Morgen letzter Tag!
und der Wahrnehmung integriert worden ist. Aufgrund dieser Totalität gibt es jetzt keinen Weg mehr, der aus dem » Gestell« herausführen würde. Die Welt wird unter diesem Gesichtspunkt total zu Ikea. Alles wird mit Plan, Bauanleitung und Inbusschlüssel geliefert, sogar man selbst. Ab jetzt kann nur noch geschraubt werden. Doch wie wir Ikea-Kunden wissen, geht das oft schief.
Kleiner Einschub:
Und tatsächlich haben wir gar nicht so sehr die Welt wirklich unseren Bedürfnissen angepasst, sondern leider nur dem, was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt über unsere Bedürfnisse wussten. Ein Beispiel, das wie immer für einen generellen Trend stehen kann: Viele Bauern in Bayern versuchen, im Zuge der Optimierung der Welt dafür zu sorgen, dass auf ihren Wiesen, auf denen sie Grünfutter produzieren, keine Blüten mehr wachsen. Blüten zu erzeugen ist für die Pflanze mit hohem Energieaufwand verbunden. Unterdrückt man aber die Blüte, dann bleibt die ganze Energie in den Grünpflanzen, was sie wiederum als Super-Kraftfutter für ihre Super-Leistungskühe effizienter macht. Der unbeabsichtigte Nebeneffekt dieser Praxis ist aber, dass die Bienenvölker sich immer schwerer tun, genügend Nahrung für sich zu finden, weil es ja keine Blüten mehr gibt, die sie anfliegen könnten. (Eine weitere mögliche Ursache für das mysteriöse weltweite Bienensterben.) Doch sind die Bienen erst einmal tatsächlich weg (so weit sind wir noch nicht), dann hat man im Zuge der Effizienzsteigerung dafür gesorgt, dass ein wesentlicher Mechanismus der Fortpflanzung in der heimischen Flora nicht mehr funktioniert. Das aber wiederum könnte dazu führen, dass die Bauern in Zukunft auf künstliche Reproduktionswege angewiesen sind. Sie werden also genmanipuliertes Saatgut kaufen müssen, und Firmen wie Monsanto werden in einem Ausmaß mächtig, wie es das noch nicht gegeben hat. Sozusagen » Soylent«-mächtig.
Zusammenfassend kann man sagen, dass jeder Eingriff zur Anpassung der Umwelt an die Bedürfnisse des Menschen unter dieser Antinomie leidet. Jeglicher Eingriff kann sich in der Zukunft als katastrophal herausstellen.
Einschub Ende.
Andersherum aber kann man sagen: Ohne die technische Verbesserung der defizitären körperlichen Grundausstattung wären wir Menschen ausgestorben. Wir sind auf Prothesen als Erweiterungen unseres Körpers existenziell angewiesen. Und wir haben uns im Verlauf der letzten drei Millionen Jahre Entwicklung deswegen an jedes Klima– und topografischen Raum– der Erde angepasst, weil wir uns die Orte unseres Wohnens immer auch passend gemacht haben. Auf eine kurze Formel gebracht, kann man sagen: Mensch = Technik. Da aber ebenfalls gilt, dass der Mensch wie alles andere eine Hervorbringung der natürlichen Evolution ist, kann man schließen, die Technik (also der » geschraubte« Mensch) ist ebenso » natürlich« wie alles andere um uns herum. Das aber bedeutet, dass wir den Begriff » natürlich« vollkommen erodiert haben. Er ist sinnlos geworden. Man kann an dieser Stelle also den Ausgangssatz des Kapitels neu formulieren: Der Mensch kann nicht zurück zur Natur, weil er nie weg war. Wir waren und sind niemals abgetrennt von der Welt, die uns umgibt.
Der haarlose Affe mit den einander gegenüberstehenden Daumen und dem großen Gehirn ist das Ergebnis eines absichtslosen Selektionsprozesses, der ein Bewusstsein hervorbringt, und der Affe mit Ich passt in der Folge nicht nur sich seiner Umgebung an, er passt auch seine Umgebung seinen Bedürfnissen an. Das war im kleinen Rahmen schon immer so.
Abholzung oder Brandrodung verändert die Umwelt, um bei der Jagd oder später bei der Landwirtschaft dienlich zu sein. Doch seit es Veränderungen im » Geiste« gegeben hat, die mit der Verwendung von fossilen Rohstoffen einhergingen, da veränderten die Menschen erstmals ihre Umwelt in ganz großem Stil. Wenn man die Schadstoffkonzentration in der Atmosphäre und die in den letzten 200 Jahren ausgestorbenen Arten betrachtet, dann wäre unser Handeln ungefähr äquivalent zum Einschlag eines mehrere Kilometer großen Meteors. Die Menschheit haut rein.
Aber ebenso, wie ein in die Erde einschlagender Asteroid nicht mehr von der Welt getrennt gedacht werden kann, weil er ja durch seinen Impact Teil derselben geworden ist, kann man auch den Menschen nicht sinnvoll von seiner Umwelt abtrennen. Diese wechselseitige Durchdringung zeigt sich besonders plastisch in der Tatsache, dass sich laut Untersuchungen des WWF
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