Morgen komm ich später rein
weit verbreitet hat, wie es die Förderung durch die EU-Kommission
und die Bundesregierung in den neunziger Jahren hätte vermuten lassen: Nicht einmal jedes fünfte Unternehmen in Deutschland
bietet seinen Beschäftigten Telearbeit an.« Größte Barriere sei immer noch die Notwendigkeit eines neuen Führungsstils der
Vorgesetzten, nämlich »Führen mit Zielvereinbarungen. Deutschland hängt noch viel zu sehr der Anwesenheitskultur nach, die
USA sind da deutlich weiter.« Kann der Chef nicht genau definieren, was seine Mitarbeiter bis wann erledigen müssen, behelfen
sich eben alle, indem sie den ganzen Tag im Büro Arbeit simulieren. Allerdings stehe uns in Deutschland, so die Forscherin,
»ein Telearbeitsboom bevor«, denn: »Die Mitarbeiter gewinnen Zeitsouveränität, die Unternehmen profitieren von effizienteren
Arbeitsabläufen und höherer Produktivität. Andererseits spielen weder die Kosten für Hardware oder Telekommunikationsverbindungen
eine entscheidende Rolle.« Ihre Erfahrung: »In Firmen, die Telearbeit eingeführt haben, heißt es fast immer: Schade, dass
wir nicht früher damit begonnen haben!«
Noch sehen Beschäftigte die Möglichkeit, zum Arbeiten nicht an ihrem Schreibtisch sitzen zu müssen, weitaus positiver als
ihre Chefs. Laut einer europaweiten Studie der Marktforscher Coleman Parkes nutzen Manager die mobile IT deutlich weniger
als ihre Mitarbeiter. Denn viele Entscheider sind offenbar vom Nutzen des mobilen Arbeitens noch nicht überzeugt – nur 39
Prozent der Führungskräfte glauben, dass es Effektivität und Effizienz deutlich verbessert. Anders ihre Untergebenen: Zwei
Drittel der befragten Angestellten glauben an eine Steigerung der Produktivität, wenn sie auch von unterwegs aus arbeiten
könnten. Die Chefs haben vermutlich Unrecht: Vieles deutet darauf hin, dass flexible Arbeitsweisen |89| die Produktivität tatsächlich spürbar erhöhen (mehr dazu im Kapitel 11).
US-amerikanische Konzerne haben das dort auch gern als »postgeografisch« bezeichnete Büro mit deutlich mehr Begeisterung für
sich entdeckt. Neben IBM gibt es AT&T, einen der weltweit größten Telefonkonzerne, bei dem ein Drittel aller Führungskräfte
keinen festen räumlichen Arbeitsplatz hat. 41 Prozent der Manager sind reguläre Telebeschäftigte und arbeiten ein bis zwei
Tage pro Woche von zu Hause aus. Nur jede zehnte Führungskraft praktiziert bei AT&T keine Telearbeit. Die Mitarbeiter geben
bei Umfragen an, dadurch Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, produktiver zu sein und sich stärker an das Unternehmen
gebunden zu fühlen. Sun Microsystems, die unter anderem Hochleistungscomputer und Software verkaufen, lassen die Hälfte der
Belegschaft arbeiten, wo sie will, sparen dadurch 300 Millionen Dollar pro Jahr an Immobilienkosten und den Mitarbeitern im
Schnitt zwei Stunden Arbeitsweg. Das Programm nennt sich dort »Open Work«.
Schon im Jahr 2005 arbeiteten von den 135 Millionen Erwerbstätigen in den USA etwa ein Drittel oder 45 Millionen regelmäßig
von zu Hause – allerdings zählte die Dieringer Research Group dabei jeden, der dies auch nur mindestens einmal im Jahr getan
hat. Eine Studie der »Society for Human Resource Management« ergab für 2007, dass satte 56 Prozent der 590 befragten US-amerikanischen
Unternehmen bereits irgendeine Form von flexibler Telearbeit anboten, im Vergleich zu 51 Prozent im Jahr 2006. Allerdings
ist auch diese Zahl womöglich eher hoch angesetzt, da die Firmen sich selbst einschätzen konnten und vermutlich als besonders
fortschrittlich dastehen wollten.
In jedem Fall steht fest, dass die Zahl mobiler Telearbeiter in den USA deutlich gestiegen ist. Im Vergleich: Im Jahr 2000
hatte die amerikanische Statistikbehörde US Census gerade mal 4,2 Millionen gezählt. Und der Trend setzt sich fort – für eine
Immobilienstudie der Unternehmensberatung Boston Consulting wurden Geschäftsführer großer amerikanischer Unternehmen befragt.
85 Prozent waren der Ansicht, dass die Anzahl derart befreiter Mitarbeiter in |90| den nächsten fünf Jahren erheblich steigen wird. Studienleiter Neel Bhatia sieht drei Gründe für den Wandel: »Erstens die
Technologie. Zweitens die Kostenersparnis bei Büroimmobilien, drittens die bessere Mitarbeiterbindung.«
Chuck Wilsker, Präsident der amerikanischen Telework Coalition bemerkt dazu, dass sich die Motivation der Unternehmen, derartige
flexible Modelle
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