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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Menschen wiederzuentdecken.«
    »Das kann man in solch einer perfekt hergerichteten Kammer schon mal vergessen«, erwiderte Lea trocken, aber Adalbert steckte die Anspielung mühelos weg und präsentierte stattdessen sein selbstzufriedenes Lächeln.
    »Ich schulde Ihnen etwas, meine Liebe«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf sie. Dann setzte er sich wieder in Bewegung, die Schulternstraff, der Gang strotzend vor Überheblichkeit. Wenn er jetzt beschwingt zu pfeifen anfängt, falle ich ihn von hinten an, schwor sich Lea.
    Sie passierten ein knappes Dutzend weiterer Metalltüren und einige dunkle Schächte, hinter denen Lea ähnliche Höhlen vermutete wie die, in der Adam auf ihre Rückkehr wartete. Immer wieder durchbrach ein besonders lautes Gebrüll oder sinnliches Flüstern das allgemeine Stimmengewirr und verriet, dass der jeweilige Kerker bewohnt war. Zwar spürte sie noch das Zerren des Dämons, doch seine Intensität ließ allmählich nach. Zu oft hatte dieses Rufen sie innerhalb der letzten Stunden gestreift, so dass die Ekstase einen faden Beigeschmack angenommen hatte.
    »Wenn der Dämon sie heimsucht und sie vollkommen außer Rand und Band sind, ist das die reinste Musik in meinen Ohren«, erklärte Adalbert ungefragt. »Diese arrogante Brut bildet sich so viel darauf ein, das AUerheiligste zu beherbergen, aber dient sie ihm auch?« Ein verächtliches Zischen fand den Weg über seine Fischlippen. »Aber hier unten werden sie zum vollkommenen Tempel des Dämons. Und wenn dann mal der Duft von Menschenblut den Weg in ihre Nasen findet, braucht es nur einen Atemzug und der Dämon bricht hervor. Schöner und prächtiger als jede verdammte Oper!«
    Lea warf ihm einen Blick aus den Augenwinkeln zu und wunderte sich nicht im Geringsten, einen Anflug von Wahnsinn in seinen Zügen zuerkennen. Zu allem Überfluss rieb er sich erneut die schwitzigen Hände.
    »Lust, noch das ein oder andere Objekt zu begutachten, ehe es zurück in die Höhle des Löwen geht?«, fragte er beflissen. »Wir hätten da eine ganz außergewöhnliche Fischfrau in einem Wassertank zu bieten. Oder vielleicht doch lieber den Extrem-Fakir, der sich unentwegt die Haut vom Leib schneidet? Wir haben natürlich auch so etwas Profanes wie ein wandelndes Lexikon im Angebot. Vielleicht nicht ganz uninteressant für Sie als Freundin des Buches? Wie gesagt, nach einer Zeit hier unten erblühen sie alle in ihrer einzigartigen Schönheit.«
    »Kann mich gar nicht entsinnen, dass der Hinweg auch so lange gedauert hat«, murmelte Lea, als Adalbert sich gerade Luft in die Lungen pumpte.
    »Sie können es anscheinend nicht erwarten, vonAdam vernascht zu werden«, erwiderte er scheinbar amüsiert, aber sein verkniffenes Gesicht verriet, wie wenig er ihre ungebührliche Art schätzte.
    Eigentlich war es naiv von ihr, Adalberts Redefluss zu unterbrechen. In Anbetracht des wilden Aufruhrs, der in den Kerkern herrschte, wurde ihrschmerzlich bewusst, was sie nach ihrer Rückkehr in die Höhle erwarten würde: Über kurz oder lang würde Adam in diesem artgerechten Gehege seine Menschlichkeit verlieren und damit dem Dämon gestatteten, jederzeit seinen Thron zu besteigen.
    Bei diesem Gedanken umklammerte Lea Randolfs mächtigen Arm. Adalbert schnaufte gereizt und zog ihr den Sack über den Kopf, doch sobald sie die Gänge aus Beton mit ihren summenden Leuchtstoffröhren hinter sich gelassen hatten, nahm er ihn wieder ab. Sie durchschritten einen Stollen im nackten Felsen. Der Lichtkegel der Taschenlampe, mit der Adalbert den Weg beleuchtete, zuckte unruhig auf und ab. Hinter einer Biegung kam schließlich der Vorsprung mit dem Regiestuhl zum Vorschein. Lea bohrte vor lauter Furcht ihre Nägel in Randolfs Fleisch, was der Riese kommentarlos geschehen ließ.
    Auf dem Regiestuhl hatte der Kollektor bereits Platz genommen, die mit Samtschlappen versehenen Füße auf einem Schemel abgelegt und ein Opernglas in der behandschuhten Hand haltend.
    »Wird aber auch Zeit!«, sagte er schnippisch und dekorierte eine Haarsträhne über dem toten Auge, allerdings ohne den gewünschten Erfolgzu erzielen. »Unser Objekt hat sich in den felsigen Dschungel zurückgezogen. Dieses alternative Gehege ist ein einziges Ärgernis: Die Scheinwerfer sind einfach nicht in der Lage, das Gelände hinter den Felsen auszuleuchten!«
    »Vielleicht kommt der Kerl ja hervorgekrochen, wenn der hintere Teil der Höhle endgültig in sich zusammenbricht«, sagte Randolf gleichgültig.Wie ein

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