Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgen trauert Oxford

Morgen trauert Oxford

Titel: Morgen trauert Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
Vom Netzwerk:
schlaff herunter, seit Ludo darauf herumgekaut hatte. Die Schuhe würden nie wieder etwas hermachen. Ihr Zustand erinnerte Kate an die miese Behandlung, die sie bei ihrem Besuch in Olivias Wohnung über sich hatte ergehen lassen müssen. Vielleicht hatten Ludo und Olivia einiges gemeinsam.
    »Der Polizei habe ich übrigens noch nichts davon erzählt. Gestern war ich viel zu aufgeregt, um Rede und Antwort stehen zu können, und habe daher noch keine umfassende Aussage gemacht.«
    »Was haben Sie noch nicht erzählt?«, fragte Kate.
    »Dass ich Sie am Tag von Olivias Ermordung als Bartlemas-Studentin verkleidet im College getroffen habe.«
    »Ach, Sie haben also bemerkt, dass es eine Verkleidung war?«
    »Ich nehme doch an, dass Sie nicht wirklich im Bartlemas studiert haben, oder?«
    »Durchaus korrekt.«
    »Ich bin sicher, es spielt keine Rolle«, sagte er freundlich. »Immerhin war ich mit Ludo auf dem Weg in Olivias Büro, als ich Sie traf. Und im Büro war sie noch sehr lebendig. Sie schäumte vor Wut, aber sie lebte. Jedenfalls habe ich Ludo nur schnell abgegeben und bin schleunigst verschwunden. Wissen Sie vielleicht, warum sie so wütend war?«
    »Mit mir hatte es sicher nichts zu tun«, antwortete Kate schnell. Sie verspürte keine Lust, die Szene zwischen Liam und Olivia zu beschreiben. »Und natürlich haben Sie Recht: Ich habe mich nur als Studentin verkleidet. Ich wollte Olivia besuchen und eine bereits übertragene Seite des Manuskripts holen – übrigens Seite dreiundvierzig, deren Original sich bei Ihnen und Frances befindet.«
    »Hat sie Ihnen die Seite etwa überlassen?«, fragte der Professor verblüfft.
    »Nicht ganz. Sicher hätte sie es getan, wenn ich Gelegenheit gehabt hätte, mit ihr zu sprechen. Aber als ich in ihr Büro kam«, fuhr Kate fort, die der Bequemlichkeit halber ihren Anruf aus dem Innenhof unterschlug, »musste ich feststellen, dass sie nicht anwesend war.«
    »Aber unter diesen Umständen wäre die Tür abgeschlossen gewesen«, wandte Brendan mit leiser Stimme ein. Trotz aller Betroffenheit arbeitete hier ein scharfer Verstand.
    »Ganz im Gegenteil«, widersprach Kate, die sich lieber nicht im Einzelnen darüber auslassen wollte, wie sie in Olivias Büro gekommen war. »Die Tür war offen.« Was schließlich stimmte – nachdem sie aufgeschlossen hatte.
    »Und Sie fanden das Manuskript ganz einfach so mitten auf ihrem Schreibtisch?«
    »Nachdem ich den Schreibtisch ausfindig gemacht hatte – ja, eigentlich schon. Leider war sie nicht da, sonst hätte ich sie fragen können, aber schließlich wusste ich ja, dass ich nur eine oder zwei Seiten ausleihen wollte.«
    »Ich glaube, ich verstehe«, sagte der Professor.
    »Deshalb habe ich Sie auch angerufen«, fuhr Kate fort. Jetzt hatte sie wieder sichereren Boden unter den Füßen. »Ich wollte Ihnen Olivias Übertragung von Seite dreiundvierzig bringen.«
    »Haben Sie sie gelesen?«
    »Ja.«
    »Und was halten Sie davon?«
    Kate machte eine kurze Pause. Es war schwierig, die ungeschminkte Wahrheit über einen Verstorbenen auszusprechen. Was auch immer man über ihn gedacht haben mochte – man musste es ein wenig abmildern.
    »Ich glaube, für Olivia drehte sich sehr viel um Babys und Kinder. Sie hat den Text aus dieser Sicht gelesen. Meiner Meinung nach hat es ihre Interpretation beeinflusst.« Immerhin klang es besser, als zu sagen, dass sie Olivias Auslegung ziemlich abgedreht fand.
    Brendan nickte. »Das stimmt mit unserer Beurteilung überein. Ich frage mich nur, was der Anlass war.«
    »Ich fürchte, wir werden es nie erfahren.« Insgeheim dachte Kate, dass es vielleicht einfach an Olivias schwieriger Persönlichkeit lag.
    »Sie müssen unbedingt mit der Polizei sprechen«, meinte Brendan. »Es wirft ein besseres Licht auf Sie, wenn Sie freiwillig hingehen und alles erklären. Auf die ein oder andere Weise wird man bestimmt herausfinden, dass Sie am fraglichen Nachmittag dort waren. Wenn Sie nicht von selbst damit rausrücken, sieht das nicht besonders gut aus.«
    Er hatte Recht. Sie würde es tun. Morgen vielleicht.
    In diesem Augenblick trottete Ludo ins Zimmer. Nachdem er an Kates Schuhen geschnüffelt und sie zerstreut abgeleckt hatte, setzte er sich vor den Professor, legte ihm den Kopf auf die Knie und blickte treuherzig zu ihm auf.
    »Dummer Hund«, sagte Brendan liebevoll. »Du dummer, dämlicher Hund. Du tust immer nur als ob. Warum hast du sie nicht besser bewacht? Warum hast du es geschehen lassen?«
    Ludo wedelte mit

Weitere Kostenlose Bücher