Morgenroetes Krieger
Instrumentenanzeigen erfüllten, jetzt aber nichts mehr anzuzeigen hatten. Kein Anzeichen einer Energieversorgung. Ein paar schriftliche Unterl a gen, für beide jedoch unleserlich: eng aneinandergereihte Linien in einer geheimnisvollen und unendlichen Vari a tion ihrer Dicke.
Han sagte mehr zu sich selbst: „Die Krieger besaßen eine altertümliche Radarausrüstung mit mechanisch ste u erbaren Antennen, aber sie hatten kein Radio. Fast so, als wenn wir trotz unseres Sprechvermögens allein mit dem Gehör versuchen wollten, das Geschehen um uns herum wahrzunehmen. So konnte Aving auf jeder beliebigen Wellenlänge mit dem Schiff Kontakt aufnehmen. Ni e mand auf diesem Planeten konnte ihn hören. Die beste Möglichkeit war sicherlich der Sprechverkehr auf einer langen Frequenz. Auf diese Weise konnte er die Antenne in den Boden verlegen und unterhalb der Frequenz der magnetischen Stürme mit seiner Kommandozentrale sprechen.“
Usteyin flüsterte, wobei ihr Atem in der Kälte gefror: „Ich verstehe nicht, was du da sagst. Es hört sich an, als sei dieser Aving ein Zauberer –, was auch für dich gilt. Du bist sogar ein noch größerer Zauberer, denn wäre es nicht so, wie könntest du sonst dies alles hier begreifen? Aber warte! Schau aus dem Fenster!“
Han ging zu dem einzigen Fenster, das der Raum ha t te, und schaute nach draußen. Die Sicht ging nach No r den, und dort am Horizont konnte er die Sonne sehen, umgeben von einem Himmel, der in fahle rosa und gelbe Farbtöne getaucht war, vermischt mit einem starken ins Grüne gehenden Blau. Was seine Aufmerksamkeit j e doch am meisten fesselte, war die aufgeblasene Korona der Sonne.
Usteyin kam zum Fenster und trat neben ihn. Sie ric h tete fasziniert und überwältigt ihren Blick zum Himmel. Ihr göttliches Gesicht funkelte unwirklich im Licht, zwei weiße Dunstfähnchen entströmten ihren herrlichen Nasenflügeln, irisierendes Rot flammte in ihrem Haar.
Sie trat vom Fenster zurück. „Ich habe es schon früher gesehen, viele Male, nie zuvor jedoch war es so strahlend hell und gut sichtbar! Nun aber wollen wir diesen Ort verlassen! Es ist niemand hier!“
Nur widerstrebend löste sich Han von diesem A n blick; er drehte sich um und hob einige Dinge vom B o den auf, die das Aussehen von Büchern hatten – Han d bücher vielleicht. Er wußte nicht genau, zu was sie gut waren, doch wenn sie schon als Einbrecher kamen, so wollte er auch etwas mitgehen lassen. Usteyin ließ alles unberührt, hatte keinerlei Verlangen, irgend etwas mi t zunehmen. Han war sich im klaren darüber, daß sie di e sen Ort nicht mochte und ihn so schnell wie möglich verlassen wollte.
Durch die Leere und Totenstille der Hallen und Korr i dore gingen sie zurück zur Pallenber und sahen nichts, was sie nicht schon auf ihrem Hinweg bemerkt hätten: Leichen, zerfetzte Vorhänge, Waffen, ein wildes Chaos herumliegender Sachen. Den ganzen Weg zurück liefen sie, ohne ein Wort zu sprechen, huschten von Schatten zu Schatten mit dem Gefühl, jeden Moment einen plötzl i chen Schock zu erleben, einen Schrei zu hören, einen mörderischen Stahl zu fühlen. Aber nichts geschah, die Finsternis blieb ohne Leben, es war nichts als der Pul s schlag ihrer eigenen Erregung. Draußen, im Innenhof, stand der große Schatten der Pallenber. Alles schien in bester Ordnung. Die Lichter brannten, die Luke war o f fen. Nichts hatte sich geändert, abgesehen von der Far b tönung des Himmels über ihnen. Han schaute hinüber zu Usteyin. Die Angst in ihrem hübschen, ernsten Gesicht war verschwunden. Was blieb, war ihre wache Wah r nehmung. Er seufzte resigniert und mit einem Anflug von Hilflosigkeit. Aving war ihnen höchstwahrscheinlich entwischt; er konnte überall sein, und es war unmöglich, den ganzen Planeten nach ihm abzusuchen.
Han stieg zuerst die Leiter hinauf, Usteyin wartete u n ten, die Druckpistole schußbereit in der Hand – für alle Fälle. Ihre sprungbereite Haltung war voller Mißtrauen und witternder Vorsicht, obwohl Han nicht sehen konnte, daß irgendein Grund dafür vorlag. Sie schaute sich um, als ob es in ihrer näheren Umgebung etwas gäbe, das i h ren Verdacht erregte – etwas Unsichtbares. Aber es wü r de auch mit ihrer Hilfe Wochen dauern, um es aufzusp ü ren. Han erreichte die Luke und deckte Usteyin. Sie wol l ten schon hineingehen, als sie plötzlich verharrte und tief die eisige Luft in ihre Lungen sog.
„Warte. Nur eine Minute – für mich. Ich will noch e i nen letzten
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