Morgen komm ich später rein
zeigt: Der reisende Manager mit dem Handy am Strand ist für eine Business-Elite schon heute Alltag,
doch die Hoffnung auf damit verbundene Freiheit oft noch ein romantisches Traumbild. Die meisten Business-Flieger haben weder
Zeit noch Lust, ihre nackten Füße vom Ozean umspülen zu lassen, während die Firma am Handy ist. Das Versprechen funktioniert,
weil die Wirklichkeit oft eine andere ist. Wer einige Zeit an Flughäfen verbracht hat, kennt die triste Realität der modernen
mobilen Handlungsreisenden. Den gestressten Flexicutive, der – kaum aus dem Flugzeug gestiegen – gleich seinen Blackberry
zückt. Und statt der Sonne von Buenos Aires, der Architektur von Kopenhagen oder der spektakulären Neonreklame Shanghais doch
wieder nur die Flut größtenteils überflüssiger Kollegenmails studiert.
Natürlich waren Außendienstler und andere Geschäftsreisende im Grunde die Pioniere der Easy Economy, weil ihre Bedürfnisse |106| die Computer- und Telekommunikationsindustrie zu immer neuen Höchstleistungen der Verkleinerung, Drahtlosigkeit und Mobilität
animierten. Sie waren diejenigen, die noch nie länger als nötig am Schreibtisch gesessen haben und denen der technische Fortschritt
ihre schon immer flexible und mobile Arbeit heute massiv erleichtert. Diese Art zu arbeiten ist nicht für jeden erstrebenswert.
Aber die Motivation von Festangestellten, künftig ebenfalls zur Easy Economy gehören zu wollen, kann auch eher lustgetrieben
als funktional motiviert sein. Anders als Außendienstler müssen sie nicht ständig unterwegs sein. Aber vielleicht macht es
ja mehr Spaß, als jeden Tag im Büro zu hocken. Das Vorbild des Freiangestellten könnte vielleicht eher der reisende Filmemacher
sein, der abends im Hotel am Mac-Book das gedrehte Material studiert. Der Professor, der im Zug seine Vorlesung vorbereitet,
wenn ihn gerade die Inspiration überkommt. Der Ingenieur, den die Naturbetrachtung im tropischen Regenwald zu einer bahnbrechenden
Erfindung inspiriert. Kurz: Menschen, die Mobilität nicht erleiden, sondern genießen. Für die Kreativität und Freiheit untrennbar
verbunden sind. Die – um mit Csikszentmihalyi zu sprechen – immer arbeiten und nie arbeiten. Die ihre Befreiung vom Schreibtischzwang
nutzen, um auf überraschende neue Ideen zu kommen. Denen die intelligente Vermischung von Arbeit und Freiheit so viel mehr
Lebensqualität beschert.
Wie die Mitarbeiter des amerikanischen Unternehmens Patagonia, das Freizeit- und Sportbekleidung herstellt, folglich gern
hochaktive Mitarbeiter rekrutiert und diese seit jeher Surfen gehen lässt, wenn der Wind günstig steht oder zum Skifahren,
wenn Neuschnee liegt. »Arbeit muss Spaß machen«, verkündet Firmengründer Yvon Chouinard: »Wir schätzen Angestellte, die ein
reiches und ausgeglichenes Leben führen und haben darum schon immer eine flexible Arbeitskultur gepflegt.« Patagonia-Mitarbeiter
lieben Sport und ihre Freiheit, darum gilt im Unternehmen die so genannte »Let my people go surfing flextime policy«: Mitarbeiter
können spontan zum Sport gehen, sich tagsüber fortbilden oder zu Hause sein, wenn die Kinder aus der Schule kommen, »so lange
die Arbeit ohne negative Auswirkungen auf Kollegen erledigt wird«, so Chouinard.
|107| Im Folgenden sollen einige Begriffe und Lebensstile unterschieden werden, zwischen denen die Easy Economy oszilliert. Ob Sie
künftig eher ein moderner Nomade oder Mitglied des emanzipierten Jetset sein wollen, zur Digitalen Bohème gehören möchten,
gern einfach in einer Firma arbeiten würden, die Sie auch mal zum Sport gehen und Zeit mit den Kindern verbringen lässt oder
ob Sie es gar schaffen, einen radikal mobilen Lifestyle zu pflegen, bleibt Ihnen überlassen. Bei der Entscheidung wird es
Ihnen helfen zu sehen, welche Ausprägungen möglich sind.
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Moderne Nomaden und emanzipierter Jetset
Die Metapher des modernen Nomaden geistert schon so lange durch Fachliteratur, Utopien und Pseudo-Analysen von Trendscouts,
dass ihre Glaubwürdigkeit stark überstrapaziert scheint. Und doch veröffentlichte die seriöse britische Wirtschaftszeitschrift
Economist
Mitte 2008 einen großen Sonderteil mit dem Titel: »Nomads at last«, in dem sie argumentiert, dass trotz aller verfrühten Prognosen
nun endgültig das Zeitalter der digitalen Nomaden angebrochen sei. Erstmals hatte vermutlich der legendäre Medientheoretiker
Marshall McLuhan in
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