Morgen ist der Tag nach gestern
geschafft. Pech!“
Böhm lenkt den Wagen auf die Landstraße.
„Nein, Achim. So einfach wird das leider nicht. Der Mann ist erschossen worden.“
8
Begonnen hat alles mit dem 21. Juni 2001. Ein Mittwoch. Ein Sommertag mit bedecktem Himmel. In der Nacht hatte es geregnet und der Morgen war kühl
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Er hebt den Kopf und sieht in die Nacht hinaus. Die Bilder dieses 21. Junis schieben sich aus der Dunkelheit. Wie ein Dia, dessen Schärfe man reguliert, werden die Konturen sichtbar. Jener Mittwoch war von dieser gereinigten Frische, die den Staub der warmen, trockenen Tage in die Erde zurückspült und einen tiefer atmen lässt.
Ich war gegen sieben Uhr aus Amsterdam zurück. Die Fahrer hatten sich nach einer kurzen Kaffeepause wieder auf ihre LKWs gesetzt und waren unterwegs zu den Großmärkten
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Daniel beendete in diesem Sommer die Ausbildung und hatte seine Abschlussprüfung in Rechnungswesen
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Die Kinder mussten nach dem Frühstück alle zur gleichen Zeit los. Daniel nahm Simon und Miriam mit und setzte sie am Gymnasium ab. Das hatte sich so eingebürgert. Er benutzte den Wagen meiner Frau, dafür nahm er seine Geschwister mit. Ich erinnere mich, dass er an diesem Morgen nervös war und Simon und Miriam zur Eile drängte. Marion, meine Frau, sagte: „Daniel, es ist doch noch Zeit!“ Sie strich ihm übers Haar. „Mach dich nicht verrückt. Du schaffst das!“
Ich erwähne das, weil Marion meine zweite Frau und nicht die leibliche Mutter von Daniel und Simon ist
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Wieder sieht er zum Fenster hinaus. Er weiß noch, dass er eine merkwürdige Mischung aus Gerührtheit und Stolz empfand. Er hatte diesen Augenblick nur flüchtig genossen, kaum wahrnehmbar, so wie man einen leichten Wind an schwülen Tagen dankbar, und doch gleich wieder vergessend, hinnimmt.
Die Kinder gingen um halb acht aus dem Haus. Miriam trödelte und Simon schnappte sich kurzerhand ihren Tornister und ging damit zum Auto. Daniel hatte das Auto schon angelassen, als Marion noch mal hinauslief und Miriams Butterbrotdose durch das Beifahrerfenster reichte. Dann fuhren sie vom Hof. So wie sie es immer getan hatten
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Der Vormittag war dann wie tausend andere verlaufen. Ich wartete natürlich auf Daniels Anruf, mit dem er mir das erlösende „Bestanden“ mitteilen sollte. Aber es machte mich nicht unruhig. Ich hegte keine Zweifel
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Meine Frau räumte den Frühstückstisch ab und ging in den angrenzenden Hauswirtschaftsraum. Ich hörte, wie sie die Waschmaschine befüllte und das Radio einschaltete. Die nächsten drei Stunden verbrachte ich im Büro mit Buchführung und geschäftlichen Telefongesprächen
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Gegen elf Uhr rief Daniel an und sagte genau das, was ich erwartet hatte. „Bestanden, Papa! Bestanden mit Eins! Damit bin ich jetzt der Beste meines Jahrgangs!“ Ich gratulierte ihm und ging hinüber ins Haus, um es Marion zu sagen. Sie umarmte mich, als hätte ich diese Prüfung gemacht, und eine Minute später war sie damit beschäftigt, wie wir das gebührend feiern könnten. Daniel würde in die Firma einsteigen! Ein Grillfest mit allen Mitarbeitern. Heute Abend mit der Familie schick essen gehen. Eine Überraschungsparty! Sie sprudelte nur so vor Ideen
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Er legt den Stift auf die Schreibunterlage. Das war einer dieser glücklichen Momente gewesen. Sie mit geröteten Wangen, damit beschäftigt, Daniel einen unvergesslichen Tag zu schenken. Sein Vaterstolz.
Während wir lachend ein Fest planten, hatten wir keine Ahnung, dass es keine Feste mehr geben würde
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Während wir uns fröhlich eine heile Zukunft vorstellten, hatte sie bereits begonnen, aber ganz anders, als von uns erträumt
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9
Die Fußgängerzone ist noch ohne Kunden. Der Ständer mit den Sonderangeboten steht schon draußen neben dem Schaufenster. Auf der Scheibe ist in blauen, verspielten Buchstaben „Uschi’s Boutique“ zu lesen. Gegenüber stellt Helmut Wolters seine Werbetafel auf den Platz. Grillfleisch bietet er an, fertig mariniertes Grillfleisch und hausgemachte Bratwurst.
Er hebt die Hand. „Morgen Uschi.“ Sie grüßt zurück, indem sie ihren Gehstock kurz anhebt. „Morgen Helmut. Hast du’s schon gehört?“
Helmut Wolters kommt über den Platz.
„Wat meinste?“
„Das Sommerhaus vom Horstmann ist abgebrannt. Heute Morgen in aller Frühe“, sie schüttelt den Kopf, „bis auf die Grundmauern runtergebrannt.“
„Tja, dad bleibt ja nich aus, bei der Hitze. Ne kleine Unvorsichtigkeit und schon …!“ Er zieht die hohe Stirn unter den
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