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Morgen letzter Tag!

Morgen letzter Tag!

Titel: Morgen letzter Tag! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Süß
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Parodie Paradies« gezeigt hatte. McCarthy zeigt die Brutalität der Landnahme: das, was passiert, bevor die Zivilisation in ein Gebiet kommt, wenn zunächst in einem anarchischen Zwischenstadium Gewaltexzesse regieren. Und wie bei den Zombies ist die Brutalität total, die Grausamkeit maßlos und sinnlos, sie ist nicht mal mehr sadistisch. Niemand hat Freude an der Gewalt, nicht mal der Täter. Es ist eine hoffnungslose, abgestumpfte sinnentleerte Gewalt, ohne Hoffnung auf Gnade oder die Möglichkeit der Verhandlung. Wir tragen so einen Zustand in uns, jeder von uns, und wir wissen es, aber wir wollen mit diesem Daseinszustand lieber nicht bekannt werden. Er ist von Zivilisation bedeckt und von unserem Traum, wir hätten eine Seele. Die Zombies aber haben diesen Traum aufgeben müssen. Das Gruselige an ihnen ist ihre menschliche Gestalt. Sie tragen banale Alltagssachen, die sie immer noch als ganz gewöhnliche beseelte Menschen zeigen, als Briefträger, Bankangestellte und Passanten. Doch in ihrem sinnlosen, stumpfen und doch exzessiven Zustand ist diese Erinnerung an ihr früheres Leben nur noch furchtbar.
    Sie sind totale Egoisten des bloßen Noch-am-Leben-Seins.
    Abb. 9: Endlich keine Staus mehr.
    Das andere Zeichen dafür, dass die Zivilisation zusammengebrochen ist, ist das Bild der » leeren Stadt«, das in keinem Zombie-Film fehlt. Immer werden mehr oder weniger verwüstete Straßenzüge gezeigt, die nun, nach dem Ausbruch der Zombie-Krise, menschenleer sind. Die leere Stadt ist deswegen so unheimlich, weil all die Objekte von Status, Technik und Zivilisation jetzt ihren Sinn verloren haben. Sie sind einfach nur noch da. Bloße Existenz. Eine Stadt ohne Menschen wird an die Natur zurückgegeben. Man sieht, dass in der leeren Stadt die Evolution wieder einen anderen Pfad einschlägt. Einen ohne Bewusstsein. Das ist auch befreiend, aber doch überwiegend beunruhigend, weil wir sehen, dass eine Stadt ohne uns sinnlos ist. Und es kommt das Gefühl auf, sie könnte es auch mit uns drin sein. Nur wir merken es nicht.
    Das ist überhaupt der wahre Horror, der von Zombie-Filmen ausgeht. Die nutzlose Brutalität, die an sich gar keine Bedeutung mehr hat, weil keiner mehr da ist, der ihr Bedeutung geben könnte. Die Zombies merken ja nicht, dass das, was sie anrichten, schlimm ist. Sie sind jenseits von Gut und Böse. Die letzten Menschen aber, mit denen wir Zuschauer uns identifizieren müssen, werden reduziert auf den bloßen Kampf ums Überleben. Alle moralischen Verbindlichkeiten werden nach und nach drangegeben, um diesem Ziel zu entsprechen. In jedem Zombie-Film wird man eine Figur den Satz sagen hören: » Es geht ums Überleben.« Das treibt uns an. Die Handelnden werden auf ihre Biologie reduziert. Doch wenn die Zivilisation versagt hat, stellt sich implizit immer die Frage: Überleben? Warum? Für was? Denn am Ende gibt es keine Hoffnung.

Ist das nun das Ende?
    Ach was, die Welt geht noch lange nicht unter. Wer braucht schon Zivilisation? Keine dieser beiden gerade analysierten Zukünfte mit ihren Versprechungen (Vampire) beziehungsweise ihren Drohungen (Zombies) wird so total eintreffen. Aber beide vielleicht ein wenig. Sie werden sich vielleicht sogar überlappen. Während die Vampir-Zukunft sich noch ein wenig eher dort realisieren wird, wo man es schafft, die Dynamik der modernen Zivilisation am Laufen zu halten, wird an Stellen, an denen der Strom ausfällt, sich wohl eher die Zombie-Zukunft verwirklichen. Beide Zukunftsvisionen, sowohl die utopische als auch die antiutopische, stellen keine wirklichen Endpunkte dar. Zumindest nicht notwendigerweise.
    Schon öfter ist in der Geschichte der Menschheit die Zivilisation zusammengebrochen, und es gab anarchische Übergangszustände voller Gewalt und Bestialität, bis sich die Zivilisation wieder auf einem niedrigeren Komplexitätslevel konsolidierte. Mindestens einmal muss die Menschheit schon fast ausgestorben sein, das lässt sich genetisch nachweisen. Alle sieben Milliarden Erdenbürger sind so nah miteinander verwandt, dass ihre DNA fast die gleiche ist. Die menschliche Weltbevölkerung muss also auf nur etwa 2000 Individuen reduziert worden sein. Vermutlich in prähistorischer Zeit, als die Umwelt unserer Vorfahren durch den Ausbruch eines Supervulkans ordentlich gebeutelt wurde. Aber auch später gab es kein ständiges » bergauf« in der Entwicklung der Menschen. Nur ein Beispiel: Im 4 . Jahrhundert hat Rom noch fast eine Million Einwohner und ist

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