Morgen wirst du sterben
registriert ist«, meinte Moritz.
Becker erhob sich. »Vermutlich. Aber wer weiß, vielleicht haben wir Glück. Nobody is perfect.«
Frau Rothe und Sophia standen ebenfalls auf, nur Moritz blieb sitzen.
»Herr Rothe.« Der Hauptkommissar streckte ihm die Hand hin, um sich zu verabschieden. »Sie können sicher sein, dass wir alles unternehmen, um Ihren Vater zu finden.«
»Und wenn Sie mit den SMS und den Mails nicht weiterkommen? Was machen Sie dann?«
»Ein Schritt nach dem anderen. Wir stellen jetzt ein Ermittlerteam zusammen. Dann sehen wir weiter.«
Moritz lachte verächtlich.
»Wir machen das nicht zum ersten Mal«, sagte Becker ruhig.
Nur für uns ist es das erste Mal, dachte Sophia.
Am Nachmittag kam Becker mit vier Kollegen zu ihnen nach Hause.
»Haben Sie diesen Philipp erreicht?«, fragte Sophia, als die Beamten im Wohnzimmer standen. Ihre Augen glitten suchend durch den Raum, als erwarteten sie, Herrn Rothe in irgendeiner Ecke zu finden.
Becker nickte.
»Und? Was sagt er?«
»Das erfahren wir morgen. Ihr Halbbruder ist gerade auf dem Weg nach Düsseldorf.«
Dann wandte er sich an Frau Rothe. »Wir würden uns gerne im Arbeitszimmer Ihres Mannes umsehen.«
»Sie gehen also von einer Entführung aus?«, erkundigte sich Sophia.
»Wir gehen von gar nichts aus. Wir ermitteln.«
»Wenn es sich um eine Entführung handelt, warum gibt es dann keine Lösegeldforderung?«, fragte Frau Rothe, aber auch darauf hatte Herr Becker keine Antwort.
Er war jedoch fest entschlossen, sie zu finden. »Es ist von größter Bedeutung, dass Sie uns alle Informationen über Ihren Mann zukommen lassen«, sagte er.
Frau Rothe zuckte hilflos mit den Schultern. »Aber ich hab Ihnen doch schon alles mitgeteilt, was ich weiß.«
»Hatte er eine Geliebte?«
»Wie kommen Sie denn darauf?«
Erfahrungsgemäß, das erklärte Hauptkommissar Becker ihnen jetzt, liefen fast alle Entführungen auf zwei Motive heraus: Geldgier. Oder Eifersucht. Solange keine Lösegeldforderung eingegangen war, konnte man das erste Motiv ausschließen. Blieb also die Eifersucht.
»Nein«, sagte Frau Rothe. »Er hatte keine Freundin. Ganz bestimmt nicht.«
»Dürfen Sie sein Arbeitszimmer überhaupt durchsuchen?«, wollte Moritz wissen. »Was ist denn, wenn wir Ihnen den Zugang verweigern?«
»Dann gehen wir wieder. Ganz wie Sie wünschen. Wir haben keinen Durchsuchungsbeschluss, es liegt also ganz bei Ihnen, ob Sie uns Einblick gewähren.«
Frau Rothe schüttelte erschrocken den Kopf, dann führte sie die Beamten ins Arbeitszimmer, aber nach einer Stunde kamen sie ohne neue Erkenntnisse wieder heraus.
»Und nun?«, fragte Moritz.
»Wir haben eine Fangschaltung installiert«, erklärte Becker. »Und wir werden alle eingehenden Anrufe aufzeichnen, um gegebenenfalls eine Spracherkennung durchführen zu können. Natürlich nur, wenn Sie damit einverstanden sind.«
»Selbstverständlich«, meinte Frau Rothe.
»Wir würden uns auch gerne in der Praxis Ihres Mannes umsehen«, sagte Becker.
»Ich bringe Sie hin.« Frau Rothe stand auf, um die Schlüssel zu holen.
Ein Polizeibeamter blieb bei Sophia und Moritz. Er erklärte ihnen gerade, wie das Aufnahmegerät funktionierte, als das Telefon klingelte.
Der Polizist hob warnend die Hand. »Einen Moment«, sagte er, obwohl weder Sophia noch Moritz Anstalten gemacht hatten, nach dem Hörer zu greifen.
Der Beamte setzte einen Kopfhörer auf und drückte einen Knopf, dann nickte er Sophia zu.
»Gehen Sie bitte dran.«
Der Anrufer hatte seine Nummer nicht unterdrückt, es war eine Handynummer, Sophia sah sie auf dem Display, bevor sie den Hörer abnahm.
»Hallo?« Sie fragte sich, warum sie Moritz nicht den Vortritt gelassen hatte. Ihr Bruder war doch in solchen Dingen so viel geschickter als sie. Sie hatte das Gefühl, jemanden atmen zu hören, aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein.
»Kann ich bitte mit Herrn Rothe sprechen?«, erkundigte sich eine unbekannte Stimme. Ein Mädchen oder eine junge Frau.
»Und wer sind Sie?«, fragte Sophia. Das Blut rauschte und brauste in ihren Ohren.
»Ich bin Julie«, drang die Stimme der Frau durch den Sturm in ihrem Innern.
Das ist Papas Geliebte, dachte Sophia und atmete schneller, wodurch das Rauschen lauter und das Brausen mächtiger wurde. Becker hatte Recht. Eifersucht und Liebeskummer und gekränkter Stolz waren die stärksten Motive, stärker als Geldgier und Hass.
Der Polizist am Aufnahmegerät vollführte eine drehende
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