Morgengrauen
und nach Hause gehenden Badegäste stand und für Irritationen sorgte. Doch Burgbacher war das egal. Hier hatte sein Handy wenigstens Empfang. Und er musste Hubertus wirklich eine wichtige Neuigkeit mitteilen: »Dein Mörder schwimmt im Aquasol«, verkündete Burgbacher mit fester Stimme.
»Wie bitte?«, rief Hubertus zurück. Fast wäre ihm das Handy aus der Hand gerutscht.
»Heimburger. Der ist doch der Mörder, oder?«, fuhr der Künstler fort. »Ich glaube, ich habe diesen komischen Typen gerade im Schwimmbecken des Aquasol gesehen. Oder seid ihr schon wieder bei einem neuen Fall?«
Hubertus war sich zwar noch nicht so ganz sicher, ob Heimburger nun Täter oder Zeuge war. In jedem Fall war er aber wichtig. »Hast du Kratzspuren an seinem Kopf oder Körper entdecken können?«, fragte Hubertus sicherheitshalber nach.
»Bist du bescheuert? Ich werde mich wohl kaum nackend ins Becken stürzen, ihn packen und nach Kratzspuren absuchen.«
Edelbert sah aus wie ein in die Jahre gekommener griechischer Held bei einer der Freiluftaufführungen seines Zähringertheaters. Sein Bass wurde lauter und für alle im Umkreis von wohl mehreren Hundert Metern gut hörbar.
Hubertus dachte kurz nach: Burgbacher war zwar mitunter etwas überdreht, seine Augen funktionierten aber eigentlich noch ganz gut. »Edelbert, wenn er das Bad verlassen will, versuche ihn bitte irgendwie festzuhalten. Wir kommen sofort!«, rief Hubertus deshalb in die Sprechmuschel. »Ich alarmiere Klaus. Wir sind schon unterwegs.«
»Wie, festhalten? Du spinnst wohl. In Todesgefahr begebe ich mich nur für meine Kunst. Den müsst ihr euch schon selbst holen!«, dröhnte der zurück und drückte auf den roten Knopf seines Handys, um das Gespräch zu beenden. Dann nahm er einen kräftigen Schluck aus seinem Rotweinglas.
»Edelbert, komm sofort wieder rein. Du holst dir ja noch den Tod«, ermahnte ihn eine sanfte Männerstimme, die vom Eingang kam. Dort stand Edelberts Lebensgefährte. Auch er hatte ein Handtuch um die Hüfte gewickelt und zusätzlich eines über die Schulter gelegt. Mit seinem Charakterkopf wirkte er wie Cicero bei einer Rede vor dem römischen Senat.
»Du trinkst ja schon wieder«, musste sich Burgbacher weiter die Leviten lesen lassen, als er barfuß den Eingang ansteuerte.
»Mein Hausarzt hat gesagt, dass Trollinger den Blutdruck senkt und gegen Schlaganfall vorbeugt. Außerdem werde ich mir wohl bei fünfundzwanzig Grad Außentemperatur kaum Erfrierungen holen. Und überhaupt gehen wir jetzt ins Dampfbad. Das ist auch gesund.« Burgbacher stellte das Glas am Tresen ab, ohne die Empfangsdamen eines Blickes zu würdigen, und marschierte Händchen haltend mit seinem Gefährten zurück ins Bad …
»Gib Gas, Klaus! Sonst entwischt er uns schon wieder.« Zum Glück hatte Hummel ihn gleich auf dem Handy erreicht. Er hatte gerade mit Kerstin bei einem romantischen Abendessen mit Kerzenschein gesessen und eine traute Zweisamkeit zur Festigung der Beziehung geplant.
Seine Freundin war »mit der Gesamtsituation unzufrieden« gewesen, wie sie ihm am Nachmittag erklärt hatte. Dass Klaus sie nun aber wieder sitzen und die Pasta con vongole kalt werden ließ, schlug dem Fass den Boden aus.
Irgendetwas musste sich ändern.
»Na, das sind ja mal ganz neue Töne.« Klaus Riesle ließ sich nicht zweimal bitten. Er holte alles aus seinem 120-PS-Kadett heraus, steuerte ihn gerade auf die B 27 in Richtung Tübingen und gab wieder Vollgas.
»Übrigens war ich heute Nachmittag noch bei unserem Kriminaltechniker in Trossingen«, eröffnete Klaus seinem Freund zwischendurch. »Er hat die Fingerabdrücke von Pehar auf dem Faltblatt mit denen unseres Briefes verglichen.«
»Und?«, fragte Hubertus.
»Leider keine Übereinstimmung«, bedauerte Klaus.
»Was nicht anders zu erwarten war. Wie viele verschiedene Fingerabdrücke hat er denn auf Verenas Brief gefunden?«
»Fünf oder sechs. Aber ein Abdruck müsste ja wenigstens mit dem des Mörders übereinstimmen«, war Klaus sich sicher. »Vielleicht war es ja tatsächlich der von Heimburger. Von dem werden wir jetzt die Fingerabdrücke nehmen – und wenn ich ihn aus dem Becken ziehen muss. Übrigens: kein Speichel auf dem Briefumschlag. Der Absender hat Klebstoff benutzt.«
Klaus hatte noch weitere Neuigkeiten: »Kerstin hat gestern erfahren, dass Claudia vor ein paar Monaten im Rottenmünster wegen Depressionen behandelt werden musste. Kerstin war auch ganz überrascht. Sie hat’s von einer
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