Morgen komm ich später rein
nennt, mit schnellen Autos und abenteuerlichen Erlebnissen in fernen Ländern – und muss
dafür nur vier Stunden pro Woche arbeiten. Nicht pro Tag, wohlgemerkt. Man könnte Timothy Ferriss also als aufschneiderischen
Spinner abtun, hätte er über seine Theorie nicht ein Buch geschrieben, das es 2007 innerhalb |93| kürzester Zeit auf Platz eins der Wirtschaftsbuch-Hitliste des
Wall Street Journal
schaffte. Und dann auf Platz eins der Bestsellerliste der
New York Times
.
Hat er seine Leser mit einer knackigen aber inhaltsleeren Pointe geködert? Kann man so nicht sagen. Tatsächlich lesen sich
die Thesen, die er in seinem Blog weiterspinnt, unterhaltsam und oft durchaus plausibel. Eins steht jedenfalls fest: Ferriss
hat mit dem Versprechen, seine Landsleute von Bürotrott und Arbeitslangeweile zu erlösen, einen Nerv getroffen – und das nicht
nur in den USA. Sein Buch wurde in 26 Sprachen übersetzt und in Ländern von Brasilien bis Thailand verlegt – in Deutschland
erschien es unter dem Titel
Die 4-Stunden-Woche
. Bevor man sich aus dem Bürotrott ausklinken und luxuriös um die Welt reisen kann, muss man, so Ferriss, seine eigene Arbeit
effizienter und effektiver gestalten. Es sind nicht nur unsere Chefs, die uns an den Schreibtisch ketten – wir sind es selbst.
Schuld ist das zeit- und nicht leistungsabhängige Gehaltssystem. Wer für eine bestimmte Dauer der Anwesenheit im Büro bezahlt
wird, hat keinen Anreiz, seine Arbeit schneller zu erledigen – ist er statt nach acht schon nach fünf Stunden fertig, muss
er trotzdem vor seinem Computer sitzen bleiben und so tun, als würde er arbeiten. Bis auch die Kollegen und der Vorgesetzte
gehen. Darum füllen wir unseren Tag immer mit Arbeit – egal, wie viel wir wirklich zu tun haben. Anders herum: Mit dem Ziel
vor Augen, dass wir nach getaner Arbeit nicht sowieso noch bis zum Feierabend im Büro hocken müssen, gibt es für uns einen
Anreiz, unsere Arbeit schneller und effektiver zu erledigen. Wenn niemand mehr die Zeit misst, die wir am Schreibtisch verbringen,
haben wir das größtmögliche Interesse, diese Zeit so stark wie möglich zu reduzieren.
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Nicht alle Arbeit ist gleich wichtig
Der italienische Ingenieur, Soziologe und Ökonom Vilfredo Pareto untersuchte Anfang des letzten Jahrhunderts die Verteilung
des Volksvermögens in Italien und fand heraus, dass etwa 20 Prozent |94| der Familien rund 80 Prozent des Vermögens besitzen. Banken sollten sich also vornehmlich um diese 20 Prozent der Menschen
kümmern und ein Großteil ihrer Auftragslage wäre gesichert. Daraus leitet sich die Pareto-Verteilung ab, die in vielen soziologischen
und ökonomischen Zusammenhängen Anwendung findet: Sie besagt, dass sich Aufgaben am besten erledigen lassen, indem man sich
auf die wichtigsten 20 Prozent konzentriert und die übrigen 80 Prozent vernachlässigt. Das heißt konkret: Wenn ich morgens
im Büro ankomme und feststelle, dass ich heute zehn Dinge zu tun habe, dann ist es wahrscheinlich so, dass acht Dinge nicht
irrsinnig wichtig sind, zwei aber kritisch. Genau diese zwei sind oft auch schwierig oder unangenehm, also schiebe ich sie
auf und beschäftige mich übermäßig lang mit den acht weniger wichtigen. Das ist natürlich genau der falsche Weg.
Statt stundenlang nebensächliche E-Mails zu beantworten, nicht zeitkritische Routineaufgaben zu erledigen oder Unterlagen
zu sortieren, müsste ich den einen Anruf beim wichtigsten Kunden machen. Das eine Gespräch mit meinem Chef führen. Mich verdammt
noch mal zusammenreißen und das eine Konzept aufschreiben, das ich so lange vor mir herschiebe. Jeden Tag damit zu beginnen,
zwei wirklich wichtige Dinge zu erledigen, erhöht die Effektivität ungemein. Vor jeder Aufgabe sollte ich mich fragen: Ist
das jetzt wirklich wichtig oder mache ich es nur, um mich vor der wichtigen aber unangenehmen Sache zu drücken? Grundsätzlich
ist ein guter Indikator für kritische Aufgaben, dass ich sie schon länger auf meiner To-do-Liste vor mir herschiebe. Wenn
ich diese Regel anwende, werden viele der verbleibenden 80 Prozent Aufgaben noch unwichtiger – und teils ganz überflüssig
werden. Sich auf die zentralen 20 Prozent zu konzentrieren, reduziert die Arbeitslast.
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Arbeit braucht so viel Zeit, wie für sie vorgesehen wurde
Das Parkinsonsche Gesetz hilft, die Aufgabenflut weiter unter Kontrolle zu bringen. Der britische
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