Morgen letzter Tag!
lange wird er weiter Drogen nehmen.
Der Weg raus aus der Sucht führt nur über die Krise. Die hat aber zwei Nachteile. Erstens, sie ist gefährlich. Lebensgefährlich. Ist sie es nicht, wird kaum eine Änderung eintreten. Und zweitens bedeutet » lebensgefährlich« eben auch, dass es tatsächlich schiefgehen kann. Man kann sterben. In einer ähnlichen Situation befindet sich derzeit die sogenannte entwickelte Welt.
Wir sind Energie-Junkies. Genauer Öl-Junkies. Noch genauer– wir sind abhängig von billigem Öl. Lange wird es das nicht mehr geben. Doch wie lange es genau dauert, bis die wirkliche Ölkrise zuschlägt (die aus den 1970 ern war dagegen nur ein Kindergeburtstag), das weiß keiner. Freilich besonders deswegen, weil die tatsächlichen Ölvorräte der Förderländer ein wohlgehütetes Staatsgeheimnis sind. Wären sie es nicht, und der Geldmarkt hätte schon erfahren, wie wenig Öl tatsächlich bei weltweit steigender Nachfrage vorhanden ist, herrschten vermutlich schon Mord und Totschlag. Deswegen ist diese Geheimniskrämerei ein Segen. Aber lange wird das nicht mehr durchzuhalten sein.
Unsere Finanzmärkte agieren, als ob die Energiezufuhr, die die Globalisierung aufrechterhält, unerschöpflich wäre. Doch immer wenn sich die Realität für einen Moment auch bis in die Hirzen der Finanzmanager herumspricht, kommt die Weltwirtschaft ins Stocken. Denn dann steigt der Ölpreis. Er steigt so lange, bis die Weltkonjunktur abgekühlt ist, dann fällt er wieder, weil durch die Krise die Nachfrage sinkt. Sobald sich die Weltwirtschaft wieder erholt, steigt der Preis wieder, und das Ganze beginnt von Neuem, aber auf erhöhtem Preisniveau. Das geht dann so lange weiter, bis es nicht mehr weitergeht.
Gern bemerken naseweise Optimisten an dieser Stelle, » die Steinzeit ist auch nicht vorbeigegangen, weil die Steine ausgingen«, was wohl richtig ist. Die Hoffnung auf technische Neuerungen hat immer eine gewisse Berechtigung. Doch im Moment gibt es noch nichts, um Erdöl zu ersetzen. Denn selbst wenn die nachhaltigen Arten der Energieerzeugung jedes Jahr zweistellig wachsen würden– was sie freilich nicht tun–, dann würden sie, wegen des immer weiter steigenden Energiehungers der Welt, bis zum Jahr 2050 höchstens ein Drittel der Energieproduktion ausmachen. Auch sämtliche alternative Energieformen zusammengenommen taugen also nicht dazu, das Öl zu ersetzen, sie erfordern eine gänzliche andere, deutlich bescheidenere Welt.
Und freilich hätte eine Entschleunigung auch all die in vielen Publikationen gepriesenen Vorteile, denn insgesamt geht uns unsere Welt ja ohnehin in erster Linie auf die Nerven. Dennoch wird die Zeit des Übergangs wohl hauptsächlich ohne Gemütlichkeit und mit unschönen Szenen einhergehen. Ich will jetzt endlich die Sätze schreiben, um die ich mich schon das ganze Buch lang zu drücken versuche: Das Wachstum, das der Weltbevölkerung, aber auch das von dem, was man im weitesten Sinne als » Fortschritt« bezeichnen kann, ist direkt an unseren Energieverbrauch gekoppelt.Die Wachstumskurven sind– im Guten wie im Schlechten– mit dem Wachstum der Energieausbeutung proportional. Kommt es zu einer » Verringerung« (die Anführungszeichen stehen wegen der im Begriff » Verringerung« versteckten Scheußlichkeiten), wird es auch zu einer » Verringerung« der Weltbevölkerung kommen. Ohne fossile Brennstoffe ist es wahrscheinlich nur möglich, etwa 1 , 5 Milliarden Menschen zu ernähren.
Und jetzt denken Sie mal an den letzten großen Krieg, den Zweiten Weltkrieg. Die geschätzte Zahl der Opfer auf allen Seiten betrug zwischen 70 und 80 Millionen. Ein Horror, den wir immer noch nicht gänzlich bewältigt haben. Aber ziehen Sie mal 70 Millionen von sieben Milliarden ab. Das können Sie im Kopf rechnen. Es sind dann über den Daumen immer noch sieben Milliarden. Die Kriege, die in diesem Jahrhundert die Menschheit zu dezimieren drohen (zusammen mit Hungersnöten und anderen Grausamkeiten), werden den letzten Megakrieg leider an Schrecklichkeit wohl weit überbieten.
Der totale Markt oder der totale Untergang
» Ach«, sagte die Maus, » die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, dass ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, dass ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, dass ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.« » Du musst nur die
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