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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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den Umgang mit abstrusen Situationen anbelangte.
    Ein Stein, der irgendwo hinter ihr auf den Boden schlug, unterbrach den Gedankengang. Lea zuckte zusammen und richtete ängstlich den Blick auf die Höhlendecke in der Erwartung, auch dort Risse zu sehen. Doch die Decke schien unversehrt.Trotzdem schlug ein weiterer Stein mit einem Knall auf.
    »Dummes Lämmchen!«, hörte sie den Kollektor rufen, die Stimme voller Ungeduld und Belustigung. »Das ist doch die falsche Ecke. Dort hinüber soll sie gehen, dorthin, wo es so angenehm dämmerig ist, und zwar hurtig! Ihm fällt das lange Sitzen trotz des Kissens heute unangenehm schwer, also gilt es keine Zeit zu verlieren.Versteht sie das?«
    Und schon schlug ein weiterer Stein zu Boden. Wie ein Querschläger sprang der Kiesel hoch und traf Lea am Schlüsselbein. Der Schmerz war lediglich ein Ziepen, aber Maibergs hocherfreutes Grinsen angesichts dieses Treffers setzte ihr zu. Diese Ratte presste sich an den Regiestuhl des Kollektors, warf einen weiteren Stein lässig in die Luft und fing ihn wieder auf. Eine herausfordernde Geste. Eine Frechheit! Sie ging in die Hocke und suchte den Boden nach geeigneter Munition ab, während der Kollektor unbeirrt vor sich hin schimpfte.
    Gerade als Lea sich aufrichten wollte, glaubte sie, einen Schatten hinter einem Felsen zu erkennen. Schlagartig war alle Angriffslust getilgt.
    Warum gehst du nicht einfach zu ihm?, fragte eine ausgesprochen naiv klingende Stimme.
    Großartige Idee, hielt eine andere entgegen. Als ob ich mit Sicherheit sagen könnte, wer dort hinter den Felsen seine Runden zieht.
    Adams Bedarf, die Gelüste des Kollektors zu bedienen, ist sicherlich gedeckt. Deshalb hat er sich verkrochen. Vielleicht macht ihm auch noch das Betäubungsmittel zu schaffen, das Adalbert ihm unter die Haut gejagt hat.
    Was hat Adalbert denn getroffen, seine Zunge vielleicht? Oder warum kann er mich dann nicht einfach zu sich rufen?
    Er ist sicherlich verletzt, weil du vorhin Hals über Kopf geflohen bist. Du solltest auf ihn zugehen!
    Lea stöhnte. Es war vergebliche Liebesmüh, sie konnte sich weder gegen ihr schlechtes Gewissen noch gegen ihre Sehnsucht stemmen. Wider alle Vernunft fühlte sie sich von der Dunkelheit auf der anderen Seite der Höhle magisch angezogen. Wahrscheinlich gab es in jeder Herde ein Lamm, das dumm genug war, dem Wolf von selbst ins Maul zu springen und sich dabei auch noch zu entschuldigen, das es so lange gebraucht hatte.
    Mit zittrigen Beinen ging Lea zu den Resten des Bündels zurück, die auf dem Boden verstreut lagen, und breitete die Isomatte aus. Dem Vorsprung, der zu einem Logenplatz für ein sensationsgeiles Publikum geworden war, drehte sie den Rücken zu. Die Arme fest um die Beine geschlungen, versenkte sie das Gesicht in der Armbeuge.
    Ein Herzschlag.
    Aus weiter Ferne hallend.
    Ein tiefes Rot.
    Instinktiv legte Adain den Kopf in den Nacken, während sich die kühle Luft wie ein Tuch über sein Gesicht legte, ihm ein Geheimnis zuspielte.
    Der Duft von Karamell und Orangenschale ...
    Der Dämon lächelte.
    Lea lag zusammengerollt auf der Seite und lauschte ihrem eigenen Herzschlag. Stetig und tröstend.
    Eine Zeit lang hatte es auf dem Vorsprung eine rege Diskussion gegeben. Schließlich war man aber übereingekommen, dass das große Finale wahrscheinlich noch auf sich warten ließ. Unterstützt wurde diese Entscheidung durch einen Kabelbrand, der die Scheinwerfer außer Gefecht gesetzt hatte. Der dabei entstandene Funkenflug hatte einige Haarsträhnen des Kollektors in Glut aufgehen lassen, so dass seine Geduld ein von Schimpftiraden begleitetes Ende fand.
    Nachdem Randolf einen mobilen Scheinwerfer angeschleppt und mithilfe eines kleinen Generators zum Laufen gebracht hatte, war Maiberg mit der Aufgabe betreut worden, die Szenerie im Auge zu behalten und bei Bewegung sofort Nachricht zu geben. Seitdem waren die Stunden ereignislos verstrichen.
    Lea war sich nicht mehr sicher, ob sie zwischendurch einmal eingeschlafen war. Zumindest gaukelte ihr Körper ihr vor, dass das verinnerlichte Alarmsystem funktionierte und sie auf die kleinste Veränderung in der Umgebung aufmerksam machen würde. Warum also nicht ein wenig schlafen?
    Als sie eine sanfte Berührung an ihrem Scheitel spürte, schlug sie sofort die Augen auf. Sie hob den Kopf so weit an, dass sie über die Armbeuge blicken konnte. Doch da waren nur schwach beleuchtete Felsen und Wasserlachen, die sich zunehmend ausdehnten. Trotzdem glaubte sie,

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