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Morgen letzter Tag!

Morgen letzter Tag!

Titel: Morgen letzter Tag! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Süß
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Menschheit gar nicht mehr recht alt, sondern sieht nur alt aus.
    Der Optimist: Und wir sehen jung aus. Sicher, das Leben ist nicht gerecht. Sicher, wir Menschen sind überhaupt eine Plage. Aber deswegen bin ich ja auch beim VHEMT Mitglied.
    Der Pessimist: Muss ich das kennen?
    Der Optimist: Voluntary Human Extinction Movement. Das ist die Bewegung für das freiwillige Aussterben der Menschheit.
    Der Pessimist: Das gibt’s?
    Der Optimist: Sicher.
    Der Pessimist: Geh, du willst mich verarschen.
    Abb. 4:
    Der Optimist: Nein, überhaupt nicht. Google es doch!
    Der Pessimist (zieht sein iPhone hervor und googelt):

    Der Pessimist: Mach mich fertig. May we live long and die out. Klingt ein bissl wie die Begrüßungsformel der Vulkanier.
    Der Optimist: Nein, bei denen heißt es » live long and prosper«
    Der Pessimist: Und die haben jetzt also den » prosperen Wohlstand« gegen » aussterben« ersetzt. Passt irgendwie. Man stirbt ja am Wohlstand aus.
    Der Optimist: Sicher. Es gibt einfach zu viele Menschen. Wir sind eine Belastung für unsere Erde. Für Gaia.
    Der Pessimist: Mh… Mh… Mutti!
    Der Optimist: Ja, mach du dich nur lustig. Aber es ist dir doch klar, dass wir zu viele sind, die zu viel verbrauchen und zu viel Vernichtung anrichten. Deswegen geht es darum, die Bevölkerungsexplosion mit einem negativen Bevölkerungswachstum umzukehren. Wir Menschen sind eine Belastung für die Welt. Und weil wir das erkannt haben, ist es nur vernünftig, wenn wir Verantwortung übernehmen und gepflegt aussterben.
    Der Pessimist: Ja, aber das kriegen wir doch anscheinend auch so hin.
    Der Optimist: Es muss aber freiwillig sein, sonst ist es nicht zivilisiert.
    Der Pessimist: Ah, so. Und was ist jetzt der Vorschlag? Massenselbstmord?
    Der Optimist: Nein, keine Gewalt. Das ist eine höchst humane Bewegung. Die Idee geht auf die alten Griechen zurück, die gemeint haben, es wäre besser, nicht geboren worden zu sein.
    Der Pessimist: Bissl spät, sich in deinem Alter abtreiben zu wollen.
    Der Optimist: Stimmt, aber wenn man eingesehen hat, dass man als humaner und zivilisierter Mensch die Welt nicht weiter mit seiner Anwesenheit verschmutzen darf, dann darf man sich wenigstens nicht mehr reproduzieren und das Leid der Existenz der nächsten Generation antun.
    Der Pessimist: Und man spart sich die Windeln und die Pubertät der Blagen. Aber wieso Leid? Du hast doch eben gesagt, das Leben jetzt ist so super und du willst murmelalt werden.
    Der Optimist: Sicher. Dialektik, mein Freund. Ich will zwar alt werden. Aber ich will auch keinem Nachkommen die Zumutung antun, in dieser Welt zu leben, die wir ja immer mehr zugrunde richten. Weil man ja immer, wenn man lebt und handelt, die Welt verletzt. Das ist wie die Erbsünde.
    Der Pessimist: Du willst also ewig leben, aber dabei aussterben, um die Welt vor dir zu retten.
    Der Optimist: Sicher. Genau.
    Der Pessimist: Ja, das könnte, wenn’s ganz schlimm kommt, beides klappen. ( Zündet sich eine Zigarette an.)
    Der Optimist: Jetzt rauchst du ja doch wieder.
    Der Pessimist: Das Suchtgedächtnis ruft.
    Der Optimist: Und was ruft es?
    Der Pessimist: Arbeite an deinem Tod, dann lebst du wirklich.
    Der Optimist: Na also, da hörst du’s ja.

2. Vorhang – Die Welt geht unter
    Balconing. Das ist eine » Jackass«-lustige Mutprobe unter jungen Europäern, die in Spanien Urlaub machen und sich dann im Suff vom Hotelbalkon aus in den Pool stürzen. Manchmal stürzt einer daneben. Im Jahr 2010 waren zehn Tote nach Balconing zu beklagen. Gut, was heißt zu beklagen? Das sind so die Informationen, bei denen man sich sagt: Ah, unsere Zivilisation stürzt ab… ach, was soll’s?

Zurück zur Natur– oder alles Ikea?
    Das Aussterben, dieser Daseins-Super- GAU , ist uns längst zur denkerischen Option geworden. Und bei allem latenten Schuldgefühl, das man dabei hat, das Wahre, Schöne und Gute einfach dem Nirwana zu überantworten, hat die Vorstellung doch auch etwas Entlastendes. Nicht ohne Lustgewinn wird die Idee des Nicht-Seins, oder besser des Nicht-mehr-Seins, in dem erfolgreichen Buch »Die Welt ohne uns« von Alan Weisman (München 2009) durchphantasiert, das inzwischen sogar zu einer Doku-Serie aufgestiegen ist. (Sie können aber auch » abgestiegen« sagen. Das hängt vom je unterschiedlichen Grad des Kulturpessimismus ab.) Der Mensch sieht zufrieden zu, wie die Welt ohne die Befleckung durch den Menschen wieder in ihren » Naturzustand« zurückkehrt. Wir lernen: Auch mit konsequentestem

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