Morgen komm ich später rein
gemacht hat oder beim Liebeskummer
von jener Kollegin mitfühlen. Man verbringt viel Zeit am Kaffeeautomaten und muss dann abends länger bleiben, weil man seine
Arbeit nicht fertig bekommen hat.«
Aus gutem Grund persiflieren erfolgreiche TV-Serien wie das britische
The Office
den Büroalltag als Ansammlung von Irrationalität, Menschenfeindlichkeit und Zeitverschwendung. Ebenso wie die deutsche Fassung
Stromberg
artikuliert sie offensichtlich ein tief sitzendes Unwohlsein vieler Menschen mit dem absurden Angestellten-Alltag. Auch in
Büchern wird das Büro immer wieder als wenig |35| erbaulicher Ort charakterisiert. »Die graue, trostlose Umgebung, die Leute, die man sich als Kollegen nicht ausgesucht hat,
die deprimierenden Kantinen, die Rauch- und Trinkverbote, die herablassenden ›Firmenleitsätze‹ an den Wänden.« Der britische
Schriftsteller Tom Hodgkinson erinnerte sich 2007 in seinem Bestseller
Anleitung
zum Müßiggang
an jene Zeit, als er für einen »richtigen Job« im Büro arbeitete: »Ich erfuhr, dass keineswegs Vergnügen, Zufriedenheit und
Geld, sondern Miesepetrigkeit, Not und Groll der einzige Lohn für mein Sklavendasein waren.« Kurz: »Ich würde sagen, die ganze
Erfahrung war reine Zeitverschwendung, außer, dass mir klar wurde, wie ätzend langweilig und freudlos ein Büro sein kann.«
Die französische Autorin Corinne Maier landete 2004 einen Bestseller, als sie in ihrem Buch
Die Entdeckung der Faulheit
die verbreitete Kultur des Nichtstuns und der inneren Kündigung in Unternehmen ihres Heimtlands amüsant analysierte. Alain
de Botton schilderte 2006 in
Statusangst
, wie Ehrgeiz und Ambition das Leben des sozialen Aufsteigers vergiften. Und der deutsche Journalist Jakob Schrenk beschrieb
2007 in
Die Kunst der Selbstausbeutung
wie unser soziales Leben weitgehend in der Firma stattfindet und wir vor lauter Arbeit unser Leben verpassen. Dilbert-Erfinder
Adams schließlich, der in seinen Comics den kompletten Irrsinn des Bürolebens karikiert, bekommt pro Tag über 200 E-Mails
von Lesern. Die einen loben die Treffsicherheit seines Witzes, die anderen wollen ihn mit neuem Material aus der eigenen Firma
versorgen. In seinem Buch
Das Dilbert Prinzip
, das ausnahmsweise aus mehr Text als Zeichnungen besteht, gibt Adams seinen Anhängern ganz praktische Tipps, wie sie in der
amerikanischen Bürovariante, dem durch Trennwände unterteilten Großraum namens »Cubicle«, überleben. Zu den Grundfähigkeiten
gehört demnach: Informationen zurückhalten, falsche Ratschläge geben, Kollegen systematisch entmutigen, sowie ihnen die eigene
Arbeit aufdrücken und Lob für die Leistungen anderer kassieren. Adams: »Das Büro ist für ›Arbeit‹ geschaffen worden, nicht
für Produktivität. ›Arbeit‹ kann definiert werden als ›alles, was man lieber nicht täte‹. Produktivität ist etwas grundsätzlich
anderes.«
|36| Viele kennen das: Nicht selten wird im Büro viel Energie darauf verschwendet, Arbeit zu vermeiden, Intrigen zu spinnen, Kollegen
zu kritisieren und noch mehr darauf, über den Chef und überhaupt alles zu meckern. »Negative Emotionen sind hochgradig ansteckend«,
sagt Christian Dormann, Organisations- und Wirtschaftspsychologe an der Universität Mainz in einem Interview mit der
Wirtschaftswoche
: »Das ist wie bei einem Virus.« Es brauche nur eine kritische Masse an Griesgramen und Neurotikern im Betrieb, damit sich
das gesamte Gruppenklima verschlechtert. Psychische Störungen sind mittlerweile die dritthäufigste Ursache für Krankmeldungen.
»Büro ist Krieg«, so Stromberg-Darsteller Christoph Maria Herbst lakonisch. Etwas realistischer kann man wahrscheinlich festhalten:
Büros sind – wie alle sozialen Kristallisationspunkte – in erster Linie Ort der Politik. Hier werden Karrieren verhandelt
und Aversionen gepflegt. Hier spinnen wir Romanzen und pflegen Freundschaften. Oder daddeln einfach nur an Computerspielen
und versenden private E-Mails. Das muss nicht schlecht sein, im Gegenteil: Wenn wir schon so viel Zeit im Büro verbringen,
dass es eigentlich unsere gesamte Lebenswirklichkeit und all unsere zwischenmenschlichen Kontakte definiert, dann dürfen wir
dort auch lieben, hassen, spielen, flirten. Es behaupte nur keiner, dass es dabei in erster Linie ums Arbeiten geht.
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Der tägliche Weg zur Arbeit
Erstmal müssen wir ja von zu Hause an den Schreibtisch kommen. Haben wir uns morgens aus dem
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