Morgen letzter Tag!
sagen: Nach dem, was wir bislang über unser Universum zu wissen glauben, ist die Materie endlich. Was wiederum bedeutet, dass die Information, die im Kosmos vorliegt, also das, was überhaupt zu » lesen« wäre, endlich ist. Es wäre also ein langer Satz, der zu lesen ist, aber ein Satz. Gut, ein sehr langer Satz. Aber eben endlich. Die Zeit jedoch ist, wie es derzeit scheint, unendlich. Zwar hat sie einen Anfang, im sogenannten Urknall, aber kein Ende. Der Kosmos ist zu leicht, um wieder in seinen Ausgangszustand zurückzufallen, und wird sich, wenn die Kosmologen recht behalten (was zum Glück nie jemand herausfinden wird), endlos in die Zukunft ausdehnen. Also steht ein endlicher Satz, also eine endliche Information, einer unendlichen Zeit gegenüber. Falls es tatsächlich einen Gott geben sollte und er (oder sie) ist wie unsereiner, also er/sie verfügt über ein Bewusstsein wie wir, dann bemitleiden Sie ihn/sie. Er/sie ist in der Hölle dieses endlichen Satzes der sinnlosen Ewigkeit ausgesetzt. Denn Sinn ergibt sich nur über die Erfahrung der Endlichkeit. Weil Sinn nur über Emotionen entsteht. Emotionen aber sind an die Endlichkeit gekoppelt. Gefühle sind an die Konstanten der Endlichkeit gebunden, an Sex und Tod. Lust- und Unlustgefühle sind homöostatische Kontrollmechanismen, die die Evolution hervorgebracht hat, um uns im Dasein zu halten. Den Tod gilt es zu vermeiden. Sex soll man suchen, um seine Gene und dann in der Folge seine Erfahrungen an seine Brut weiterzugeben. Fallen diese beiden Motivationen weg, entfällt letzten Endes auch der Sinn. Das wäre jetzt schon eine ironische Reise gewesen, wenn die Menschheit es tatsächlich schaffen sollte, am Ziel all ihrer Wünsche von Allmacht und Ewigkeit anzukommen, und sei es modifiziert als Computer-Neuro-Cyborgs, nur um dort dann festzustellen, dass die Reise direkt in die Sinnlosigkeit führt.
Falls Ihnen das zu abstrakt gewesen ist, dann versuche ich meine Gedanken noch einmal auf eine andere Art zu erläutern: Vor ein paar Jahren habe ich im Fernsehen einen Herrn gesehen, den man vielleicht als so eine Art Metagynäkologen bezeichnen könnte. Der Herr Professor (ich glaube zumindest, es war einer, vielleicht auch nur Doktor) stand in seinem Labor und verkündete stolz, er könne schon bald die gesamte Ontogenese des Embryos extrauterin vornehmen. Ich für meinen Teil dachte mir, das ist ja fein, aber wozu braucht man das? Um Kinder zu gebären, hat doch die Evolution den Frauen schon vor Abermillionen Jahren die dazu geeignete Apparatur in den Unterleib praktiziert. Also, was will der Mann? Wie es schien, wollte er ein technisches Problem lösen. Weil es eben da war. Also ein ähnlicher Grund, der Reinhold Messner auf einen Berg steigen lässt: » Weil er da ist.«
Und warum will man die Reproduktion menschlichen Lebens vom Uterus der Frauen in ein Labor verpflanzen? Weil es eben geht. Und vielleicht, um die Kontrolle darüber zu bekommen? Kann auch sein. Oder weil Männer immer schon unbewusst eifersüchtig auf die reproduktiven Fähigkeiten der Frauen waren und nur deswegen Kriege, Kunst und Wissenschaften mit solchem Eifer betrieben haben, um ihre Impotenz auf dem Feld der Produktion des menschlichen Lebens zu kaschieren oder zu sublimieren? Kann auch sein.
Die wichtigere Frage aber scheint mir: Was hat der Herr im Labor da gemacht? (Ob er es inzwischen geschafft hat, weiß ich übrigens gar nicht genau, und ich bin unsicher, ob ich es erfahren will.)
Was hat er gemacht, wenn er es tatsächlich hinbekommen hat (hätte)?
Er hat die Frauen auf Eizell-Spenderinnen reduziert und damit als Geschlecht quasi abgeschafft. Damit aber auch die Männer, die auf Samenproduzenten reduziert werden können. Das Geschlecht wird dadurch in seiner identitätsstiftenden Bedeutung geschwächt, jetzt ist unser Gender frei wählbar. Und? Ist damit dann auch die Sexualität abgeschafft? Das könnte sich zunächst für viele recht erfreulich anhören, war doch das schweißtreibende und mitunter peinliche Rumgemache sowieso nicht unbedingt etwas, worauf wir immer stolz gewesen waren. Aber erst durch die » Erfindung« der Sexualität im Verlauf der Evolution entsteht die Vielfalt, das Kreative, das über das Notwendige Hinausgehende. Vor der sexuellen Reproduktion war der Planet mit ödem Schleimzeug überzogen. Einzeller, die sich fressen und dann teilen, oder gefressen werden und dann nicht mehr teilen, sondern verdaut werden. Das war’s. Zwei Milliarden Jahre
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