Morgen trauert Oxford
bekam sie Übung darin, und möglicherweise war es einfacher, als sich seinen Lebensunterhalt mit Schreiben zu verdienen.
»Nein, vielen Dank. Aber einen Kaffee nehme ich gerne noch.«
»Also?«
»Sie müssen mir in die Hand versprechen, hoch und heilig versprechen, dass Sie niemandem weitererzählen, was ich Ihnen jetzt sage. Noch nicht einmal Ihren besten Freunden.«
»Und wenn doch, verhaften Sie mich dann?« Sie hätte sich auf die Zunge beißen können. Schade, dass sie es nicht getan hatte. Mit diesem Ton kam sie bei Paul nicht weiter – schon gar nicht, wenn sie von ihm lernen wollte.
»Nein. Ich verliere bloß meinen Job.«
»Na dann.« Sie blickte feierlich drein. Verflixt, sie fühlte sich feierlich. »Hiermit verspreche ich Ihnen hoch und heilig, dass ich weder meinen Freunden noch irgendjemand anderem etwas von dem erzähle, was Sie mir sagen werden. Ist das so in Ordnung?«
»Es geht um Liam Ross.« Er sprach in neutralem Ton, ganz ohne hässliche Gefühle wie etwa Eifersucht. Kate bemühte sich, ruhig zu bleiben und sich seinem neutralen Ton anzupassen.
»Ja? Was ist mit Liam?«
»Hören Sie, Kate, vielleicht sollte ich es Ihnen nicht sagen. Sicher denken Sie, ich tue es, weil ich …«
»Paul, inzwischen kenne ich Sie gut genug, um zu wissen, dass Sie mir etwas wirklich Wichtiges mitzuteilen haben, wenn Sie hier erscheinen und sich nicht einmal von meiner schlechten Laune abhalten lassen.«
»Stimmt. Danke.« Er trank einen Schluck Kaffee. »Es hat mit Olivia Blacket zu tun. Sie war Dozentin am Leicester College, also da, wo auch Liam Ross arbeitet.«
»Das ist doch die Frau, die ermordet wurde.«
»Woher wissen Sie das?«
»Kam es nicht in den Nachrichten?«
»Doch, gestern Abend. Aber Sie haben nicht ferngesehen, sondern mit einem Freund Wein getrunken. Also: Woher wissen Sie es?«
»Brendan Adams hat es mir erzählt. Er war Olivias Boss. Ich habe ihn wegen einer ganz anderen Sache angerufen, und er hat mir alles erzählt. Zumindest das, was er wusste. Der arme Kerl war ziemlich durch den Wind.« Kate wusste inzwischen, dass sie Pauls Fragen beantworten musste. Er ließ nicht locker, ehe sie es nicht getan hatte.
Ihre Antwort schien Paul zu erleichtern. Vielleicht war er der Meinung gewesen, dass Liam sie besucht hatte, um ihr die blutrünstige Tat in allen Einzelheiten zu schildern und sie anschließend betrunken zu machen, um böse Dinge mit ihr zu tun.
»Der arme Kerl war unter anderem deshalb durch den Wind, weil wir ihn in der Wohnung einer gewissen Miss Lexie Domino aufgetrieben haben …«
»Wollen Sie mich zum Narren halten? Welch ein Name! Wie mag diese Dame wohl ihren Lebensunterhalt verdienen?«
Paul entspannte sich ein wenig und grinste. »Also, sie hat uns zwar keine Liste ihrer Spezialbehandlungen zukommen lassen, aber wenn wir danach gefragt hätten, hätten wir bestimmt eine erhalten – und zwar mit den dazugehörigen Preisen.«
»Nur interessehalber: Wie sind Sie an Miss Dominos Adresse gekommen?« Kate konnte sich absolut nicht vorstellen, dass Frances die Adresse in ihrem Taschenkalender notiert und auf Anfrage der Polizei ausgehändigt hatte.
»Ich habe mich zwar nicht selbst darum gekümmert, aber ich glaube, einer der Pförtner im Leicester College wusste Bescheid. Zunächst haben wir erfolglos das ganze College nach Adams abgesucht, weil seine Schwester uns erklärt hatte, dass er mit einigen Kollegen dort zu Abend essen wollte.«
Pförtner wussten eben wirklich alles über den Lehrkörper ihres College. Wahrscheinlich auch über die gesamte restliche Belegschaft.
Für einen Augenblick hatten Kate und Paul sich entspannt und gemeinsam über die Schwächen menschlicher Natur gelästert, doch jetzt fiel ihnen wieder ein, dass Paul gekommen war, um Kate eine unangenehme Mitteilung zu machen. Sie wollte es hinter sich bringen.
»Was wollten Sie mir über Olivia und Liam Ross sagen?«
»Wussten Sie, dass Olivia Blacket und Liam Ross während der letzten sieben Jahre miteinander liiert waren? Mal mehr, mal weniger.«
Plötzlich fühlte Kate sich wie betäubt. Sie glaubte ihm nicht. Sie konnte ihm nicht glauben. Sie wollte nicht, dass ein solcher Gedanke Bestandteil ihrer Erinnerung an das letzte Jahr werden sollte. Paul schwieg und beobachtete sie besorgt, während sie die vergangenen Monate Revue passieren ließ und sie unter dem neuen Blickwinkel einzuordnen versuchte.
»Nein, das wusste ich nicht. Und ich kann es auch kaum glauben. Sind Sie ganz
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