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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Und jetzt? – Hau ab! Verschwinde! Die Lina hat einen anderen, der mehr ist als du. Er kann so schön mit den Geldstücken klimpern und spendiert dem Schwiegerväterchen mal ein Päckchen Tabak und der lieben Schwiegermutter ein Fläschchen Likör. Schämt euch! Ihr seid eine Bande!«
    Er wandte sich ab und rannte aus der Wohnung. Knallend fiel hinter ihm die Tür ins Schloß. Völlige Stille herrschte nun in der Küche. Dann trat Franz Stahl ans Fenster und schaute hinunter auf die Straße. Seine Stirn lag in Falten, das altersspitze Kinn war vorgeschoben.
    »Jetzt geht er über die Straße. Mein Gott, er rennt ja fast. Der hat es eilig. Der will von uns nichts mehr wissen, Emma. Und was das Schönste ist: er hat recht. Er hat mit Recht vor uns ausgespuckt. Ich hätte es an seiner Stelle auch getan. Glaub mir, Emma, ich schäme mich.«
    Er stand auf und trat in die Mitte der Küche, schleuderte plötzlich seine Pfeife zu Boden, wo sie zerbrach und der glimmende Tabak über die Dielen spritzte.
    »Bist du verrückt?!« rief Emma. »Soll die Wohnung niederbrennen?!«
    Und sie machte sich sofort an die nötigen Säuberungsarbeiten.
    Franz sagte nichts mehr, sondern wandte sich ab und schlurfte in das Schlafzimmer. Dort legte er sich auf das kariert bezogene Bett und starrte hinauf zur getünchten Decke. Die Schatten der Nacht und die Scheinwerfer der draußen vorbeifahrenden Autos zauberten bewegliche Kreise und helle Flecke an den Plafond. Manchmal zuckte es auch grell, als risse ein Blitz den Stuck auseinander. Da faltete der Alte die Hände und schloß die Augen.
    »Herr, vergib uns unsere Schuld«, flüsterte er. »Vergib uns Menschen, was wir am Menschen sündigen …«
    In einer kleinen verräucherten Schankstube in der Altstadt saß unterdessen Fritz Bergschulte und blätterte in dem Fernsprechbuch der Stadt Minden. Vor ihm stand ein Glas Bier, dazu ein Steinhäger, ein Teller mit einer langen, blanken Wurst und einem Häufchen fettglänzenden Kartoffelsalats. Ein knackfrisches Brötchen lag daneben. Hinter der nickelglänzenden Theke stand mürrisch der dickliche Wirt herum und wartete auf die Besatzung des Stammtischs, die sich, wie üblich, für 20 Uhr angesagt hatte.
    Langsam glitt der Zeigefinger Bergschultes die kleingedruckten Rubriken entlang: Erhardt, Erjart, Erkardt, Erlanger, Erling, Ermann … Da war es: Ermann, Bau- und Stukkateur-Geschäft, 5834.
    Er blickte auf, trank einen Schluck Bier und schnitt mit dem stumpfen Messer mühsam, nach wiederholten Ansätzen, die Wurst an. Während er kaute und sich den Kartoffelsalat noch etwas ungeschickt auf die Gabel schob, dachte er nach.
    Paul Ermann, der große, rotbärtige Chef, unter dem er so viele Bauten gemauert hatte. Der mußte ihn doch wiedererkennen, der mußte auch Arbeit für ihn haben – gerade jetzt im Mai, wo die Bausaison begann und überall die Gerüste emporwuchsen. Vor allem konnte er aber auch bezeugen, wer Fritz Bergschulte war, nämlich der Mann, der vor Jahren und einmal sogar während seines Verwundetenurlaubs bei ihm gearbeitet hatte.
    Fritz nahm einen Bierdeckel, schrieb die Telefonnummer 5834 darauf und steckte ihn in die Tasche. Dann aß er zu Ende, trank seinen Steinhäger und sein Bier aus und stand dann auf. Während er zur Telefonzelle ging, die sich in einer Ecke der Wirtschaft befand, warf er dem mißgestimmten Wirt das Geld für die Zeche auf die Theke, schloß dann die Tür hinter sich und steckte 20 Pfennig in den Geldschlitz des Apparats. Sorgfältig drehte er die Wählscheibe.
    5 – 8 – 3 – 4
    Jedesmal, wenn die Scheibe zurücksurrte, fühlte er einen Stich in der Brust. Ich drehe an meinem Schicksal, dachte er. Wenn mir Ermann Arbeit und eine Unterkunft gibt, bin ich gerettet. Dann habe ich wieder einen Anfang, dann habe ich sogar eine Perspektive, denn wo steht es denn – ach ja – in jeder Zeitung: Die Spätheimkehrer werden überall bevorzugt!
    Er preßte die Hörmuschel eng an das Ohr und lauschte. Dann knackte es in der Leitung, und eine Mädchenstimme sagte: »Hier bei Ermann.«
    »Könnte ich Herrn Paul Ermann sprechen?« fragte Fritz Bergschulte. »Sagen Sie Herrn Ermann, daß ein alter Bekannter am Apparat wäre.«
    »Ihr Name, bitte?«
    »Bergschulte.«
    »Bergschulte? Gut, warten Sie bitte. Ich werde Herrn Ermann benachrichtigen …«
    »Besten Dank.«
    Fritz Bergschulte lehnte sich an das Brett, das unter dem Telefon angebracht und zur Ablage von Taschen, Handschuhen oder vielleicht auch zum

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