Morgenroetes Krieger
gefährlich, sehr gefährlich. Zu viele Geschichten, zu tief hineingesehen, und er fängt deinen Geist, dein Herz, du sitzt wie in einer Falle, in den Drä h ten.“
Sie unterbrach sich und schaute in die Runde: ein be s seres Verstehen stand in ihren Gesichtern geschrieben. Auch Han hatte jetzt begriffen. Das war gut – das war es, was sie sich so verzweifelt gewünscht hatte. Sie fuhr fort: „Nun, Han, mein Geliebter, warum funktioniert deiner nicht? Ist er kaputt? Hat er …“ – sie deutete mit ihrem klaren Blick auf Hatha – „ … versucht, ihn zu benutzen?“ Hatha machte eine hilflose Gebärde. Er sah es vor sich, aber es ging weit über sein Begriffsvermögen.
Han entgegnete: „Nein, er funktioniert gut, aber er kann mir nicht sagen, was ich wissen will.“ Wie hätte er ihr klarmachen sollen, daß die Empfangsleistung der D e tektorensysteme nicht ausreichte, um die Emissionsquelle bei den störenden Hintergrundimpulsen und -frequenzen genau lokalisieren zu können? „Ich kann die Messung nicht exakt durchführen. Meine Instrumente reichen d a für nicht aus.“
„Ich werde es gleich feststellen“, sagte sie erfreut da r über, daß sie begriffen hatte, worin das Problem bestand. „Ich bin ein Zlat. Ich kann so etwas. Der deine ist recht merkwürdig – aber ein Geschichtensammler ist ein G e schichtensammler. Ich werde ein paar Bewegungen pr o bieren – du bei deinem und ich bei meinem –, obgleich ich mir wünschen würde, daß es einen Weg gäbe, deinen so zu machen, daß man ihn auch tragen kann. Aber wa r um ist die Geschichte so wichtig? Ich habe zugeschaut. Ich weiß, es ging um … um diese Dinger; wo sie sich versteckt haben. Die Felsenbrocken und die Dinger sind an verschiedenen Plätzen.“
„Kannst du diese Geschichte in deinem Sammler l e sen?“
„O ja, das ist nicht schwer. Warte!“ Sie nahm ihn und schüttelte ihn. Han erbebte innerlich. Er wußte, was sie da tat: sie reinigte ihr Gedächtnis. „Noch eines“, fügte sie hinzu, „zeig mir noch einmal deine Anfänge.“
„Die was?“
„Die Anfänge. Die Dinge, mit denen du begonnen hast. Die hübschen Lichter und Bilder.“
Han fügte sich wortlos und durchlief für sie noch ei n mal die gesamte Meßserie. Das Ergebnis war nicht besser oder schlechter als beim ersten Mal. Usteyin beobachtete die Instrumente voller kindlicher Spannung, während alles andere um sie herum versank. Er trat zurück. Schließlich schaute sie ihn an.
„Ist das alles? Was für eine komische Geschichte. Es ginge auch ohne diesen hier. Nun …“ Sie unterbrach sich, schaute versunken in das glitzernde Flechtwerk und machte ein paar schnelle Korrekturen. Es bewegte sich, ein paar Drähte änderten die Position. Sie probierte noch einmal, und wieder reagierte es. Dann blickte sie in den Bildschirm und dachte nach. Erneut wandte sie sich i h rem Geschichtensammler zu. Schließlich hob sie den Kopf und lachte unbeschwert. „Wie komisch! Du bist schon ein seltsamer Vogel, Han. Du mußt mir all diese Geschichten, die du kennst, beibringen. Sie sind gar nicht so wie die, die ich von den Zlats her kenne. Sie sind kurz und einfach, aber sie haben eine Fülle komischer Sprü n ge und Brüche. Ich verstehe auch nicht alles, was ich da gesehen habe …“
„Erzähl es mir genauso, wie du es siehst!“
„Da sind drei Dinge, die ihr eigenes Licht haben. E i nes davon ist dies hier.“ Sie deutete auf den Stern, der, von den Kompensatoren des Bildschirms ausgefiltert, gut sichtbar war. Offensichtlich erkannte sie in ihm nicht die Sonne von Morgenröte. „Dieses da. Es ist sehr hell. Dann ist da ein anderes. Wir können es jetzt nicht sehen. Es war, wo wir vorher waren, aber es hat sich entfernt – weit weg. Es bewegt sich und hält an. Und dann ist da noch eins. Es ist.“ ah „. was? Warte! Es ist groß und auch wi e der nicht so groß. Ich sehe es in zweifacher Weise. Ve r schwommen. Ich kann hindurchsehen. Es ist gleichzeitig groß und klein.“
„Das ist es, was ich suche. Wo ist es?“
„Zeig mir die Welt. Ich werde dir zeigen, wo es ist.“
Han betätigte einige Knöpfe, um die Daten des Plan e ten Morgenröte abzurufen. Zuerst erschien ein Globus auf dem Bildschirm, dann das Bild einer kartograph i schen Projektion. Es war Morgenröte. Nachdem sie einen kurzen Moment auf die Karte geschaut hatte, deutete sie auf den Südpol und sagte: „Du willst es unter allen U m ständen finden. Geh dorthin!“ Sie lachte plötzlich wie ein
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