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Morgenroetes Krieger

Morgenroetes Krieger

Titel: Morgenroetes Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Anthony Foster
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jetzige Zeit ist die einzige im Jahr, während der man ihn befahren kann.“
    Die ganze Familie war seiner Meinung, daß man dann neben der Unmöglichkeit, Leilas erreichen zu können, auch noch anderen Gefahren ausgesetzt sei. Der untere Teil der Schlucht, besonders dort, wo sie die Bergkette durchstieß, wurde von Banditen und Gesindel zweife l hafter Herkunft unsicher gemacht. Da sie den Fluß und alle strömenden Gewässer fürchteten, waren sie auf i h rem Floß, solange es flott voranging, außer Gefahr. Brenzlig würde es werden, wenn sie an Land gehen mü ß ten. Solche Fälle sollten angeblich vorgekommen sein. Die Waren wurden gestohlen, die Reisenden selber ve r speist – so jedenfalls lauteten die Berichte.
    Han schaute sich suchend um. Er konnte nicht die Spur einer Behausung entdecken. Pelki meinte vom Heck des Floßes her: „Sie leben weiter oben, oberhalb der Klippen. Sie lassen sich an Seilen herab, wenn ihnen die Späher mitgeteilt haben, daß jemand gestrandet ist.“
    „Na schön, aber warum überfallen sie euch dann nicht auf dem Rückweg? Ist das nicht bedeutend gefährlicher?“
    „Es sind schwer durchschaubare Leute. Sie ve r schwinden, wenn das letzte Boot oder Floß vorbeigefa h ren ist.“
    „Wohin gehen sie?“ fragte Han.
    „Wer weiß das schon. Soweit man sich erinnern kann, wurde nie ein Treck Richtung Heimat belästigt. Vie l leicht haben sie gewisse Tabus. Vielleicht sind es Däm o nen, die die Dunkelheit fürchten.“
    Das Floß streifte den felsigen Untergrund, kam ins Trudeln, verharrte und driftete erneut ins freie Wasser. Pelki verdrehte in einem plötzlichen Anfall von Angst und Schreck die Augen. Sie zeigte nach vorne. Richtig! Dort drüben hing senkrecht an der abfallenden Seite der Schlucht eine Gestalt in einer locker verknoteten Ko n struktion aus Seilen und Schlingen. Han konnte bei di e ser Entfernung nicht erkennen, ob es ein Mensch oder ein Ler war. Er nahm seine Armbrust, spannte sie und wart e te, bis sie näher heran waren. Auf gleicher Höhe zielte er sorgfältig und schoß. Der erste Pfeil traf nicht, und die Gestalt begann, wilde Beschimpfungen auf sie herabz u schleudern, dann gab sie einige Anweisungen nach oben zu irgendwelchen unsichtbaren Genossen hinter den Fe l senklippen. Die Seilkonstruktion senkte sich ruckweise tiefer. Han spannte und schoß erneut. Diesmal traf er die Gestalt in den Rücken; sie ließ los und fiel mit einem verzweifelten Schrei rücklings in den Fluß. Von oben kam als Antwort ein wildes Wutgeheul. Das Echo – zw i schen den glatten Felsen und der Wasseroberfläche hin und her gehend klang unheimlich und schauerlich: Doch keiner ließ sich blicken, auch jener nicht, der getroffen herabgefallen und in den Tiefen des Flusses versunken war.
     
    Die restliche Reise verlief ohne Zwischenfälle. Wenn sie nicht gerade ruderten oder steuerten, verbrachten Han und Liszendir die Tage damit, gegen die Ballen gelehnt zu plaudern oder die Landschaft zu beobachten. Schlie ß lich verbreiterte sich die enge Schlucht und mündete in ein stilleres und ruhigeres Gewässer. Noch immer befa n den sie sich in einem tiefen Canon, aber aus dem Helli g keitsgrad des Himmels ließ sich entnehmen, daß sie auf dem See kurz vor Leilas waren. Sie befanden sich jetzt auf der Westseite des Gebirgszuges. Der See war seicht und trübe, der Grund nur erahnbar und voller Schlick und Schlamm. Sie stakten und ruderten westwärts, hinein in ein scheinbar grenzenloses Nichts.
    Nach viertägiger Fahrt auf dem See, währenddessen die Luft leichter und merkbar kühler wurde, sichteten sie rechterhand zu ihrer Fahrtrichtung einige Landungsstege, hinter denen sich ein Steilufer erhob, das eingehüllt war in einen rosafarbigen Dunstschleier. Han fragte Narman, ob das schon Leilas sei.
    „Nein, Leilas ist oberhalb des Ufers; von hier aus kann man es nicht sehen. Der Dunst kommt aus den Häusern und Handwerksbetrieben. Was du hier unten auf dem Wasser siehst, sind nur die Anlegestellen. Wir werden all unsere Sachen hier draußen auf dem Wasser verkaufen. Die Hafengebühr ist zu teuer! Sie sollen ruhig alles den Abhang hinaufschleppen. Wegen der Flut konnten sie nicht bis ans Ufer bauen; ich meine jene, die mit der So n ne kommt, wenn sie die Hölle des Südens besucht hat.“
    Sie dirigierten das Floß mit aller Kraft auf die schwimmenden Anlegestellen zu. Han beobachtete Li s zendir bei ihrer Arbeit an der Ruderstange; dann blickte er hinüber zu den beiden Schwestern.

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