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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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pflegeleichte Kurzhaarfrisur trug. Sein Leben hatte sich wieder eingependelt, dennoch hatte er die ganze Zeit das Gefühl, dass Yasmin ihn beobachtete. Dass sie nur darauf lauerte zuzuschlagen.
    Und dann war es so weit. Ausgerechnet an dem Abend, an dem er Vivian den Heiratsantrag hatte machen wollen. Das war doch kein Zufall, das konnte doch kein Zufall sein!
    Philipp lief in großen Schritten durch den Englischen Garten, obwohl es elf Uhr vormittags war und auf seinem Schreibtisch ein Berg von Arbeit auf ihn wartete. Aber er hatte es im Büro nicht mehr ausgehalten. Der Raum war zu klein für seine Sorgen, er musste nach draußen. Hier im Park war es allerdings auch nicht besser. Es war der erste sonnige Tag seit Wochen, der Englische Garten war voller Studenten, Mütter, Kindergruppen. Sie joggten, walkten und radelten über die Wege, sie schoben Kinderwagen oder lagen reglos auf ihren Handtüchern und Liegestühlen in der Sonne.
    Philipp dachte an Yasmins ebenmäßig braune Beine. Vielleicht war sie ja auch hier. Vielleicht badete sie ganz in der Nähe in der Sonne und dachte sich dabei den nächsten Anschlag auf sein Leben aus. Vielleicht hört sie mein Telefon ab, dachte Philipp. Blödsinn. Wie denn? Nach der Kündigung hatte Yasmin ihre Sachen gepackt und das Büro verlassen und war nicht mehr wiedergekommen.
    Wirklich? Ihren Büroschlüssel hatte er jedenfalls erst zwei Tage später im Briefkasten gefunden. Zeit genug, um einen Nachschlüssel machen zu lassen.
    »Ich muss die Schlösser austauschen«, murmelte Philipp so laut, dass sich der Jogger, der ihn gerade überholt hatte, überrascht zu ihm umdrehte.
    Er schauderte. Vielleicht hatte Yasmin auch seinen Computer gehackt und manipulierte seine Webcam. Und las seine E-Mails und wusste, was er tat, und kannte seine Gedanken. Sie würde nicht eher aufgeben, bis sie seine Beziehung zu Vivian zerstört hatte.
    Ich muss das alles sofort überprüfen, dachte Philipp. Er beschleunigte seine Schritte, er rannte jetzt fast. Er wollte zurück ins Büro und sein Leben wieder in den Griff bekommen. Aber dann blieb er abrupt stehen. Das wollte sie doch nur erreichen. Dass er in Panik geriet, dass er Angst bekam.
    Ruhig, ermahnte sich Philipp. Denk nach. Welche Möglichkeiten hast du? Er konnte reinen Tisch machen und auspacken. Dann würde Vivian ausrasten und ihn verlassen. Er konnte darauf warten, dass Yasmin das für ihn übernahm. Auch dann wäre Vivian weg. Zwei Alternativen mit dem gleichen Ergebnis. Es wäre aus.
    Als er zurück ins Büro kam, summte sein Schädel. Aber er hatte einen Entschluss gefasst: Er würde nicht nach Yasmins Pfeife tanzen. Er würde das Spiel beenden. Die Karten aufdecken. Wenn Vivian alles wusste, hatte Yasmin gewonnen. Aber auch verloren. Denn mit der Enthüllung verlor sie ihre Macht über Philipp. Und dann? Nichts dann. Er wollte nicht an Vivians Tränen, ihre Vorwürfe, ihre Verzweiflung denken. Seine jetzige Situation war unerträglich. Daraus musste er sich befreien. Alles Weitere würde sich zeigen.
    Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken.
    »Hallo?«
    »Hier ist Vivian. Geht es dir besser?«
    »Besser?« Ach, richtig, die Kopfschmerzen. Angeblich hatte er ja gestern Migräne gehabt. »Viel besser. Tut mir leid, dass ich dich versetzt habe.«
    »Marcel hat dich doch vertreten. Es war ein netter Abend.«
    »Na, dann ist es ja gut. Was machst du gerade?«
    »Lernen.«
    »Ich würd dich gerne sehen.«
    »Jetzt? Das geht nicht. Ich schreib morgen eine Klausur.«
    »Es ist wichtig.«
    »Worum geht’s denn?«
    »Nicht am Telefon. Wir müssen uns treffen. Wirklich, Vivian.«
    »Huch, du machst mir ja richtig Angst. Ist was passiert?«
    »Kannst du ins Capriccio kommen? In einer halben Stunde?«
    Ein kurzes Zögern. »Klar«, meinte sie dann.
    Der erste Schritt in Richtung Abgrund war getan. Philipp stand auf und trat in den Flur. »Ich muss noch einmal weg«, teilte er Frau Klopp mit.
    »Schon wieder?« Seine Sekretärin musterte ihn erstaunt. »Ich wollte gerade zu Ihnen. Das Büro von Dr. Campbell-Schildknecht hat sich gemeldet, mit der Bitte um Rückruf. Und Herr Diesler hat schon dreimal versucht Sie zu erreichen. Aber Sie hatten Ihr Handy ausgeschaltet.«
    Herr Diesler war Marcel. »Was wollte er denn?«
    Frau Klopp zuckte mit den Schultern. »Das hat er mir nicht verraten. Aber es sei dringend.«
    Die Wohnung. Wahrscheinlich war eine neue Katastrophe passiert. Aber das brauchte Philipp jetzt nicht mehr zu

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