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Morgenrötes Krieger

Morgenrötes Krieger

Titel: Morgenrötes Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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gräßliche Dinge tun oder sagen. Du mußt dich verhalten, als wäre ich nicht da. Denk daran, daß es wegen meiner Fruchtbarkeit sowieso dazu gekommen wäre. Du mußt also genau das tun, was ich dir eben sagte. Eine Probe, schon heute nacht: Du mußt mich zurückweisen! Ja! Du wirst es tun! Jetzt gleich!“
    Er fühlte sich benommen und unfähig zu handeln. Wie lange schon hielt sie ihn in diesem Wortnetz gefangen? Er schaute hinauf zu dem kleinen Fensterchen. Dieselben Sterne – er erinnerte sich sehr wohl an sie; nicht mehr oder weniger als vor wenigen Minuten. Aber er rief sich auch ihre Anweisungen ins Gedächtnis zurück. Anfangs war es noch schwer, ihr körperlich zu widerstehen, doch langsam begann er, seine Gefühle und sein Verlangen zu meistern und zu beherrschen. Er stieß sie zurück.
    „Nein!“
    „Aber es ist die letzte Nacht für uns.“
    „Nein, tu, was du nicht lassen kannst. Aber ich will nicht dein Spielzeug sein, während meine eigenen Artgenossen in Sklaverei gehalten werden.“
    Mit einer abweisenden Gebärde zog Liszendir sich zurück; doch im trüben Sternenlicht, das durch das hohe Fensterchen sickerte, konnte er erkennen, wie sie ihm zuzwinkerte. Es durchfuhr ihn schmerzlich. Ihre bloßen Schultern schimmerten im schwachen Silberglanz ferner Welten. Dann stieß sie ihn zur anderen Seite.
    „Na schön. Aber ich werde hier schlafen. Mir ist kalt. Mach Platz!“
    Han rückte und machte ihr Platz, während sie es sich auf ihrer Seite bequem machte. Sie sprachen kein Wort mehr miteinander.
    Han konnte nicht schlafen, obwohl er bemerkte, daß Liszendirs Atmung tief und regelmäßig geworden war. Seit Chalcedon hatte er keine Gelegenheit mehr gehabt, nachzudenken und sich die Zukunft vor Augen zu führen; Handlungen waren erforderlich und wurden vollzogen; Entscheidungen waren zu fallen und wurden verwirklicht – so gut es den Umständen entsprechend überhaupt nur möglich war. Die Art und Weise, in der sie diese letzte Phase ihres gemeinsamen Planes verwirklicht hatten, brachte alles an die Oberfläche und darüber hinaus ihre Beziehung in den Brennpunkt seiner Überlegungen. Schlafen war unmöglich. Sein Hirn arbeitete, erinnerte sich, projektierte, summte und brummte.
    Alles, was sie von Anbeginn ihres Zusammenseins gesagt hatte, kam dem nahe, was er selbst dachte und fühlte, so daß er es auf ihrer gemeinsamen Fahrt akzeptiert und in einen Bezugsrahmen gestellt hatte, der nichts weiter war als seine eigene Vergangenheit. Nun mußte er erkennen, daß ein solches System für die gestellte Aufgabe gänzlich unzulänglich war. Vielleicht hätten einige Korrekturen gereicht, wenn er größere Erfahrung und weniger Gelegenheitsaffären gehabt hätte, bei denen es nur ums Vergnügen und nicht um Verantwortung ging. Aber dem war nicht so. Liszendir war und blieb für ihn eine völlig neue Erfahrung – auch dann noch, wenn sie ein Menschenmädchen und höchst konventionell gewesen wäre. Lange lebte er nun schon in einer fremden Umwelt – fremd, trotz der Tatsache, daß ihm viele der Ler-Ideen vertraut geworden waren – als wären die Umrisse gleich und nur die Farben verschieden. Aber das stimmte nicht ganz. Sie waren beide in eine Situation geraten, in der es ums Überleben ging und wo sie lernen mußten, sich aufeinander verlassen und gegenseitig helfen zu können; sie waren zu Liebenden geworden. Geschah dies aus der Not des Überlebens oder war es mehr? Er wußte keine Lösung für dieses Problem, während er hier in diesem fremden Zimmer lag, auf einer fremden Burg, auf einem fremden Planeten, der Morgenröte hieß.
    Unverändert tief waren seine Gefühle für Liszendir. Aber an diesem Punkt kamen die Ansichten von Mensch und Ler in einen Gegensatz. Sein Innerstes sagte ihm, daß er bei ihr bleiben müsse, was auch geschehen mochte. Semper fidelis! Aber sie – und er wurde sich dessen immer mehr bewußt – war der Überzeugung, daß ihr gemeinsamer Erlebnisschatz eine Ebene darstellte, von der es kein Zurück mehr gab. Die Umstände mochten vielleicht andere Verpflichtungen und sogar endgültige Bindungen bringen, aber diese Dinge konnten nicht jene Einmaligkeit gewinnen, die sie beide inzwischen erreicht hatten. In ihrem Denken war das Notwendige unumgänglich: Man mußte sich verweben. Darin unterschied sich ihre Weltanschauung von derjenigen der Menschen. Sie glaubte, ihre Anschauung auch auf ihn selbst anwenden zu können – und folglich würde sie aufgrund dessen, was sie ihr

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