Morgen komm ich später rein
Wirtschaft in Köln, würden den Verkehr um jährlich vier Milliarden Kilometer Fahrleistung entlasten.
Weder historisch noch biologisch sind wir dazu verdammt, uns jeden Morgen zur gleichen Zeit aus dem Bett zu quälen, um an
einen Schreibtisch am anderen Ende der Stadt zu kommen. Das Büro ist eine gewachsene Kulturtechnik, und unterliegt als solche
der ganz normalen Evolution sozialer Normen. Auch wenn es natürlich lange Zeit viele gute Gründe gab, ins Büro zu gehen: Hier
fanden wir die Arbeitsmittel, die wir uns zu Hause niemals hätten leisten, geschweige denn Platz für diese schaffen können.
Hier gab es den |41| Kopierer, den wir täglich benutzten, die Akten, in die wir schauten, die Ablagen und Archive mit denen wir arbeiteten, und
die Kollegen, mit denen wir den Tratsch vom Wochenende austauschen mussten.
Heute klingt all das nach Schreibmaschine und Tageslichtprojektor, nach Linoleumboden und Kantine, also hoffnungslos altmodisch.
Heute haben wir online Zugang zu den meisten Informationen und Archiven, sind Dokumente elektronisch, ist der Aktenlauf durch
den digitalen Workflow ersetzt, die vielen großen Bürogeräte durch einen kleinen Computer und die Kollegen erreichen wir per
Handy, Skype oder E-Mail besser als in der Kaffeeküche. Kurz: Das gute alte Büro mit Einzelzimmern rechts und links vom Gang
ist eine Institution des letzten Jahrhunderts. Und damit werden auch Arbeitsweg und Rush-Hour obsolet. Nicht nur Umweltschützer
werden das für eine gute Nachricht halten.
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|42| Kapitel 2
Burn-out und Bore-out
Jeder Erfolg hat seinen Preis.«
Oliver Stone, Wall Street
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Weshalb wir immer zu viel oder zu wenig zu tun haben
Eigentlich ist es ein Unwort aus den achtziger Jahren: Der »Burnout« gehört zu lieb gewonnenen Management-Klischees wie der
moralische Verfall, den der amerikanische Schriftsteller Bret Easton Ellis in seinem Buch
American Psycho
anprangert oder das irrationale Machtgehabe der
Business-Class
, über die sein Schweizer Kollege Martin Suter so unterhaltsam parliert. Burn-out, also die besonders ausgeprägte berufliche
Erschöpfung, das scheint als ästhetisches Phänomen so passé wie Michael Douglas’ Hosenträger im Wirtschaftsfilm-Klassiker
Wall Street
von 1987. Als 30 Jahre später zwei Wissenschaftlerinnen eine Studie unter Führungskräften zum Thema Burn-out und dem viel
beschworenen Gegenmittel, der Work-Life-Balance unternahmen, sprach einiges dafür, dass die erfolgreichen Manager dieses Thema
als reines Medien- oder Mode-Phänomen abtun würden. Umso überraschender ist das Ergebnis der Umfrage, die Ruth Stock-Homburg,
BWL-Professorin an der Technischen Universität Darmstadt, mit ihrer Kollegin 2007 unter 42 aktiven und ehemaligen deutschen
Topmanagern durchführte: 38 der Befragten räumten der Work-Life-Balance eine große Relevanz ein. Klischee oder nicht – die
deutschen Führungskräfte haben offenbar ordentlich Stress.
»Das Thema Work-Life-Balance hat in den vergangenen Jahren an Brisanz gewonnen«, sagt Ruth Stock-Homburg. Sie schätzt die
Kosten |43| für den Ausfall von Topmanagern, die an Burn-out-Symptomen leiden, jährlich auf mehrere Millionen Euro. Dagegen hilft Schwitzen
und Kuscheln: Über 50 Prozent der befragten Manager brauchen körperliche Bewegung, um richtig abschalten zu können – Sport
stellt für sie den wichtigsten Ausgleichsfaktor zum Job dar. An zweiter Stelle kam mit 15 Nennungen die Familie. Beides lässt
sich mit ständiger Anwesenheitspflicht im Büro kaum vereinbaren. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer fordert denn auch
eine Ergebnisstatt Anwesenheitsorientierung in ihren Firmen. »Im Gegensatz zu anderen Ländern wird in Deutschland gern danach
geschaut, welches Auto abends noch auf dem Parkplatz steht«, so Stock-Homburg im
manager magazin
.
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Weniger Freiheit = mehr Stress
Doch nicht nur Manager und Führungskräfte fühlen sich durch die ständige Schreibtischsitzerei ausgebrannt: Vor allem der ganz
normale Arbeitnehmer ist den Anforderungen seines Berufslebens offenbar immer weniger gewachsen. Das legen zumindest die Ergebnisse
der größten Untersuchung nahe, die je zum Thema Arbeitsbelastung in Auftrag gegeben wurde: Über mehrere Jahre untersuchten
Forscher die Gesundheit, Arbeits- und Lebensumstände von rund 10 000 britischen Staatsbediensteten mittleren Alters. Der wichtigste
Unterschied
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