Morgen letzter Tag!
Erdenbewohnern jedenfalls unsere Erde bewusst geworden. Das ist es, was Apokalypse bedeutet. Das griechische Wort für » Offenbarung«.
Der nächste große Schritt in Richtung » Offenbarung der einen Welt« wurde 1969 von Neil Armstrong getan. Lustigerweise eben nicht auf der einen Welt, sondern auf ihrem öden Trabanten. Sie erinnern sich, auch wenn Sie nicht dabei waren, denn es erinnert sich jeder, Armstrong sagte alldorten den Satz des 20 . Jahrhunderts, der längst in unser kollektives Gedächtnis eingegangen ist: » That’s one small step for (a) man, one giant leap for mankind.« Menschenskinder, was für ein Satz! Und das, obwohl er missverständlich war, um nicht zu sagen falsch. Denn gesagt wurde: Die Menschheit hat einen entscheidenden Schritt in Richtung Fortschritt gemacht. Gemeint war aber: Wir haben es geschafft. Wir haben beim Weitpinkeln gewonnen. Wir sind die Ersten. Die Russen haben verloren. Ätsch. Immerhin war auch die Raumfahrt von Beginn an nur eine Nebenbranche der militärischen Ballistik. Der ideologisch flexible, raketenbegeisterte Wernher von Braun träumte zwar von Jugend an davon, in den Weltraum vorzustoßen. Ebenso wie auf der russischen Seite Sergej Koroljow (der sowjetische Raketenmann). Beide phantasierten schon in ihren frühen Jahren von Raumstationen und von Mond- und Marsflug. Aber Geld für ihre Forschungen gab es auf beiden Seiten nur, weil Militärs sich sagten, auf so eine Rakete muss man doch keine kleine Kapsel für Astronauten schrauben. Da geht doch ein zünftiger Mehrfachsprengkopf dran. Und auch dann, als die beiden ihre Chefs dahingehend bezirzt hatten, sie doch a bissl im All spielen zu lassen, (Herr von Braun war inzwischen entbraunt worden und in Amerika), ging das nur als groß angelegtes ideologisches Peniszeigen. Die Frage, die zur Debatte stand, war: Wer hat den längsten? Und wer kann am weitesten? Und in diesem Sinne kann man den Flug zum Mond nicht als entscheidende Weiterentwicklung der Menschheit bezeichnen. Platte Angeberei dürfte eher schon seit der Steinzeit Usus gewesen sein. Aber in anderer Hinsicht war es eben doch ein » giant leap«; nur eben nicht weg von der Erde, sondern im Gegenteil zu ihr hin. Als die Astronauten nämlich von ihren Kurztrips außerhalb der Erdatmosphäre zurückkamen, sagten sie nicht ausschließlich ideologisch Verwertbares. Das auch. Aber eben nicht nur. Sie hatten wohl eine recht ungewöhnliche körperliche Erfahrung gemacht, die nicht ohne Folgen geblieben ist. Sie hatten sich dem kalten, verstrahlten, tödlichen Weltall ausgesetzt. Geschützt von einer künstlichen Atmosphäre in ihren kleinen Hightech-Blechdosen. Und sie hatten aus dieser Gefahrensituation heraus zurückgeblickt auf die Erde. Blau, lebendig, warm und kostbar erschien sie ihnen. Die Erde ist– aus einiger Entfernung betrachtet– recht schön. Sicher, es ist wie bei allem, geht man näher ran, verliert sich das Schöne, und das Profane wird sichtbar. Aber vor allem zeigten die Bilder aus dem All eines: Die Erde ist begrenzt. Von radioaktivem, 270 Grad kaltem luftleerem Raum. Man wollte also das All als Fluchtpunkt und Kolonialgebiet gewinnen und fand wiederum den eigenen Planeten. » Es ist unglaublich. Man zwinkert mit den Augen und schaut hinaus. Man weiß wohl, dass diese dreidimensionale Erde, die da vor uns liegt, enorm groß ist. Aber aus unserer Perspektive ist alles unverständlich. Sie liegt mitten im Nichts…«, sagte der amerikanische Astronaut Eugene Cernan auf dem Flug zum Mond mit Apollo 10 . Das hatten die anderen unten inzwischen auch bemerkt. Natürlich waren diese leisen Töne zunächst kaum zu hören unter all dem » Hurra«-Gebrüll der Siegesvollzugsmeldungen der NASA . Aber sie waren da.
Schon zur Mondlandung 1968 schrieb der Schweizer Denker Friedrich Dürrenmatt, er sei » wieder Ptolemäer« geworden. Denn der Blick aus dem All rückt die Erde wieder ins Zentrum der Welt, zumindest dann, wenn man auf etwas wohnen wollte.
1 972 wurde der erste Zustandsbericht der Menschheit veröffentlicht: »Die Grenzen des Wachstums« (Stuttgart 1972). Der Astronaut Gerhard Thiele kennt sie nicht: » Würden wir beschließen, uns auf unseren eigenen Planeten zu beschränken, käme das dem Entschluss gleich, nicht mehr zu wachsen. Doch die Menschheit kann nur überleben, wenn wir uns weiterentwickeln. Sollten wir jemals damit aufhören, werden wir im wahrsten Sinne des Wortes aussterben.«
Da werden jetzt zwei Dinge ungut miteinander
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