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Morgen letzter Tag!

Morgen letzter Tag!

Titel: Morgen letzter Tag! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Süß
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ausbeuten, dann rebellieren sie, ziehen sich zum Guerillakrieg in den Dschungel zurück, bekommen Waffen und Geld aus Moskau, und insgesamt hat man einen Riesenärger. Möglicherweise inklusive Dominoeffekt in den Nachbarstaaten. Ganz schlimme Sache. Das konnte jetzt nicht mehr passieren. Sicher, es konnte immer noch Aufstände geben, wenn man die Bauern so plattmachte, dass sie kaum überleben konnten, aber Geld und Waffen aus Moskau gab es keine mehr. Also wäre jeder Aufstand billig und problemlos niederzuschlagen. Folglich konnte die Ausbeutung deutlich rücksichtsloser durchgezogen werden als vorher. Offiziell allerdings sind an der für die Kaffeebauern unerquicklichen Preisentwicklung » die globalen Kräfte des Marktes« schuld. Und mit denen kann man weder verhandeln noch an ihre Menschlichkeit appellieren. » Die globalen Kräfte des Marktes« haben den Charakter eines Naturgesetzes. Bitten Sie mal die Gravitation, Sie nicht abstürzen zu lassen, wenn Sie fallen!
    Die Kaffeebauern, zum allergrößten Teil kleine und mittelständische Familienbetriebe, verdienten nur noch die Hälfte und konnten (und können) davon kaum mehr überleben. Was also tun? Hans Joehr, einer der Pharaonen des Nahrungsmittelriesen Nestlé, weiß Rat. Er schlägt vor, von den 25 Millionen Kaffeebauern, die es derzeit auf der Welt gibt, müssten einfach zehn Millionen » bereit sein zu verschwinden«(zitiert bei Ziegler, »Das Imperium der Schande«). Gute Idee. Nur wohin? Nun, zunächst mal raus aus der Kaffeeproduktion. Und dann vermutlich rein in die Slums einer der wachsenden Megacitys der Welt. Seit einigen Jahren wohnen ja mehr Menschen in den Städten als auf dem Land. Was einige Probleme deutlich verschärft, denn die Menschen in den Städten sind noch in weit größerem Ausmaß von der Zulieferung von Energie und Nahrungsmitteln abhängig als Bauern. Also wäre es wohl am besten, wenn die zehn Millionen Kaffee produzierenden Familien, die Herr Nestlé nicht brauchen kann, einfach zusammen mit dem anderen Menschenmüll im Nirwana verschwinden würden.
    Gut, sich über die Schlechtigkeit unserer nicht gewählten Herrscher zu echauffieren bringt uns jetzt auch nicht weiter. Sehen wir uns lieber einmal an, was die wesentlichen Grundargumente der alles beherrschenden Theorie des freien Marktes sind.
    Eines der Hauptargumente stammt von dem Biologieprofessor Garrett Hardin, der an der University of California lehrte, und wurde schon im Jahr 1968 formuliert. In dem Artikel » The Tragedy of the Commons« erdenkt sich Herr Hardin das Hirtenspiel, und das geht so:
    Zehn Schafhirten teilen sich ein Stück Land. Die Schafe sind privater Besitz. Das Land aber gehört dem Kollektiv. Die Hirten sind also Semisozialisten.
    Sagen wir jetzt der Einfachheit halber, jeder der Hirten hätte zehn Schafe. Wenn jetzt aber einer der Hirten ein Schaf dazubekommt, dann hat er elf, damit ist er reicher als seine Kollegen (+ 1 ), aber sein Verlust am kollektiven Besitz beträgt nur ein Hundertstel (– 0 , 01 ), weil das Land vorher von 100 Schafen abgeweidet wurde (zehn Hirten à zehn Schafe), nun aber eben von einem Schaf mehr. Sein individueller Vorteil ist also deutlich höher als sein Verlust, den vor allem die Gemeinschaft zu tragen hat.
    Das aber kann laut Herrn Hardin nur eine Folge haben: » (D)er rationale Hirte kommt zu der Überzeugung, dass der einzig vernünftige Weg für ihn darin besteht, seiner Herde ein weiteres Tier hinzuzufügen. Und noch eins, und noch eins … Das ist aber ein Schluss, den jeder vernünftige Hirte ziehen muss, der seine Tiere auf einem Gemeindeland weiden lässt. Darin liegt die Tragödie. Jeder einzelne ist in einem System gefangen, dass ihn zwingt , seine Herde grenzenlos zu vermehren – in einer Welt, die begrenzt ist.« (Zitiert nach Petra Dobner, » Wasserpolitik«, Frankfurt a .M. 2005; Hervorhebungen: Christoph Süß.)
    Genau, und deswegen ist es auch besser, ein einzelner Großgrundbaron besitzt die ganze Weide, alle Schafe und auch alle Hirten samt ihrer Familien, weil dadurch dem Allgemeinwohl besser gedient ist? Sicher, auch ein Einzelner, der alles besitzt, könnte die Rechnung aufmachen, wenn ich zu meinen zehn Hirten und 100 Schafen noch eines dazunehme, dann habe ich 101 Schafe und so weiter. Und können die nicht auch von fünf Hirten gehütet werden? Oder von dreien? Mit ein paar Hunden. Das wäre doch billiger.
    Aber diese Lösung scheint für Herrn Hardin dennoch besser als der Allgemeinbesitz,

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