Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgen letzter Tag!

Morgen letzter Tag!

Titel: Morgen letzter Tag! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Süß
Vom Netzwerk:
Laufrichtung ändern«, sagte die Katze und fraß sie.
    Als hätte Franz Kafka mit seiner Geschichte von der Maus die letzten 10 000 Jahre Entwicklung der Zivilisation auf Haiku-Länge eingedampft. Zunächst wirkt die unbegrenzt scheinende Natur um uns herum unheimlich und bedrohlich. Kaum auszuhalten. Dann bauen wir Mauern in die Welt, die als Begrenzungen Sicherheit schaffen, so lange, bis sie uns in eine Ecke drängen, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint. Dabei hätten wir nur die Laufrichtung ändern müssen.
    Aber so, wie es im Moment aussieht, scheint es keine Änderung der » Laufrichtung« zu geben. Zwar versucht eine gar nicht so kleine Zahl von Mitmenschen mit mannigfaltigen Initiativen und Aktionen, ein » Umdenken« zu bewirken. Die Wissenschaftler und Naturschützer warnen und mahnen. Dennoch, eine wirkliche Änderung unseres Weges scheint sich nicht anzukündigen.
    Und die Katze wartet auch schon.
    Es ist also an der Zeit, sich zu fragen, wie die Zukunft nun tatsächlich aussehen könnte. Eine genaue Auskunft darüber – das liegt in der Natur der Sache – ist freilich nicht möglich. Aber dennoch kann man so eine Art von Endpunkt – oder besser von Endpunkten oder Polen – in den Blick nehmen, denen sich die Entwicklungen um uns herum immer mehr annähern. Dabei werden uns zwei bekannte Figuren aus der Popkultur begegnen, die diese Endpunkte oder Pole bezeichnen. Nämlich die allseits beliebten Vampire und die Zombies. Es wird Ihnen jetzt vielleicht zunächst völlig rätselhaft erscheinen, worauf ich hinauswill, aber im weiteren Verlauf der Überlegungen wird es, hoffe ich, deutlich klarer werden. Aber so viel vorweg: Die Vampire stehen für die Entwicklung, die diejenigen Zonen der Welt nehmen könnten, in denen weiterhin Hightech erzeugt und Wissenschaft betrieben wird. Die Zombies stehen für die Entwicklung, die stattfindet, wenn der Strom ausfällt. Das ist im ganz radikalen Sinne gemeint. Also der elektrische Strom ebenso wie der Strom der Waren, des Geldes und der Informationen, die die Globalisierung mit sich bringt. Freilich bilden beide Bereiche dabei Extreme ab, die so nie eintreten werden. Die Wahrheit wird wie in Aristoteles’ Zeiten wieder mal in der Mitte zu finden sein. Aber als Wegweiser können die beiden Figuren aus der Popkultur allemal dienen.
    Um aber nun die Pole zu magnetisieren, damit wir unsere gedanklichen Kompasse auf sie ausrichten können, müssen wir erst ein paar scheinbare Umwege beschreiten. Oder einfacher: Ich muss noch mal kurz ausholen und wieder von vorn anfangen… (Und Sie dachten vermutlich, wir wären schon durch.)
    Oft kann man am meisten über sich und seine Mitmenschen lernen, wenn man sich die Popkultur und ihre Erzeugnisse anschaut. Denn das, was die Mehrheit sich mit Begeisterung beispielsweise in Kino und Fernsehen ansieht, verrät mehr über sie als so manche Statistik und soziologische Studie. Und da man selbst ja meist ein Teil der Mehrheit ist, obwohl man freilich zugleich total individuell und einzigartig ist, kann man, indem man das Populäre ernst nimmt, vielleicht auch etwas darüber lernen, wie sich der Mensch angesichts des Ernstes der Lage verhält. Immerhin wird ein Produkt der Popkultur, sagen wir zum Beispiel ein Blockbuster-Kinofilm, vom Konsumenten freiwillig angesehen. Er muss sogar dafür bezahlen! Was einen großen Vorteil bedeutet: Wenn schon die Populärkultur oft nicht das Gute ist und noch seltener das Schöne, so ist sie doch wenigstens fast immer das Wahre: die Ware. Eine der wenigen guten moralischen Eigenschaften des Kapitalismus, übrigens. Die Ware beziehungsweise die Verkaufszahlen der Ware haben immer recht, also den Charakter der Wahrheit an sich, weil sich eben die Mehrheit tatsächlich für ein Produkt entscheidet. Letzteres freilich aus komplexen Gründen und bestimmt meist auch nicht wirklich freiwillig, immerhin hat man neben einer eindrucksvollen Produktionsmaschine eine ebenso eindrucksvolle Wunschmaschine hergestellt, die Werbung und ihre Verbündeten, die uns sieben Tage die Woche und rund um die Uhr mit Wünschen füttern, die wir ohne sie gar nicht hätten. Man könnte also sagen, die Wunscherfüllungsmaschine des Kapitalismus funktioniert deswegen so gut, weil sie nur die Wünsche erfüllt, die sie selbst hervorgebracht hat, während sie andere Wünsche unterdrückt.
    Aber auch die Wünsche, die der große Werbeapparat anpreist, sind letzten Endes den Gehirnen von Menschen entsprungen. Verdrehten

Weitere Kostenlose Bücher