Morgen komm ich später rein
Aufgaben für die wir unter normalen Bürobedingungen einen ganzen Tag gebraucht hätten, in vermutlich
weniger als der Hälfte der Zeit zu erledigen. Die gewonnene Zeit sollten wir dann aber auch zur Erholung nutzen, zur Ablenkung
oder indem wir neue Fertigkeiten erlernen, die nichts mit der Arbeit zu tun haben – Ferriss zum Beispiel paukt in seiner
vielen Freizeit Fremdsprachen und trainiert Kampfsport. Ich selbst mache endlich wieder Musik, habe die Padi-Prüfung für Taucher
absolviert, Skilanglauf gelernt, gehe wieder regelmäßig ins Fitnessstudio, lese Bücher und reise um die ganze Welt. Suchen
Sie sich aus, wozu Sie Lust haben, aber – ein wichtiger Tipp: Nur zu faulenzen ist kein nachhaltiges Ziel für die Zeit, wenn
Sie nicht mehr den ganzen Tag im Büro verbringen werden. Lernen Sie Neues, fordern Sie sich in bisher unbekannten Bereichen.
Nebenbei setzen Sie so auch Kreativität frei, die dann beim Job wieder nützt.
»Früher hieß es: Je länger es dauert, desto härter arbeitet man«, erklärt Lynne Lancaster von der Unternehmensberatung BridgeWorks
der
New York Times
: »Das neue Denken geht so: Wenn ich den Job perfekt beherrsche und schneller fertig bin als alle anderen – wieso kann ich
dann nicht früher nach Hause gehen?« Gute Frage. Warum denn eigentlich nicht? Weil der Alltag im Büro, ehrlich gesagt, meist
nicht so wirkt, als wäre das einfach möglich. Erstmal müssen wir also die täglichen kleinen Nervereien in den Griff bekommen.
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Ausbruch aus dem Teufelskreis im Büro
Was für ein Tag … Zu sagen, ich sei heute gestresst, wäre eine schamlose Untertreibung. Alle zehn Minuten schaufelt mein Mailprogramm
fünf bis 15 neue Nachrichten in die Inbox. Mitarbeiter aus allen möglichen Abteilungen haben Fragen, Wünsche, setzen mich
bei den absurdesten Konversationen in Kopie – lesen muss ich das alles trotzdem, könnte ja wichtig sein. Das Telefon klingelt
abwechselnd mit dem Handy, manchmal auch gleichzeitig. Während ich versuche, den Ausdruck der Zahlenkolonnen aus unserer Buchhaltung
zu verstehen, geht schon wieder die Tür auf und ein Kollege |98| schaut Mitleid erregend: »Hast Du mal eine Minute?« Na gut, eine Minute. Als er geht, platzt der Chef rein: »ALARM! Wir haben
eine GANZ schwierige Situation! Du musst SOFORT …«
Noch vor einem Jahr war das für mich ein ganz normaler Arbeitstag. Aber was heißt hier arbeiten? Wenn mich doch mal jemand
gelassen hätte. Über die katastrophalen Auswirkungen von zu viel Ablenkung im Büro habe ich schon im ersten Kapitel geschrieben.
Jetzt soll es um die Lösung gehen. Sie ist im Grunde einfach, aber extrem schwer in die Praxis umzusetzen. Sie lautet schlicht:
Weniger kommunizieren. Das klingt in Zeiten ständiger Erreichbarkeit anachronistisch und ist doch die modernste Form des Umgangs
mit all unseren Smartphones, Instant Messengern, Mail-Accounts. Nicht kommunizieren – das können wir in der Regel nur sehr
schlecht und zwar hauptsächlich aus zwei Gründen: Angst und Sucht. Angst, wichtige Informationen zu verpassen. Angst, dass
es Ärger gibt, wenn man die E-Mail nicht sofort beantwortet. Angst vor dem Vorgesetzten, der einen nicht erreichen konnte.
Und Sucht. Nach Anschluss. Nach Neuigkeiten. Nach Ablenkung von was auch immer ich jetzt eigentlich dringend machen müsste.
Die Kehrseite des totalen Stresstags ist der langweilige Tag im Büro. Der Tag der Routineaufgaben, an denen ich alle zwei
Minuten auf den Abrufknopf der E-Mail klicke. Die Sucht, wenn ich nach Feierabend im Restaurant noch mit dem Blackberry Nachrichten
checke – das Gerät wird in den USA auch »Crackberry« genannt, in Anlehnung an die Droge mit dem höchsten Abhängigkeitspotenzial
– oder wenn ich im Urlaub unbedingt das nächste Internetcafé finden muss, um mich auf dem Firmenserver einzuloggen.
Untersuchungen wie die von Bill Jensen zeigen, dass jeder aus dem Teufelskreis der ständigen Ablenkung und Überlastung ausbrechen
kann. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler erforscht Arbeitsreduzierung – so fand er in empirischen Studien unter
Arbeitnehmern zwischen 1998 und 2003 heraus, dass die häufigste Tätigkeit in Büros das Weiterschieben von Arbeit an andere
ist. Jensens ebenso praktische wie verblüffende Handlungsanweisungen: Bis zu 50 Prozent aller Meetings schwänzen, 75 Prozent |99| der E-Mails löschen, viel öfter Nein sagen. Jensens Untersuchungen
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