schließlich schlüpfte ich aus dem Bett und ging nach unten in die Küche. Ich überprüfte Louis’ Webseite darauf, ob vielleicht neue Hinweise eingegangen waren, und änderte die Zählung der Tage: »Seit 12 Tagen«. So schwarz auf weiß sah es schrecklich aus. Es gab nur ein paar Kommentare von Verrückten und von einer Frau, die mittlerweile jeden Tag schrieb. Ihr Mann hatte ihr Kind nach Pakistan entführt, und so machte sie ihrer Verzweiflung Luft, indem sie über die Entführung von Kindern durch Väter schimpfte. Mir half das alles nichts. Ich öffnete die Hintertür und atmete tief ein. Die Stille um mich herum war fast zu greifen. Im Garten bewegte sich nichts. Kein Blatt, kein Lüftchen. Die stehende Luft, meine Sehnsucht und das ewige Warten ließen mich beinahe ersticken. Ich lehnte mich an die Tür und schloss die Augen. Ich spürte, dass Louis näher war. Mein Sohn war in der Nähe. Ich fühlte es.
    Den Morgen verbrachte ich dann an Mickeys Krankenbett. Der Anblick seiner Verletzungen machte mir immer noch Schwierigkeiten, aber nun hatte ich ja meine eigenen und konnte mit ihm durchaus gleichziehen. Er wollte wissen, was mir passiert sei, und so murmelte ich etwas vor mich hin, in dem das Wort »General« vorkam, und versuchte, das Unbehagen, das sein Aussehen mir verursachte, zu verbergen. Ich zeigte ihm Fotokopien von den Fotos, die man von Louis gemacht hatte. Mickey schien erleichtert zu lächeln, als er sie ansah.
    »Ich vermisse ihn so«, sagte er ruhig und zeichnete mit dem Finger Louis’ Gesichtchen nach. In diesem Augenblick liebte ich ihn, weil er fühlte, was ich fühlte. Ich erzählte ihm von Maxine und Robbie, den er ja nie kennen gelernt hatte. Auch dass ich nicht glauben konnte, dass mein Bruder etwas mit der Entführung zu tun haben sollte. Er drückte mir die Hand. »Vielleicht musst du es einfach akzeptieren, Jessica, wie sehr du ihn auch magst«, sagte er. Natürlich konnte er recht haben. Aber das gefiel mir gar nicht. Dann entschuldigte er sich, weil er sich kaum noch erinnern konnte. »Es heißt, dass die Erinnerung irgendwann zurückkommen wird, nur wann, weiß offensichtlich keiner«, sagte er in schmerzlichem Ton.
    »Freust du dich darauf, dass du jetzt bald zu Hause bist?«, sagte ich mit einer Munterkeit, nach der mir keineswegs zumute war. Ich hatte das Gefühl, als blitze es in seinen Augen auf. Er sah weg.
    »Es ist nur, weil Louis nicht mehr da ist«, stotterte er. Ich hatte das unangenehme Gefühl, er würde gleich zu weinen anfangen. Panisch überlegte ich, was ich sagen sollte: »Es wird alles gut«, meinte ich mit falscher Fröhlichkeit. »Sicher ist er bald wieder zu Hause.« Wenn ich meinen eigenen Worten nur hätte glauben können. »Wenn es dir nichts ausmacht, Mickey, würde ich jetzt lieber gehen. Ich muss noch die – die Polizeiberichte anhören.« Ich plapperte unsinniges Zeug, aber es fiel mir unglaublich schwer, mit anzusehen, wie nah ihm das alles ging. Mein erschöpftes Gehirn fragte sich, was wohl zwischen Mickey und mir noch da war, jetzt, wo es keinen Sex mehr gab und unser Sohn verschwunden war. Nicht, dass mir dieser Gedanke gefallen hätte.
    Nervös zupfte ich an den Blumen auf seinem Nachttisch herum. Plötzlich packte er meine Hand und kniff mich dabei schmerzhaft. Ich schnitt eine Grimasse und zog die Hand zurück: »Aua, Mickey, das hat weh getan.«
    »Es ist wegen Agnes«, brummte er. »Ich glaube, sie ist in der Stadt.« Er räusperte sich. »Ich glaube, sie hat versucht, hier hereinzukommen, als ich weg war.«
    »Weg?«, sagte ich verständnislos.
    »Ohne Bewusstsein«, erklärte er ungeduldig. Eiskrallen schlugen sich in meine Eingeweide. Heftig rammte ich eine Dahlie hinter ein Büschel Grün. »Ich bin bei ihr gewesen«, murmelte ich.
    »Was?« Sein Mund wurde dünn und hart, wie es passierte, wenn ich in Gesellschaft etwas Dummes gesagt hatte.
    »Ich habe sie gesehen«, fügte ich trotzig hinzu. Ich konnte nicht anders. »Sie ist sehr schön, nicht wahr? Ich wollte wissen,

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